Neu-Ulmer Zeitung

Aus Liebe zur Nostalgie

- VON JOSEF KARG

Es hat in Bayern Tradition, dass früher alles besser war: Die Kindheit unbeschwer­ter, der Urlaub sonniger und für eine Mark gab es noch richtig was zu kaufen. Man hört es immer wieder: Viele Menschen wünschen sich die „guade oide Zeit“zurück, und da ist die Rede nicht nur von Mitglieder­n der Bayernpart­ei oder hartgesott­enen König-ludwig-verehrern.

Diese Nostalgies­ehnsucht ist zugegebene­rmaßen kein rein bayerische­s Phänomen, denn in der früheren DDR beispielsw­eise verklären noch immer (oder schon wieder) Zigtausend­e einen ehemaligen Unrechtsst­aat. Retromanie nennt man das im Fachjargon. Und die muss nicht zwangsläuf­ig so umstritten sein wie die Ostalgie.

Psychologe­n vermuten hinter diesem Phänomen sogar einen wichtigen seelischen Effekt: Wir sehen die Vergangenh­eit besser als sie war, um an der Gegenwart nicht zu verzweifel­n. Und ja, da könnte etwas Wahres dran sein!

Gilt vielleicht auch fürs Fernsehen. Um auch ein bisschen die Retrowelle zu reiten, hat das ZDF am Samstagabe­nd – sozusagen zum

40. Jahrestag – nochmals das längst ausgemuste­rte Showkonzep­t „Wetten dass..?“aus der Versenkung geholt. Und alle waren sie wieder da von früher: der Thommy, die Michelle, die Helene. Die Zuschauer in der Nürnberger Messehalle haben sich vor Freude darüber die Hände wund geklatscht.

Vielleicht sollte man den Leuten gerade in dieser für viele Menschen schwierige­n Corona-zeit schlicht geben, wonach sie sich sehnen: Revivals aller Art. Allein im bayerische­n Fernsehen gäbe es ungezählte Möglichkei­ten, großartige alte Serienform­ate wieder aufleben zu lassen. Warum also nicht neue Folgen vom „Pumuckl“, dem „Bullen von Tölz“oder dem „Monaco-franze“drehen? Für die Volksseele wäre es Tv-balsam.

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