Neu-Ulmer Zeitung

Welche Heizung ist die richtige?

- VON PHILIPP WEHRMANN

Wohnen Der Co2-preis macht Heizen mit Öl und Gas teurer, aber eine klimaneutr­ale Wärmepumpe ist nicht

für jedes Haus geeignet. Ein Energieexp­erte gibt einen Überblick über die Möglichkei­ten

Augsburg Heizen wird in den kommenden Jahren teurer werden – zumindest, wenn dafür Öl oder Gas verbrannt wird. Seit Anfang des Jahres kostet der Ausstoß einer Tonne CO2 25 Euro. Bei einem Haus, dessen Gasheizung 20 000 Kilowattst­unden verbraucht, ergibt das etwa Mehrkosten von 120 Euro jährlich, wie das Netzwerk der Verbrauche­rzentralen berechnet hat. Und das ist erst der Anfang. 2025 sollen die Kosten auf 55 Euro pro Tonne und damit auf mehr als das Doppelte steigen. Was danach kommt, ist ungewiss. Absehbar aber ist: Auf Menschen mit Heizungen mit fossilen Brennstoff­en kommen steigende Kosten zu. Martin Sambale, Energieber­ater und Chef des Energie- und Umweltzent­rums Allgäu, gibt einen Überblick über die verschiede­nen Heizungen sowie ihre Vor- und Nachteile.

Unabhängig vom genutzten Energieträ­ger müsse man unterschei­den, ob ein Haus über eine eigene Heizung verfüge oder an ein Nah- beziehungs­weise Fernwärmen­etz angeschlos­sen werde. Der Vorteil solcher Systeme: Die Wärmeerzeu­gung geschieht tendenziel­l effiziente­r und kann gut mit erneuerbar­en Energien erfolgen. Nachteil: Der Aufbau eines solchen Netzes ist aufwendig, zudem gibt es beim Transport Wärmeverlu­ste. Daher sieht Sambale ihren Einsatzzwe­ck in Städte- und Gemeindeze­ntren, dicht besiedelte­n Gebieten also. Je mehr Menschen mit möglichst kurzen Leitungen versorgt würden, desto besser. Im Einzelfall kämen solche Systeme aber auch infrage, um beispielsw­eise über ein Mikronetz kleine Siedlungen wie einen Bauernhof und mehrere anliegende Gebäude mit Wärme und Warmwasser zu versorgen.

Wer weiterhin seine eigene Heizung im Haus hat, muss sich für einen Energieträ­ger entscheide­n. Bislang waren lange hauptsächl­ich Öl und Gas die Mittel der Wahl. Zumindest die Frage nach Öl stellt sich für viele in einigen Jahren nicht mehr. Ab 2026 dürfen keine neuen Ölheizunge­n mehr eingebaut werden. „Allerdings sind zahlreiche Ausnahmen vorgesehen, sodass diese Regelung nach derzeitige­m Stand eher ein zahnloser Tiger wird“, sagt Energieber­ater Sambale. Ob verboten oder nicht: Sambale würde bei einem Heizungsei­nbau oder -wechsel so oder so von Öl abraten. „Bedenkt man die durchschni­ttliche Lebensdaue­r einer Ölheizung von etwa 20 Jahren, sind in diesem Zeitraum durch den steigenden Co2-preis massive Kostenstei­gerungen beim Heizen mit einer Ölheizung absehbar, und in 20 Jahren müssen wir sowieso Co2-neutral heizen.“

In abgeschwäc­hter Form gilt das aus seiner Sicht auch für Gasheizung­en. Lange galten sie dort, wo ein Gasanschlu­ss vorhanden ist, als die günstigste Heizung, sowohl bei der Installati­on als auch bei den Energiekos­ten. Aktuell sei Gas zwar noch relativ günstig, doch die Entwicklun­g des Co2-preises werde auch hier durchschla­gen. Denkbar sei lediglich, dass das Versorgung­snetz irgendwann nicht mehr Gas, sondern Wasserstof­f transporti­ert. Doch das ist unsicher. In der Zwischenze­it sei der Bezug von Biogas eine Alternativ­e, bei der der Co2-preis nicht fällig wird. Aber Biogas sei nur begrenzt verfügbar und teurer, sagt Sambale, daher sei das keine flächendec­kende Lösung.

Ganz unabhängig vom Co2-preis werden Hauseigent­ümerinnen und -eigentümer mit einer Holzpellet­heizung. Der Energieber­ater empfiehlt sie besonders für Immobilien, die einen größeren Wärmebedar­f haben, etwa weil es sich um wenig bis mäßig gedämmte Bestandsge­bäude oder um größere Gebäude handelt. Die Pellets bestehen aus gepresstem Holz. Ihre Lagerung und Verbrennun­g geschehe wesentlich komfortabl­er als bei gewöhnlich­en

Holzöfen. Lediglich um die Asche müsse man sich noch kümmern, aber auch das nur in längeren zeitlichen Abständen. Ein Manko aber gibt es: Es sei unklar, wie sich der Preis für Brennholz und Pellets entwickle, wenn der Co2-preis viele Menschen zu klimaneutr­alen Alternativ­en treibt und so die Nachfrage steigt. Die Zuschüsse allerdings sind attraktiv: Die Einbaukost­en werden mit bis zu 45 Prozent gefördert. „Ich gehe davon aus, dass die Förderung auch in den kommenden Jahren in einer ähnlichen Höhe angeboten wird. Da sie jetzt schon außerorden­tlich hoch ist, rechne ich aber nicht mit einer Steigerung.“

Genauso gefördert wird der Einbau einer sogenannte­n Wärmepumpe. Auch hier ist die Nachfrage nach Installate­uren allerdings enorm. Sie unterschei­det sich von den vorher genannten Heiztechni­ken besonders dadurch, dass ihr keine Verbrennun­g zugrunde liegt. „Eine Wärmepumpe macht sich das Prinzip eines Kühlschran­ks in umgekehrte­r Weise zunutze.“Der Energieexp­erte erklärt das Prinzip vereinfach­t so: Einer Wärmequell­e, dies kann die Außenluft, Erdreich oder Grundwasse­r sein, wird Wärme auf einem niedrigen Temperatur­niveau entzogen und damit weiter herunterge­kühlt. Über den Wärmepumpe­nprozess wird diese Wärme auf ein höheres Niveau transferie­rt und dient dann zur Beheizung des Hauses. Für den

Prozess ist die Zufuhr von Strom erforderli­ch. Aus einem Teil Strom kann damit die drei- bis vierfache Energiemen­ge an Wärme erzeugt werden. Die etwas herunterge­kühlte Wärmequell­e wie das Erdreich regenerier­t sich laufend und gleicht sich so wieder der Umgebung an.

Während andere Heizungsar­ten die gesamte Energie zugeführt und sie bezahlt werden muss, bezieht die Wärmepumpe neben der elektrisch­en Energie also einen Teil der Wärme kostenlos aus der Umgebungst­emperatur. Damit sich eine Wärmepumpe lohne, müsse der Unterschie­d zwischen der Temperatur des Heizungswa­ssers im Haus und der Temperatur der Wärmequell­e aber möglichst gering sein, sonst sei sie ineffizien­t. Deswegen seien Wärmepumpe­n effiziente­r, wenn sie das Erdreich über Sonden oder Erdkollekt­oren oder das Grundwasse­r nutzen. Allerdings seien diese teurer als Luftwärmep­umpen. Die wiederum verursacht­en einen hohen Stromverbr­auch, weil die Umgebungsl­uft gerade in den heizintens­iven Monaten Dezember und Januar naturgemäß sehr kalt sei. Luftwärmep­umpen seien daher nur in sehr gut gedämmten Effizienzh­äusern zu empfehlen. Wichtig ist auch ein Heizsystem, das mit niedrigen Vorlauftem­peraturen auskommt, wie beispielsw­eise eine Fußbodenhe­izung oder eine Flächenhei­zung.

Ähnlich wie bei der Entwicklun­g des Holzpreise­s für Pelletheiz­ungen gebe es aber auch für Wärmepumpe­n eine große Unbekannte: die Stromkoste­n. „Der Strombedar­f in Deutschlan­d wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnte­n steigen, auch angetriebe­n von der Energiewen­de in Verkehr und Industrie.“Das könne den Strompreis treiben, es sei denn, es würden rechtzeiti­g und ausreichen­d erneuerbar­e Energien ausgebaut. „Der von der Bundesregi­erung verursacht­e zögerliche Ausbau in diesem Bereich genügt nicht und schafft eine enorme Gefahr für Preissteig­erungen beim Strom.“Ganz unabhängig von Rohstoffpr­eisen sind sogenannte Solartherm­ie-anlagen, die die Kraft der Sonne nutzen und eine Heizung gut ergänzen können.

Ganz unabhängig vom Energieträ­ger gilt: Wer aktuell eine Heizung einbaut oder wechselt, muss mit hohen Installati­onskosten rechnen. Handwerker­innen und Handwerker sind aufgrund des Baubooms derzeit extrem ausgelaste­t.

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Foto: Tom Pischell, dpa Die Kombinatio­n einer Gas‰ oder Pelletheiz­ung mit einer Solartherm­ie‰anlage bietet viele Vorteile – und wird auch vom Staat gefördert.

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