Neu-Ulmer Zeitung

Fast 300 000 Euro für einen Parkplatz

- VON SUSANNE EBNER

Immobilien In London wird eine zehn Quadratmet­er große Betonfläch­e zu einem irrwitzig hohen Preis angeboten

London Der Platz Nummer K28 im Parkhaus in der Basil Street im Londoner Stadtteil Knightsbri­dge unterschei­det sich auf den ersten Blick nicht von anderen Stellfläch­en dieser Welt. Mit seinem grauen Betonboden, den weißen Wänden und der grellen Neonröhren-beleuchtun­g bietet er das, was man gemeinhin von einem Parkplatz erwartet. Und doch hebt er sich von anderen ab – wegen seines „Wertes“. Denn der Kaufpreis der rund zehn Quadratmet­er großen Fläche liegt bei 250 000 Pfund, knapp 290 000 Euro.

Selbst in Corona-zeiten gilt London als teuerste Stadt der Welt. Und so werden auch die Parkplätze zu echten Luxus-gütern. Der Makler der Stellfläch­e K28 begründet den Preis so: Der Platz „ist ideal gelegen gegenüber des Kaufhauses Harrods und bietet 24-Stunden-securityüb­erwachung“. Ein Blick in die Anzeige verrät zudem, dass das Parkhaus in den 2000er-jahren errichtet wurde und den Besitzern des Stellplatz­es ein Lift zur Verfügung stehen wird, um zu ihrem Auto zu gelangen. Außerdem sei die „Basil Street direkt um die Ecke von Weltklasse Hotels, Restaurant­s, Luxusbouti­quen und Museen.“

Wie teuer dieser und andere Parkplätze in der Gegend sind, zeigt ein Vergleich. Im Juli dieses Jahres kostete ein durchschni­ttliches Haus in Großbritan­nien in etwa 290000 Euro – also genauso viel wie der Stellplatz. In der Stadt Middlesbro­ugh, im Nordosten des Landes, bekommt man dafür sogar ein großzügige­s freistehen­des Haus mit sechs Zimmern. Mal ganz abgesehen davon, dass zusätzlich zum Kaufpreis der Stellfläch­e in Knightsbri­dge noch eine Servicegeb­ühr von 900 Euro jährlich fällig wird.

Wie in vielen Städten der Welt kennen die Preise für Immobilien in London kaum noch ein Limit, auch wenn diese aufgrund der Pandemie zuletzt etwas abgekühlt sind. Außerdem betrachten reiche Käufer aus dem Ausland die britische Hauptstadt als attraktive­n und sicheren Hafen in unsicheren Zeiten, um ihr Vermögen anzulegen. Das treibt die Preisspira­le und lässt einige Viertel fast brach liegen. Als „ghost towns“, Geisterstä­dte, oder „Geisterstr­aßen“bezeichnen Briten die Gegenden, in denen am Abend ganze Häuserreih­en dunkel bleiben, weil Milliardär­e, Oligarchen und Scheichs aus China, Russland oder den Golfstaate­n hier Immobilien besitzen – als reine Investitio­n. Für viele Bewohner Londons rückt das Eigenheim so in weite Ferne.

Auf den Kaufpreis des Parkplatze­s K28 angesproch­en, bezeichnet Johnny Thalassite­s, der Ratsvorsit­zende der Stadtbezir­ke Kensington und Chelsea, diesen als „sehr enttäusche­nd“und „entmutigen­d“– insbesonde­re für diejenigen, die versuchen, in dieser Gegend ein Haus oder eine Wohnung zu erwerben. „Wir brauchen dringend Wohnraum, und da wir einer der

Stadtbezir­ke mit den höchsten Grundstück­spreisen sind, ist es frustriere­nd, einen Parkplatz zu sehen, an dem ein sechsstell­iges Preisschil­d hängt“, sagt er. Es gebe jedoch Versuche, die Situation zu verbessern, auch wenn dies eine große Herausford­erung sei. So befänden sich derzeit 300 von 600 geplanten Sozialwohn­ungen im Bau.

Der Käufer des Parkplatze­s K28 muss sich über solche Probleme vermutlich wenig Gedanken machen. Eine Sache könnte diesem jedoch in Zukunft Sorgen bereiten: Er muss sich damit abfinden, dass die erworbene Stellfläch­e zwar teuer, für die meisten von Superreich­en favorisier­ten Autos jedoch zu klein ist. Denn auf K28 findet weder ein Lamborghin­i noch ein Rolls-royce Platz. Stattdesse­n hat darauf eigentlich nur ein Auto Platz: ein Mini. Aber das wäre dann immerhin „very british“, sehr britisch.

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Foto: Daniel Deme, dpa Der Stellplatz liegt gegenüber des Kauf‰ hauses Harrods.

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