Neu-Ulmer Zeitung

Das Fisch‰drehkreuz des Südens

- VON SEBASTIAN MAYR

Handel 1800 Tonnen Lebensmitt­el, 20 Millionen Euro Umsatz im Jahr: Für die Deutsche See

Fischmanuf­aktur ist Neu-ulm ein wichtiger Standort. So läuft die Arbeit

Neu‰ulm Zwei Grad über Null in den Kühlräumen, 20 Grad minus im Tiefkühlbe­reich. Auf rund 800 Quadratmet­ern liegen Lachs und Seeteufel, Garnelen und Venusmusch­eln, ganze Fische und filetierte Stücke in Kisten und Regalen. Übermäßig voll ist es nicht. „Gott sei Dank“, sagt Peter Gohl, Regionalun­d Niederlass­ungsleiter bei der Deutsche See Fischmanuf­aktur. Hier soll alles schnell gehen, nichts lange gelagert werden. Viele Produkte, sagt Gohl, würden bestellt und binnen 48 Stunden in Bremerhave­n produziert, nach Neu-ulm gebracht und von dort aus ausgeliefe­rt. Rund 1800 Tonnen Lebensmitt­el werden jährlich von hier aus zu Supermärkt­en, Fischhändl­ern, Restaurant­s und Kantinen gebracht.

An sechs Tagen pro Woche kommt ein Vierzigton­ner aus Bremerhave­n, montags bis freitags gegen Mitternach­t und sonntags schon um etwa 22 Uhr. Dann wird den Morgen über gearbeitet, die Ware wird in kleinere Lastwagen umgeladen und ausgefahre­n. Das Liefergebi­et erstreckt sich an der A7 entlang von Crailsheim bis Füssen und von der Schwäbisch­en Alb bis nach Augsburg. Die Fahrzeuge, überwiegen­d kleinere Lastwagen, steuern auch Teile von Vorarlberg in Österreich an. In Ulm und Neu-ulm führen die großen Handelsket­ten Produkte des Unternehme­ns, aber auch in den Hotel-restaurant­s Lago und Maritim kommt Fisch auf den Tisch, den die Deutsche See Fischmanuf­aktur verkauft hat.

Der studierte Betriebswi­rt und gelernte Koch Peter Gohl ist seit 1999 im Unternehme­n und seit 2019 Filialleit­er in Neu-ulm. Regionalle­iter für fast ganz Bayern war er schon davor. „Die Nähe zu den Kunden ist uns wichtig“, betont er. Nur durch die Dichte der Niederlass­ungen – 19 bundesweit – könne man allen gerecht werden. Restaurant­s, die 20 bis 30 Kilo in der Woche benötigen, und Geschäfte, die 150 bis 200 Kilo Fisch und Meeresfrüc­hte weiterverk­aufen wollen. 35.000 Kundinnen und Kunden hat die Deutsche See Fischmanuf­aktur in der Republik, etwa 1200 werden von Neu-ulm aus bedient. Die Niederlass­ung im Lise-meitner-ring nahe der B10 macht einen Jahresumsa­tz von rund 20 Millionen Euro. Im Corona-jahr sei der Einbruch aber spürbar gewesen, räumt Gohl ein. Restaurant­s und Kantinen blieben zu, die Deutsche See nahm Kurzarbeit­ergeld in Anspruch.

Jetzt fahren die 20 Lastwagen aus Neu-ulm wieder überall hin. Nachts geht es los, zuerst mit den weiteren Fahrten. Die kürzeren Touren folgen am Vormittag. Um 8 Uhr ist alles vorbei, montags sogar noch früher. Denn an diesem Tag die Auslieferu­ng zeitiger, weil vor allem die Supermärkt­e mehr Waren abnehmen. Mittwochs und am Wochenende gibt es weitere Spitzen – zur Wochenmitt­e, weil viele Handelsket­ten dann mit Sonderange­boten werben, und zum Wochenende, weil dann der Zulauf in den Gaststätte­n steigt.

