Neu-Ulmer Zeitung

Bischof stellt Führungskr­äfte frei

- VON DANIEL WIRSCHING

Bistum Bertram Meier reagiert damit auf offensicht­lich schwerwieg­ende Vorwürfe. Es soll

um den fragwürdig­en Umgang mit Mitarbeite­rn sowie mit Kirchenste­uermitteln gehen

Augsburg Der Augsburger Bischof Bertram Meier hat drei leitende Mitarbeite­r vorübergeh­end von ihren Aufgaben entbunden. Das erklärte das katholisch­e Bistum am Mittwochab­end auf seiner Homepage. Die Freistellu­ng erfolgte demnach mit „sofortiger Wirkung“. Im Zusammenha­ng mit der Einführung eines Compliance-management­systems habe es Anlass gegeben, „bestimmten Informatio­nen von Hinweisgeb­ern nachzugehe­n, auch unter Mitwirkung von externen Experten, und eine interne Untersuchu­ng einzuleite­n“. Genauer wollte sich das Bistum am Donnerstag dazu nicht äußern.

Ein Sprecher der Augsburger Staatsanwa­ltschaft sagte auf Anfrage: „Im Hinblick auf die Pressemitt­eilung des Bistums ist der Staatsanwa­ltschaft Augsburg bislang kein Sachverhal­t bekannt.“Nach Informatio­nen unserer Redaktion soll es mutmaßlich um den fragwürdig­en Umgang mit Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn sowie mit Kirchenste­uermitteln gehen. Von Betrugsvor­würfen – darunter die Bevorzugun­g Verwandter bei Geschäften – und Demütigung­en – also einem teils katastroph­alen Arbeitskli­ma – ist zu hören.

Bekannt wurden die Vorwürfe der Bistumslei­tung offensicht­lich durch ein vor nicht allzu langer Zeit eingeführt­es Compliance-management-system (CMS), das man als Bündel von Maßnahmen beschreibe­n kann, die eine Organisati­on trifft, um sich regelkonfo­rm zu verhalten – in gesetzlich­er, ethischer und interner Hinsicht. (Neue) Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r werden darauf aufmerksam gemacht, etwa in einer Informatio­nsbroschür­e, in der die Kontaktdat­en der

Compliance-beauftragt­en aufgeführt sind. An sie können sie sich bei Verdachtsf­ällen wenden.

In seinem „Bericht zum Jahr 2020“erklärte das Bistum Augsburg umfassend, was es unter guter „Unternehme­nsführung“versteht und wie es diese strukturel­l sicherstel­lt. So habe man eine Aufbauorga­nisation der Verwaltung auf „Basis des Kirchenrec­hts und der Anforderun­gen an eine Good Governance“wie in Unternehme­n, hieß es.

Konkret gibt es drei „Abwehrlini­en“, die unter anderem Risiken identifizi­eren sollen. Auf diese Weise soll Verstößen, etwa in der Mitarbeite­rführung oder im Umgang mit Bistumsgel­dern, vorgebeugt beziehungs­weise schnell auf sie reagiert werden. Neben dem CMS zählen zur „Abwehr“ein internes Kontrollsy­stem und die interne Revision. Nach Informatio­nen unserer Redaktion hat dieses System nun geentsprec­hender griffen: Vorwürfe wurden also intern von gleich mehreren Mitarbeite­rn weitergege­ben und externe Anwälte mit einer ersten Prüfung beauftragt. Inwiefern sich die Vorwürfe gegen die teils überaus hochrangig­en Führungskr­äfte tatsächlic­h als arbeits- oder strafrecht­lich relevant erweisen könnten, ist noch unklar.

Wie wichtig „weltliche“Grundsätze der Unternehme­nsführung innerhalb der katholisch­en Kirche sind, zeigt der Blick auf die Bistumsfin­anzen. Allein die Aufwendung­en des Bistums Augsburg betrugen 2020 mehr als 429 Millionen Euro. Die Mittel stammten zu rund 87 Prozent aus Kirchenste­uern. Unweigerli­ch werden jetzt auch Erinnerung­en an den Finanzskan­dal im Nachbarbis­tum Eichstätt wach, der 2018 publik wurde. Dabei ging es um dubiose Immobilien­geschäfte in den USA in Höhe von insgesamt rund 60 Millionen Dollar.

Newspapers in German

Newspapers from Germany