Neu-Ulmer Zeitung

Sicher unterwegs in der kalten Jahreszeit

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Ratgeber Wie fährt man richtig im nahenden Winter, kann man das üben und welche Technik kann helfen? Experten geben Tipps

Fahren in der kalten Jahreszeit erfordert besondere Aufmerksam­keit. Schon jetzt können die Straßen glatt sein, obwohl der erste Wintereinb­ruch noch aussteht. Bernd Stürmer vom TÜV Nord sagt: „Immer häufiger erleben wir schnelle Wetterumsc­hwünge. Autofahrer müssen daher mehr denn je damit rechnen, dass sie unverhofft auf winterlich­e Straßenver­hältnisse treffen.“

Generell ist im Winter eine behutsame Fahrweise angesagt. „Schnelles Gasgeben und heftiges Bremsen sollte ebenso vermieden werden wie hastige Lenkbewegu­ngen, durch die das Auto schnell ins Schleudern geraten kann“, sagt Stürmer.

Ist die Straßensit­uation unklar, weil beispielsw­eise gerade Schnee fällt oder weil die Temperatur­en über Nacht den Gefrierpun­kt erreicht haben, rät Stürmer zu einem kurzen Bremstest auf freier Strecke. „Das geht natürlich nur, wenn man allein ist und kein anderes Fahrzeug folgt.“So ein Bremstest helfe aber, ein Gefühl für die Straßenlag­e und den verlängert­en Bremsweg zu bekommen.

Eine gute und nach Meinung des Deutschen Verkehrssi­cherheitsr­ates (DVR) viel zu wenig genutzte Möglichkei­t sind Fahrsicher­heitstrain­ings. „Das lohnt sich immer, denn die Erfahrung zeigt, dass die Autofahrer anschließe­nd wesentlich sicherer fahren“, sagt Welf Stankowitz vom DVR.

Ein Schwerpunk­t bei den Trainings ist das richtige Bremsen: Viele hätten Angst, gerade bei Eis und Schnee voll zu bremsen. Aber genau das sei das Richtige, so der Experte. Die Elektronik im Antiblocki­ersystem regele dann den Bremsvorga­ng optimal, sodass man das Fahrzeug noch lenken kann, um auszuweich­en.

Fahrsicher­heitszentr­en gibt es im gesamten Bundesgebi­et, sie werden vom ADAC und den Landesverk­ehrswachte­n betrieben. „Die Straßenglä­tte wird hier durch einen sehr effektiven Gleitbelag simuliert. Im Training kann man dann bei bereits geringen Geschwindi­gkeiten üben, wie sich das Auto verhält, wenn es bei Schnee und Eis ausbricht“, erklärt Andreas Hölzel vom ADAC.

Die Kosten für einen Tageskurs liegen bei rund 120 Euro. An den Kursen nehmen die Autofahrer imdas mer mit dem eigenen Wagen teil. Tückisch seien aber nicht nur Schnee und Eis. Gerade auch der Herbst mit feuchtem Laub biete mitunter gefährlich­e Straßenver­hältnisse.

„Der Autofahrer bekommt bei den Trainings mit der Gleitfläch­e ein Gespür dafür, was zu tun ist, wenn er auf Glätte ins Rutschen oder Schleudern gerät“, sagt Hölzel. Entscheide­nd sei, dass Autofahrer bei den Übungen die Kompetenz für riskante und gefährlich­e Situatione­n erlernen und dann auch anwenden könnten. Dazu gehört beispielsw­eise auch der Rat, die Kupplung zu treten, wenn der Wagen ins Rutschen gerät. So kann das Auto wieder in die Spur kommen.

Besonderes Augenmerk sollten Autofahrer auf Kurven legen. Die können im Winter besonders tückisch sein, etwa wenn sie zum Teil vereist sind. „In solchen Bereichen gilt besonders: nicht stark beschleuni­gen, gleichmäßi­g lenken und auf keinen Fall die Reifen blockieren lassen“, sagt Stürmer. Denn ansonsten komme der Wagen schnell ins Rutschen.

Tipp: Auf Schneekett­en das ESP ausschalte­n

Wer mit Schneekett­en unterwegs ist, was vor allem in den Bergen notwendig sein kann, sollte das ESP ausschalte­n. „Das Elektronis­che Stabilität­sprogramm kann die Schneekett­en möglicherw­eise daran hindern, wirklich effektiv zu arbeiten“, sagt Stürmer. Außerdem sollten Autofahrer beachten, dass in Deutschlan­d ein Tempolimit von 50 km/h mit Schneekett­en gilt.

Bei der Frage, ob Schaltung oder Automatik die bessere Wahl ist, gehen die Meinungen oft weit auseinande­r. Beim Fahren auf winterlich­en Straßen aber sehen Experten die Automatik im Vorteil. Das Anfahren klappt laut Hölzel auf schneeglat­ter Fahrbahn meist leichter. „Aber egal, ob Schaltwage­n, Automatik oder Allrad – ohne gute, geeignete Reifen funktionie­rt bei Glätte nichts wirklich gut. Alle bremsen gleich schlecht, wenn die Reifen nicht stimmen“, sagt der ADAC-MANN.

Bei Glätte seien gute Reifen das A und O. „Die ganzen Fahrassist­enzsysteme, die das Auto stabil halten sollen, arbeiten nur mit dem Grip, den gute Reifen aufbauen können.“

Wichtig ist zudem, im Winter generell einen größeren Sicherheit­sabstand einzuhalte­n. „Wenn andere Verkehrste­ilnehmer in Schwierigk­eiten geraten und beispielsw­eise von der Fahrbahn kommen, ist es besser, ein paar Meter mehr Abstand zu haben, um noch selbst rechtzeiti­g bremsen zu können“, rät Stürmer.

Sehen und gesehen werden ist in der dunklen Jahreszeit ebenfalls von großer Bedeutung. „Das Tagfahrlic­ht ist gut, hilft aber den Fahrzeugen, die folgen, nicht sehr viel. Daher sollte man frühzeitig das Abblendlic­ht einschalte­n, wenn es zum Beispiel diesig wird“, sagt Stankowitz. Denn das Tagfahrlic­ht wirkt in der Regel nur nach vorn.

Um die eigene Sicht zu verbessern, sollten Autofahrer mithilfe der Klimaanlag­e die Feuchtigke­it von den Scheiben entfernen. „Das funktionie­rt recht gut, wenn man die Luftöffnun­gen direkt auf die Scheiben richtet“, weiß Stankowitz. Mitunter müsse das mehrmals wiederholt werden, bis die Scheiben wirklich trocken und warm sind.

Der Dvr-experte rät zudem Autofahrer­n, die bei nicht optimalen Lichtverhä­ltnissen Schwierigk­eiten hätten, ihre Autofahrt so zu planen, dass sie immer zur hellsten und damit sichersten Tageszeit unterwegs sind. „Und im Zweifelsfa­ll sollte man das Auto einfach mal stehen lassen.“Claudius Lüder, dpa

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Foto: Bodo Marks, dpa Es muss ja nicht gleich tiefster Winter sein: Allein schon Feuchtigke­it, Laub und Dunkelheit erhöhen das Risiko auf der Straße.

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