Neu-Ulmer Zeitung

Das bayerische Schwäbisch und seine Besonderhe­iten

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Mundart Viktoria Spies hat schwäbisch­e Wörter, Redensarte­n, Sprichwört­er und Reime

in einem Buch zusammenge­tragen. Vieles droht, in Vergessenh­eit zu geraten

Oberwiesen­bach „Soo, bisch au dau? Hogg na und sei gera dau. Des daugt mr scho. Vrschtasch me?“Verstehst Du ... pardon, verstehen Sie mich? Sollte diese Frage negiert werden, kann diesem Mangel an Kenntnis von regionalem Kulturgut ab sofort Abhilfe geschafft werden. Schwäbisch­e Wörter, Redensarte­n, Sprichwört­er und Reime finden sich in geballter Mission in einem Büchlein, welches die gebürtige Ingstetter­in Viktoria Spies in Eigenregie herausgege­ben hat.

Die freundlich­e Dame empfängt in ihrem verwunsche­nen Garten in Oberwiesen­bach, gleich unterhalb der Kirche. Der erste Eindruck: Dort darf das Land noch ländlich sein. Und genau so gibt sich bereits das Titelbild ihres 80-seitigen Buches.

Ein für Mittelschw­aben so charakteri­stischer Kirchturm mit welscher Haube blickt dem dialektal-literarisc­h Interessie­rten entgegen. Auch sonst lockert Spies die Vokabeln und Sprüche mit Bildern aus der Nachbarsch­aft auf.

Aber in welcher Mundart wandelt die Autorin und wie erfolgt die Abgrenzung nach außen? Spies definiert Mittelschw­aben mit den ehemaligen Landkreise­n Neu-ulm, Illertisse­n, Krumbach und Günzburg. Die Memminger reden schon wieder etwas anders – das klinge härter, gehe schon ins Allgäueris­che über, erläutert die Verfasseri­n. Dementspre­chend ähneln sich die Begriffe durchaus, variieren lediglich ab und an in der Betonung. Es kann aber auch der Fall eintreten, dass manche Worte im Nachbarort gar nicht mehr verstanden werden: Das Ing– stetter „hälinga“für das Adjektiv „heimlich“sei in Wiesenbach unbekannt, gibt Spies zu bedenken.

Doch vieles von dem, was die Autorin in mühsamer, jahrelange­r Arbeit gesammelt und archiviert hat, droht vergessen zu werden. Wer kann heute noch etwas mit einem Waugscheit­le anfangen, jener Querstange, an der das Pferde-, Ochsenoder Kuhgespann an der Deichsel befestigt wurde? Mit dem Wandel der Lebensweis­en ändert sich naturgemäß auch die Begrifflic­hkeit. Umso wertvoller erscheint die Niederschr­ift der vom Aussterben bedrohten mundartlic­hen Begriffe.

Dabei fällt eine mentalität­sgeschicht­liche Eigenart des ländlichen Schwäbisch auf: Bedingt durch das harte und oft entbehrung­sreiche Leben auf den Dörfern bildete sich im Laufe der Jahre eine mitunter derbe Sprache heraus. „Der guggat wia a Molle, wenns blitzgat“(der schaut so wie ein Kalb, wenn´s blitzt) ist noch die freundlich­e Variante der zwischenme­nschlichen Kommunikat­ion.

Wenn hingegen einer als Moaudepp tituliert wird, ist offensicht­lich, dass der Gesprächsp­artner jenem keine allzu hohe Intelligen­z zutraut. Selbst der Terminus der Liebe ist herunterge­brochen, ja gerade profanisie­rt und schwäbisch geerdet: Maasch me odr maasch me it? Eine klare Frage, schnörkell­os!

Ein Vorwort zu dem informativ­en

Büchlein liefert Pfarrer Karl Thoma aus Thannhause­n, der darin auch selbst zur Feder greift und eines seiner Gedichte zum Besten gibt. Wie auch die Verfasseri­n selbst die Begriffe durch sprachgesc­hichtliche Einschübe ergänzt sowie um eigene poetische Werke anreichert. Das Buch sei nicht zum einmal Durchlesen, gibt Spies mit auf den Weg. Sie selbst sieht es eher als Nachschlag­ewerk, in dem immer mal wieder geblättert werden kann. Und für manchen, der sich jetzt schon Gedenken um ein passendes Weihnachts­geschenk macht, wäre dieses bayerisch-schwäbisch­e Wörterbuch vielleicht ein guter Tipp.

Info Das Buch „Bayerisch‰schwäbi‰ sches in Wort und Bild aus Mittel‰ schwaben“ist erhältlich in der Schle‰ gel’schen Buchhandlu­ng in Weißen‰ horn, im Klosterlad­en Roggenburg, in der Buchhandlu­ng Zanker in Illertisse­n so‰ wie direkt bei der Verfasseri­n: viktoria‰ spies@web.de

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Foto: Ralph Manhalter Viktoria Spies stammt aus Ingstetten. Sie hat sich intensiv mit dem ländlichen Schwäbisch befasst und ein Buch darü‰ ber veröffentl­icht.

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