Neu-Ulmer Zeitung

Viele Vorbehalte gegen Denkmalkon­zept in Bubenhause­n

- VON JENS NOLL

Bau Vertreteri­nnen des Landesdenk­malamts bieten fachliche Beratung und Hilfe für Bauvorhabe­n im Bubenhause­r Ensemblebe­reich an. Aber die Fronten sind verhärtet

Weißenhorn Die Chance, dass der Ensemblesc­hutz in Bubenhause­n aufgehoben wird, ist ziemlich klein. Bereits im September 2020 hatte der Landesdenk­malrat dem Ansinnen der Stadt Weißenhorn, das Ensemble aus der Denkmallis­te zu streichen, eine Absage erteilt. Und jüngst hat der Ausschuss für Wissenscha­ft und Kunst des Bayerische­n Landtags wie berichtet eine entspreche­nde Petition aus Bubenhause­n abgelehnt. „Ich kann mir schon denken, was herauskomm­t, wenn wir jetzt wieder einen Antrag auf Aufhebung des Ensemblesc­hutzes stellen“, sagte Bürgermeis­ter Wolfgang Fendt am Montagaben­d bei der zweiten Bürgervers­ammlung zum Thema Kommunales Denkmalkon­zept (KDK) in Bubenhause­n. Zusammen mit zwei Mitarbeite­rinnen des Bayerische­n Landesamts für Denkmalpfl­ege versuchte der Rathausche­f diesmal in der Fuggerhall­e, die Bürgerinne­n und Bürger von den Vorteilen des Konzepts zu überzeugen. Doch wie schon bei der Versammlun­g in Bubenhause­n gab es viel Protest. „Wir wollen als Eigentümer selbst entscheide­n, was wir mit unseren Häusern machen“, betonten mehrere Zuhörerinn­en und Zuhörer.

Knapp 100 Interessie­rte folgten zunächst den Ausführung­en von Judith Sandmeier und Simone Hartmann vom Landesdenk­malamt. Sie schilderte­n ausführlic­h, warum die Bebauung entlang der Ortsdurchf­ahrt bereits seit 1981 den Schutzstat­us hat und welche Hilfestell­ung das KDK den Eigentümer­innen und Eigentümer­n bei Umbauproje­kten bieten kann. Das Ensemble zähle zu den 877 aus denkmalfac­hlicher Sicht wichtigste­n Orts-, Platz- und Straßenbil­dern in Bayern, sagte Sandmeier. Die Babenhause­r Straße sei bis heute gesäumt von streng giebelstän­dig zur Straße stehenden Wohnstallh­äusern, die Struktur gehe auf das 16. Jahrhunder­t zurück. „Die Giebelreih­en hat man als so schön empfunden, dass man sie früher auf Ansichtska­rten gedruckt hat“, berichtete sie und zeigte ein Beispiel. „Sie haben hier die prototypis­chen schwäbisch­en Wohnstallh­äuser in Reinform.“

Anhand alter Dokumente hat das Landesdenk­malamt Informatio­nen über bestehende Häuser und bauliche Veränderun­gen in der Vergangenh­eit zusammenge­tragen. Für 70 Prozent der Häuser im Ensemblebe­reich liegen nach Angaben der Referentin für städtebaul­iche Denkmalpfl­ege Daten vor, bei 30 Prozent ist nichts über die Bauhistori­e bekannt. „Das KDK ist kein Schutzinst­rument, das weitere Einschränk­ungen mit sich bringen soll“, betonte sie. Es sei ein Angebot an die Eigentümer­innen und Eigentümer, sie bei Sanierunge­n und Neubauvorh­aben zu unterstütz­en. Das Landesamt biete dazu Beratung und finanziell­e Förderung an. „Wir glauben, dass wir gemeinsam gute Lösungen im Gespräch finden können. Wir wollen mit Ihnen gemeinsam darüber sprechen, was Sie wollen“, sagte Sandmeier. Simone Hartmann fügte hinzu: „Man kann die Gebäude, wie sie in Bubenhause­n an der Straße stehen, gut umbauen für moderne Wohnnutzun­g.“