Betriebska­ntinen und soziale Einrichtun­gen beliefert die Deutsche See auch, kommunale Krankenhäu­ser gehören aber nicht dazu. Deren Budget genüge nicht für die Preise, sagt Gohl. Das Unternehme­n ist eher im oberen Segment unterwegs. Dafür, sagt der Regionalle­iter, achte man sorgsam auf Nachhaltig­keit. Die Deutsche See nehme auch mal einen Fisch aus dem Sortiment, um Bestände zu schützen, betont Peter Gohl, derzeit zum Beispiel den Roten Thun. Und man beziehe die Ware gezielt aus Ländern, die besonders strenge Maßstäbe für Fangquoten festsetzen und sich nicht etwa an der Länge der Küstenkilo­meter orientiere­n wie es die EU vorsieht, sondern an wissenscha­ftlichen Erkenntnis­sen. „Die Fischbestä­nde sind der Ast, auf dem wir sitzen“, sagt Peter Gohl.

Neu-ulms Oberbürger­meisterin Katrin Albsteiger, die sich bei einem Betriebsbe­such durch die hiesige Niederlass­ung führen lässt, lobt diesen Einsatz des Unternehme­ns, das seit 2018 zum niederländ­ischen Fischereik­onzern Parlevliet & Van der Plas gehört. Dass das Unternehme­rn Menschen in ärmeren Ländern unterstütz­t, kommt bei der Csu-politikeri­n gut an.

Denn was die Deutsche See unter Nachhaltig­keit versteht, bezieht sich nach Angaben Peter Gohls nicht nur auf den Umgang mit der Natur. Man bestehe darauf, dass die Zulieferfi­rmen ihr Personal sozialvers­icherungsp­flichtig anstellen. In Vietnam habe man Menschen eine Krankenver­sicherung ermöglicht. Am Victoriase­e in Ostafrika habe man eine Schule und einen Kindergart­en gebaut.

An die 4000 Artikel hat die Deutsche See im Angebot, ein Großteil der Ware wird in wiederverw­endbaren Plastikbox­en ausgeliefe­rt, für die es eigene Wasch- und Spülanlage­n gibt. Kisten aus Styropor dienen allmählich aus. Das Unternehme­n ist 1939 als Großhändle­r der Schnellres­taurantket­te Nordsee gebeginnt gründet worden, die noch heute ein Großkunde des Bremerhave­ner Händlers ist. In den 80er- Jahren trennten sich Nordsee und Deutsche See. Die Fischmanuf­aktur verkauft Fische und Meeresfrüc­hte, verarbeite­te Stücke wie Filets, Convenienc­e-produkte, Salate, Sushi und mehr. Die veredelten Lebensmitt­el kommen aus drei Fabriken am Stammsitz in Bremerhave­n, die vom Unternehme­n Manufaktur­en genannt werden. Im Kühllager in Neu-ulm werden aber auch geringe Mengen Fleisch aufbewahrt, die der Konzern ebenfalls veräußert.

Rund 50 Beschäftig­te arbeiten in der Niederlass­ung am Lise-meitner-ring, die meisten im Fuhrpark und im Lager. Vom Fisch-drehkreuz an der bayerisch-baden-württember­gischen Landesgren­ze aus werden die Produkte aber nicht nur ausgefahre­n. Zu den Bürozeiten kommen gelegentli­ch ganz normale Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r an den Standort im Industrieg­ebiet: Seit acht Jahren können viele Produkte auch im Internet bestellt werden – entweder nach Hause oder eben zur Abholung in die nächstgele­gene Niederlass­ung.

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Fotos: Sebastian Mayr In der Lise‰meitner‰straße befindet sich die Neu‰ulmer Niederlass­ung von Deutsche See. Der Standort ist ein äußerst wichtiger für das Unternehme­n.

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