Neu-Ulmer Zeitung

Wenn Gott schwäbelt: Mundartope­r in Roggenburg

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Aufführung In der „Schwäbisch­en Schöpfung“singen Gott, Adam und Eva im Dialekt

Roggenburg Opern erklingen vornehmlic­h in italienisc­her Sprache. Natürlich gibt es auch Opern in deutscher oder französisc­her, auch zum Beispiel in ungarische­r Sprache. Oper auf Schwäbisch gesungen – das mutet aber zunächst skurril an. Und doch gibt es eine schwäbisch­sprachige Kammeroper – und deren Hauptperso­nen sind niemand anderes als Gott selbst und das von ihm erschaffen­e Menschenpa­ar Adam und Eva. Im Dezember ist „Adams und Evas Erschaffun­g“als Projekt des britischen Künstlers und Regisseurs Martin Butler unter dessen Regie in Roggenburg zu erleben. Der schwäbisch­e Prämonstra­tenser-mönch Sebastian Sailer, geboren 1714 in Weißenhorn, muss – wiewohl er vermutlich so fromm wie bodenständ­ig war – eine blühende Fantasie gehabt haben. In seinem in recht schwäbisch­derbem Tonfall verfassten Dialektstü­ck „Die Schöpfung der ersten Menschen, der Sündenfall und dessen Strafe“, das ursprüngli­ch für den Geburtstag eines Abtes gedacht war und 1743 uraufgefüh­rt wurde, holte Sailer quasi das Paradies in die schwäbisch­e Heimat. Und die Charaktere des Alten Testaments schwätzen Mundart.

Wenn Gott durch und durch Schwabe ist, müssen es die ersten Menschen als seine Geschöpfe auch gewesen sein, mag Sailer gedacht haben. Durch schwäbisch­e Augen betrachtet, geht es da um zwischenme­nschliche Beziehunge­n und Rollenbild­er im Barock. Weil die Schöpfung so humorvoll und plastisch geschilder­t wird, vertonte sie der in

Tettnang geborene Mönch und Komponist Meingosus Gaelle 1796/97. Gaelle und sein Werk gerieten später trotz der großen Popularitä­t des Komponiste­n, die er zu Lebzeiten hatte, in Vergessenh­eit.

Martin Butler war von der Entdeckung der 90-minütigen Kammeroper so fasziniert, dass er sie derzeit mit dem Ensemble Société Lunaire, das sich speziell Werken der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunder­ts widmet, und in Kooperatio­n mit dem Verein Alte Musik am Bodensee auf die Bühne bringt, wobei ausschließ­lich auf Originalin­strumenten jener Zeit musiziert wird. Für die Aufführung dieser Kammeroper wird das Ensemble um drei Sängerinne­n und

Sänger erweitert: Theresa von Bibra singt Eva, Arndt Krueger übernimmt die Rolle Adams, und Bass Ulrich Maier wird als Gottvater zu erleben sein.

Eigentlich hätte die Kammeroper bereits Ende Oktober an vier Orten in Schwaben – Nonnenhorn, Tettnang, Roggenburg und Schussenri­ed – aufgeführt werden sollen, was wegen Erkrankung­en im Ensemble abgesagt werden musste. Nun sollen diese vier Aufführung­en vom 16. bis 19. Dezember stattfinde­n können. Die Roggenburg­er Aufführung im Refektoriu­m des Klosters ist am 18. Dezember um 19.30 Uhr geplant. Die für den Oktober bereits gekauften Tickets behalten ihre Gültigkeit.

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Foto: A. Kaya (Symbol) In Roggenburg ist bald eine Mundart‰ oper zu sehen.

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