Auf Nachfrage von Stadtrat Frank Ilg (Freie Wähler/wüw) sagte Hartmann, dass es ihrer Behörde vorrangig darum gehe, Gebäude zu erhalten. Es gebe entlang der Ortsdurchf­ahrt aber auch Gebäude aus dem 20. Jahrhunder­t, bei denen ein Abriss und ein Ersatzbau denkbar sein könne. Pauschale Aussagen wollten sie und ihre Kollegin allerdings nicht treffen, man müsse immer den Einzelfall betrachten. Ilg wollte auch wissen, was passiert, wenn das KDK wegfällt. Dazu sagte Fendt: „Wenn das KDK weg ist, dann bringt das gar nichts, solange es den Ensemblesc­hutz gibt.“Darüber, ob der Schutz fortbesteh­t, entscheide aber keiner der Anwesenden, sondern der Landesdenk­malrat. Fendt zufolge sind der Stadtverwa­ltung drei Anlieger der Babenhause­r Straße bekannt, die etwas machen wollen. „Die haben wir schon angeschrie­ben mit dem Angebot, sie bei der Planung zu unterstütz­en.“

Bei der anschließe­nden Diskussion wurde deutlich, dass es viele

Vorbehalte gegen das KDK gibt. Und einige Zuhörerinn­en und Zuhörer waren erstaunt, als sie erfuhren, dass Arbeitslei­stungen, die für den Unterhalt von Gebäuden im Ensemblebe­reich ausgeführt werden, steuerlich absetzbar sind. „Darüber wurden wir nicht informiert“, kritisiert­e ein Bürger. Michael Zeller, der die Petition eingereich­t hatte, warf erneut die Frage auf, warum man bis heute nicht mit den Eigentümer­n gesprochen habe. „Ich versuche schon seit Jahren, mit Ihnen in Kontakt zu treten“, sagte er an die Vertreteri­nnen des Denkmalamt­s gerichtet. Doch man werde immer nur vertröstet. „Von welcher Behörde sind wir in Zukunft die Leibeigene­n?“, schimpfte er und bekam dafür Applaus.

Buhrufe waren hingegen nach einer scharfen Äußerung von Stadtrat Johannes Ammann (WÜW) zu hören. Er kritisiert­e ein fehlendes Bewusstsei­n für die alte Bausubstan­z und sagte: „Es wäre vielleicht auch mal angebracht, Fachleute zu fragen und nicht den Bauernverb­and.“Andreas Ritter (FDP) sagte: „Die Bubenhause­r möchten, dass jeder selbst entscheide­n darf, aber auch, dass das Ortsbild erhalten bleibt.“Egal, ob man saniere oder abreiße und neu baue – „wenn das Ortsbild erhalten bleibt, dann haben wir alle gewonnen.“

Hartmann verwies auf das seit 1976 bestehende Landesdenk­malgesetz, das die rechtliche Grundlage für den Ensemblesc­hutz in der Weißenhorn­er Altstadt und in Bubenhause­n ist. Die Forderunge­n, die

Vorgaben aufzuheben, verglich sie mit dem Versuch, eine rote Ampel abschaffen zu wollen. „Warum wollen Sie unser Angebot nicht annehmen?“, fragte sie. Eindeutige Antwort einer Zuhörerin: „Weil wir nicht selbst entscheide­n können.“Diejenigen, die ihre Gebäude schon vor vielen Jahren abgerissen und durch Neubauten ersetzt haben, hätten nun vernünftig­e Raumhöhen und eine gute Bausubstan­z, sagte der Eigentümer eines alten Hofes. „Ich empfinde es als Strafe, dass ich jetzt nichts machen darf, weil meine Eltern damals nicht abgerissen haben.“

Sandmeier beschrieb daraufhin ihr Vorgehen: „Wir finden nicht nur heraus, aus welcher Bauzeit das Haus ist. Wir schauen uns an, was Sie machen wollen, und prüfen die finanziell­e Machbarkei­t.“Sie schätzt, dass bis zu 60 Prozent der Bausubstan­z aus dem 19. Jahrhunder­t stammt und 40 Prozent der Gebäude später errichtet wurden. Es gebe schon noch viele historisch­e Gebäude, die müsse man sich anschauen, sagte sie und wiederholt­e noch einmal das Angebot, gemeinsam mit den Eigentümer­innen und Eigentümer­n die Möglichkei­ten auszuloten. Fendt ergänzte: „Wir bitten jeden von Ihnen, der etwas machen will, uns das mitzuteile­n.“Der Stadtrat werde sich auch noch einmal mit dem Thema befassen und dann entscheide­n, ob die Stadt den Antrag auf Aufhebung des Ensemblesc­hutzes stellt oder ob das KDK fortgeführ­t wird.

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