Moral wird meist dafür verwendet, andere fertig zu machen
Nun hat man bei Ihnen das Gefühl, Sie holen die Abgründe eigentlich immer aus sich selbst heraus …
Hader: Inhaltlich sind die Abgründe, die ich auf der Bühne behaupte, nicht immer die eigenen. Es ist ein Schreiben, das eher dem eines Theaterstücks gleicht. Aber als Bühnenfigur dient mir die eigene Person, was irgendwie schön ist, weil es irritierend ist. Kabarett kennt man sonst als etwas, wo jemand ernsthaft auf der Bühne steht und wirklich seine Meinung zum Ausdruck bringt – oder als etwas, wo jemand oben steht und eine Figur spielt. Ich kombiniere das halt. Ich behaupte, ich würde ernsthaft auf der Bühne stehen und meine Meinung sagen, bin aber in Wirklichkeit eine Figur, nur unter dem gleichen Namen.
Dass Sie aber dann damit identifiziert werden könnten, was Sie auf der Bühne sagen, ist kein Problem?
Hader: In gewisser Weise ist das ja in Ordnung, wenn man das Ganze versteht als das, was es ist: eine Art verkleidetes Theaterstück. Und dass man falsch verstanden wird, das passiert ja eh immer wieder. Das könnte man nur dadurch umgehen, dass man so eindeutig ist, dass es schonwiederfad wird. Und mit Missverständnissen muss man eh leben.
Für Uneindeutigkeiten aber scheinen es doch eher schlechte Zeiten zu sein, zumindest, wenn man sieht, was Kolleginnen wie Lisa Eckhart, Kollegen wie Dieter Nuhr an Shitstorms abbekommen. Wie sehen Sie das? Und haben Sie selbst so was schon abbekommen? Hader: Ich selber habe das nur marginal erlebt, als ich im ersten Lockdown eben diese kleinen Monologe ins Internet gestellt habe. Da ist es eben ganz anders als auf einer Kaba