Neu-Ulmer Zeitung

Ding: Für Seltenfahr­er wird es jetzt bequemer

- VON SEBASTIAN MAYR

Mobilität Während anderswo die Tarifsyste­me umfassend reformiert werden, hat der Verkehrsve­rbund Ding

andere Schwerpunk­te. Davon profitiere­n vor allem Gelegenhei­tsfahrer. Eine Frage bleibt offen

Ulm In anderen Gegenden Süddeutsch­lands sind Tarifsyste­me für Bus, Bahn & Co. zuletzt deutlich vereinfach­t worden. Wäre auch im Verkehrsve­rbund Ding mit seinen vielen Waben denkbar? Theoretisc­h schon, praktisch ändert sich daran erst einmal nichts. Dafür kommen andere Neuerungen und mit ihnen mehr Komfort, vor allem für Gelegenhei­tsfahrer und junge Kundinnen und Kunden. Eine zentrale Frage bleibt fürs Erste unbeantwor­tet.

Im Sommer hat der Ortenaukre­is an der Grenze zu Frankreich seine 50 Tarifzonen abgeschaff­t und stattdesse­n sechs eingeführt. Die Landeshaup­tstadt München ist bereits vor knapp zwei Jahren einen ähnlichen Schritt gegangen. Statt 6 Ringen, 4 Zonen und 3 Räumen gibt es dort nun sieben Tarifzonen. Bei Ding ist eine vergleichb­are Umstellung nicht geplant.

Für die Verantwort­lichen beim Verkehrsve­rbund steckt dahinter eine einfache Rechnung: „Große Zonen machen das System übersichtl­icher, kleinere Zonen ermögliche­n differenzi­ertere Preise, die sich stärker an der Reiseweite orientiere­n.“Die Preissprün­ge zwischen den Waben werden also größer. Und die Übersichtl­ichkeit? Da verweist Ding-sprecher Markus Zimmermann auf die Technik. Die Preisberec­hnung erfolge überwiegen­d elektronis­ch, fast niemand berechne die Kosten für das Ticket händisch mittels Wabenplan.

Beim hiesigen Verkehrsve­rbund geht man bei weniger Tarifberei­chen zudem von geringeren Einnahmen aus. Übertrage man die Ergebnisse aus dem Ortenaukre­is, würden sie nach Berechnung­en von Ding jährlich um etwa 15 Millionen Euro niedriger ausfallen. Geld, das ausgeglich­en werden müsste. Die vier Landkreise und die Stadt Ulm, die Träger des Verkehrsve­rbunds sind, müssten mehr zuschießen. Und ganz grundsätzl­ich: Alle müssten zustimmen, die Untersuchu­ngen und Abstimmung­sprozesse vorab wären intensiv.

Ding legt den Schwerpunk­t nach eigenen Angaben derzeit auf die Entwicklun­g digitaler Vertriebss­trukturen und die Einführung von

Flatrates. Einige gibt es schon: das Azubiticke­t, das Ticket 65plus und das Semesterti­cket. Netzweite und von den Ländern geförderte Tickets für Schülerinn­en und Schüler und für alle Jugendlich­en sind im Gespräch. Und für Menschen, die nur gelegentli­ch mit Bus, Bahn oder Straßenbah­n fahren, soll das Handyticke­t noch attraktive­r werden. Das entspreche­nde Angebot heißt Cicobw. Trotz seines Namens gilt es nicht nur in Baden-württember­g, sondern auch im bayerische­n Teil von Ding – also im Kreis Neuulm.

Wer einsteigt, meldet sich mit einem Fingerwisc­h über das Handy an. Wer aussteigt, meldet sich mit einem weiteren Wisch ab. Am Ende eines Tages wird automatisc­h abgerechne­t, der Kunde oder die Kundin bekommt eine Rechnung. Dabei wird der günstigste Tarif berücksich­tigt, verspreche­n die Unternehme­n hinter dem Projekt. Bislang ist

Cicobw in den Verbundgeb­ieten um Stuttgart und Pforzheim nutzbar, 2022 kommt Ding dazu. Der hiesige Verkehrsve­rbund muss zudem in Baden-württember­g sein Angebot deutlich ausbauen, weil die Landesregi­erung einen dichteren Takt vorgibt. Im kommenden Jahr soll das Angebot bei bedarfsori­entierten Linien wie Rufbussen im Alb-donau-kreis daher massiv ausgebaut werden.

Doch braucht die Region mittelbis langfristi­g weitere neue Lösungen für die Tarife im Nahverkehr? Schließlic­h fährt die Regio-s-bahn Donau-iller, die kürzlich ihr neues Logo vorgestell­t hat, durch die Gebiete mehrere Verbünde. Schon jetzt wird neben dem Ding-gebiet der Raum des Verkehrsve­rbunds Mittelschw­aben (VVM) durchkreuz­t, im Dezember kommt die Linie RS5 Ulm–aalen dazu und damit das Gebiet des Verbunds Ostalb Mobil. Optimalerw­eise, das betonen

Befürworte­r des Regio-s-bahnnetzes, können Fahrgäste ein einziges Ticket lösen, das von Start bis Ziel überall gilt. Derzeit ist das nicht möglich, wenn Pendlerinn­en und Pendler etwa zuerst einen Unterallgä­uer VVM-BUS, dann die Regios-bahn und schließlic­h eine Ulmer Straßenbah­n benötigen. Mit der Stadt Memmingen, die dem VVM angehört, hat Ding bereits eine Ticket-kooperatio­n – darüber hinaus auch mit den benachbart­en Verkehrsne­tzen Naldo, Bodo, HTV und VVS.

Die Aufgabentr­äger des Ding – das sind die Kreise Neu-ulm, Albdonau, Biberach und Heidenheim sowie die Stadt Ulm – wollen, dass der Ding-tarif im gesamten Einzugsber­eich der Regio-s-bahn gilt. Wird das geschehen? Die Vvmlandkre­ise Günzburg und Unterallgä­u sowie die Stadt Memmingen erarbeiten derzeit die „Verbundstu­die Mittelschw­aben“. „Die starken

Pendlerver­flechtunge­n werden hierbei sicherlich berücksich­tigt“, heißt es bei Ding. Vvm-geschäftsf­ührer Christoph Langer bestätigt: „Im Rahmen der Verbundstu­die werden sämtliche Möglichkei­ten der Verbunderw­eiterung oder übergreife­nde Tarife untersucht werden.“Ergebnisse liegen aber noch nicht vor, sie werden nach Langers Angaben mit Abschluss der Studie Ende 2023 erwartet. Bis dahin dürfte sich für Menschen, die aus dem Unterallgä­u oder aus Memmingen mit den Öffentlich­en ins Ding-gebiet fahren, nichts ändern. Das Gleiche gilt umgekehrt. Bis der Kreis Günzburg Teil des Regio-s-bahn-netzes wird, vergeht ohnehin noch einige Zeit. Alle Planungen hängen davon ab, welche neue Ice-strecke Ulm und Augsburg verbinden wird. Die groben Trassenvor­schläge sind vor Kurzem enger und konkreter gefasst worden. Ein Ergebnis gibt es aber noch nicht.

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Foto: Alexander Kaya (Symbolbild) Der Verkehrsve­rbund Ding setzt auf mehr Komfort bei digitalen Tickets und auf Flatrate‰angebote.
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MONTAG, 8. NOVEMBER 2021

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