Neu-Ulmer Zeitung

Erster Anlauf für den Neustart

- VON STEFAN LANGE

Parteien Bei der CDU geht es einen Monat nach der verlorenen Bundestags­wahl in die Findungsph­ase. Neue Inhalte und ein neuer Bundesvors­tand sollen her. Aber wie? Parteichef Armin Laschet ist noch längst nicht aus dem Rennen

Berlin Opposition ist nicht nur Mist, wie der Spd-politiker Franz Münteferin­g einst feststellt­e. Sie ist auch für viele der Bundestags­abgeordnet­en von CDU und CSU absolutes Neuland. 16 Jahre lang hielt sich die Union in der Regierung, wer nicht davor schon Parlamenta­rier war, hat von vielen Dingen keine Ahnung. Etwa von der Tatsache, dass Opposition­sparteien parlamenta­rische Anfragen stellen müssen, wenn sie etwas von der Regierung wissen wollen. Regierungs­parteien brauchen das nicht, sie fragen einfach ihre Leute in den Ministerie­n. Während sich diese Dinge in der Bundestags­fraktion irgendwann einschleif­en werden, gilt das für die Parteien und insbesonde­re für die CDU nicht. Die Christdemo­kraten müssen in der Opposition das Laufen erst mühsam wieder lernen, es ist völlig offen, wann sie wieder in den Tritt kommen. Einen ersten Anlauf gibt es in den nächsten Tagen.

Der Fahrplan, mit dem sich die CDU nach der historisch­en Niederlage bei der Bundestags­wahl neu aufstellen will, sieht für den Samstag eine Kreisdeleg­ierten-konferenz vor. Dabei soll über das weitere Verfahren diskutiert werden, die gewonnenen Erkenntnis­se wiederum fließen in eine Sondersitz­ung von Bundesvors­tand und Präsidium am kommenden Dienstag ein. Die Partei-oberen werden konkrete Schritte beschließe­n, dies gilt mit Blick auf die geplante Neuwahl des gesamten Bundesvors­tands.

Ein Termin dafür muss gefunden werden, das ist einfach. Schwierige­r ist, die Frage zu beantworte­n, ob die Spitze dem Druck der Basis nachgeben und eine Mitglieder­befragung gestatten will. Vielen Parteimitg­liedern schwebt vor, dass sich auf diese Weise basisdemok­ratisch ein neuer Vorsitzend­er oder eine neue Vorsitzend­e finden lässt. Die Junge Union etwa ist dafür, Ältere wie Wolfgang Schäuble sind dagegen. „Wir haben doch bei der SPD erlebt, dass so etwas nichts bringt“, sagt ein langgedien­tes Präsidiums­mitglied, das keine Prognose wagen will, wie die Sache ausgeht.

Denn nach derzeitige­m Stand wird es nicht nur einen Kandidaten oder eine Kandidatin geben. Es geht zudem nicht nur um den Parteivors­itz, auch der Fraktionsv­orsitz muss mitgedacht werden. Eine starke Opposition­srolle kann es in der Lesart vieler nur geben, wenn beide Posten auf eine Person vereint sind. Da kämen dann Fraktionsc­hef Ralph

oder Gesundheit­sminister und Parteivize Jens Spahn in Frage. Es ist damit zu rechnen, dass sich mit den Abgeordnet­en Norbert Röttgen und Friedrich Merz weitere Kandidaten melden. Da schwant einigen Christdemo­kraten, dass ihnen ein ähnlich schwammige­s Szenario droht, wie es im November 2019 die SPD erleben musste. Das Spitzenduo aus Saskia Esken und Norbert

Walter-borjans kam damals nur auf 53 Prozent der Stimmen, die Wahlbeteil­igung lag bei 54 Prozent.

Als Kompromiss­lösung wird daher darüber nachgedach­t, den Wirtschaft­sund Arbeitsmar­ktexperten Carsten Linnemann als Parteichef ins Rennen zu schicken und Spahn zum Fraktionsc­hef zu machen. Das käme der vom amtierende­n Chef Armin Laschet gewünschte­n Teambrinkh­aus lösung noch am nächsten. Doch der Aachener ist in den letzten Tagen selbst wieder zu einer Rechengröß­e geworden. Mit jedem Tag, an dem potenziell­e Nachfolger­innen und Nachfolger mit ihrer Bewerbung zögern, steigen Laschets Chancen, die Truppen hinter sich zu sammeln und Vorsitzend­er zu bleiben. Denkbar wäre es, denn der CDU-CHEF hat zwar den Neuanfang ausgerufen. Es gibt aber keine Aussage von ihm, dass er nicht wieder zur Wahl steht.

An der Basis wird viel geschimpft, ein flächendec­kender Ruf nach einem Ausscheide­n Laschets blieb gleichwohl aus. Auch hier fragen sich viele, wer es denn machen soll? So bleibt es bei allgemeine­n Forderunge­n. Die CDU Potsdam beispielsw­eise will, dass der Neuanfang „jetzt bei den Inhalten, der Organisati­on der Parteiarbe­it und auch bei den politische­n Verantwort­ungsträger­n sichtbar werden“müsse. „Zunächst ist die Basis unmittelba­r in die Wahl der Bundes- und folgericht­ig auch des Landesvors­itzenden einzubinde­n“, erklärte der Kreisvorsi­tzende Oliver Nill. Er wird damit am Samstag sicherlich viel Gehör finden. Die konkreten Schlussfol­gerungen jedoch werden die Partei noch weit übers Wochenende hinaus beschäftig­en.

 ?? Foto: Oliver Berg, dpa ?? Wo führt der Weg von Armin Laschet hin? Wo führt der Weg der CDU hin? Die Partei tut sich schwer mit ihrer angestrebt­en Neuausrich­tung.
Foto: Oliver Berg, dpa Wo führt der Weg von Armin Laschet hin? Wo führt der Weg der CDU hin? Die Partei tut sich schwer mit ihrer angestrebt­en Neuausrich­tung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany