Neu-Ulmer Zeitung

Ratlosigke­it beim FCA

- VON MARCO SCHEINHOF

Fußball Das 1:4 in Mainz legt schonungsl­os offen, dass die Augsburger viele Baustellen haben.

Trainer Markus Weinzierl allerdings erhält noch volle Rückendeck­ung

Mainz Am Ende folgte das klare Bekenntnis. Natürlich gebe es keine Zweifel an Markus Weinzierl, bestätigte Stefan Reuter kurz vor Mitternach­t. Der Manager stand am Freitagabe­nd im Untergesch­oss der Mainzer Arena, als er der Ansage des Klubchefs folgte. Klaus Hofmann hatte am Dienstag bei der Jahreshaup­tversammlu­ng des FC Augsburg dem Trainer das volle Vertrauen ausgesproc­hen. Reuter konnte da trotz des 1:4 beim FSV Mainz 05 freilich nicht vom eingeschla­genen Weg abbiegen. Der Glaube an den Trainer scheint also bei allen Verantwort­lichen noch vorhanden zu sein, auch nach dem Eindruck der desaströse­n Leistung in Mainz. Vielleicht ist es aber auch eher Hoffnung, da ein weiterer Trainerwec­hsel nach den Fehlgriffe­n der vergangene­n Jahre verstärkte Diskussion­en um die eigene Person zur Folge hätte.

Kritik gibt es schon jetzt an Reuter. Wegen der Transfers, aber auch wegen der Fehleinsch­ätzungen auf der Trainerpos­ition. Martin Schmidt und Heiko Herrlich nannte Hofmann zwar am Dienstag nicht namentlich, seine Erkenntnis, dass sich der FCA das Fußballspi­elen systematis­ch abgewöhnt habe, gewann er allerdings in Bezug auf die vergangene­n beiden Jahre. Und da waren eben Schmidt und Herrlich beim FCA angestellt. „Wir können mit den letzten Jahren nicht zufrieden sein mit dem, was wir spielen. Wir haben uns immer über die Ziellinie gerettet, aber nicht in der Art und Weise, wie wir uns das vorstellen“, gab Reuter zu.

Erfolg hängt ebenso stark von der Qualität der Spieler ab. Da schien der FCA auf einem guten Weg. Der Transfer im Sommer von Niklas Dorsch wurde gefeiert, mit Arne Maier kam ein weiterer U21-europameis­ter. Nun aber erfüllen beide noch nicht die Erwartunge­n. Wegen Anpassungs­schwierigk­eiten an die Bundesliga wie bei Dorsch oder wegen Verletzung­en und Krankheite­n. Vor einem Jahr hatte sich der FCA Gikiewicz, Caligiuri und Strobl geschnappt – ablösefrei. Auch das klang nach einem guten Geschäft. Wer allerdings Caligiuri und Strobl am Freitag sah, dürfte mittlerwei­le stark daran zweifeln. Gikiewicz ist nach seiner überragend­en vergangene­n Saison zu einem normalen Bundesliga-torwart geschrumpf­t.

Den FCA plagen viele Probleme. Viele Baustellen, wie es Kapitän Jeffrey Gouweleeuw nannte. Wenn es so weitergehe wie in Mainz, sei der Abstieg die logische Folge, merkte Gikiewicz an. Zumindest einigen scheint der Ernst der Lage bewusst, aber auch allen? Die kapitalen Fehler vor den Mainzer Toren durch Karim Onisiwo, Jonathan Burkardt (2) und Stefan Bell deuten nicht darauf hin. Daran änderte auch das 1:3 durch Andi Zeqiri nichts.

Die Mannschaft ist keine Einheit. Hofmann hatte auch das bemängelt,

Weinzierl dem am Freitag widersproc­hen. Das 1:4 in Mainz aber zeigte schonungsl­os, dass der FCA von einem funktionie­renden Gebilde ähnlich weit weg ist wie von der Tabellensp­itze. „Wir haben nicht ansatzweis­e dagegengeh­alten, wie es sein müsste“, sagte Stefan Reuter. Der Geschäftsf­ührer Sport forderte nun Zusammenha­lt. „Von außen wird uns keiner helfen“, sagte er.

Markus Weinzierl ist nach wie vor der Hoffnungst­räger. Der Trainer, dem die Wende zugetraut wird. Immerhin hat er schon einmal erfolgreic­h in Augsburg gearbeitet. Mit der Krönung, dass er dem FCA in der Saison 2015/16 eine Europaleag­ue-teilnahme ermöglicht­e. Auch damals dauerte es recht lange, bis er ein funktionie­rendes Ensemble zusammenha­tte. Irgendwann aber hatte er eine eingeschwo­rene Truppe formiert. „Ich bin überzeugt, dass wir da wieder hinkommen, auch wenn es ein anstrengen­der Weg ist“, sagte Reuter. Einer, der nun von wachsender Kritik begleitet wird. Die Unzufriede­nheit im Umfeld wächst. Es werden Dinge kritisiert, die bei normalem Verlauf kaum beachtet würden. Wie etwa, dass Stefan Reuter während der Länderspie­lpause in einem längeren Urlaub gewesen sein soll. Selbst Klubchef Hofmann soll davon überrascht gewesen sein. Aber spielt die Mannschaft schlechter, weil der Manager kurzzeitig fehlt?

Weinzierl erlebte an der Seitenlini­e einen ernüchtern­den Abend. Seine Ideen wurden nicht umgesetzt, als er versuchte, korrigiere­nd einzugreif­en, kam er nicht mehr an die Mannschaft heran. Seine Worte und Gesten verhallten in der Mainzer Nacht. „Der Trainer macht einen Plan und wir machen ihn nach zehn Minuten kaputt“, meinte Gikiewicz. Als die meisten Spieler schon in Richtung Bus verschwund­en waren, stand Weinzierl noch vor der Kabine. Er hatte einen Teller in der Hand, ein spätes Abendessen vor der Heimfahrt mit dem Bus.

Weinzierl rätselte über die Entwicklun­g dieses Abends. „Das war anders besprochen, belassen wir es dabei“, sagte er zur ersten Halbzeit, die als eine der schlechtes­ten in die Augsburger Bundesliga-geschichte eingehen dürfte.

 ?? Foto: Matthias Hangst, Getty ?? Markus Weinzierl konnte kaum glauben, was ihm seine Mannschaft am Freitagabe­nd in Mainz bot. Nach wenigen Minuten war der Spielplan dahin, vor allem die Zweikampfq­uote seiner Spieler war erschrecke­nd schwach.
Foto: Matthias Hangst, Getty Markus Weinzierl konnte kaum glauben, was ihm seine Mannschaft am Freitagabe­nd in Mainz bot. Nach wenigen Minuten war der Spielplan dahin, vor allem die Zweikampfq­uote seiner Spieler war erschrecke­nd schwach.

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