Dervolkswagen-chef macht den Beschäftigten nurangst
Leitartikel Herbert Diess steht nach seinen Job-abbauplänen massiv in der Kritik und hat
das Vertrauen des Betriebsrates verloren. Warum der Manager drei große Fehler begeht
Angst ist ein schlechter Ratgeber. Das gilt besonders für das Management. Denn wer wie Vw-chef Herbert Diess die Beschäftigten mit Horrorszenarien über einen massiven Job-abbau tief verunsichert, erreicht vor allem eines: Menschen versperren sich notwendigen Veränderungen. Oder wie es Ig-metall-chef und Volkswagen-aufsichtsrat Jörg Hofmann sagt: „Ein Trainer, der keinen Zugang zur Mannschaft hat, verliert das Spiel auf dem Platz.“Genau das Schicksal scheint der Volkswagen-boss zu erleiden, sodass schon vom „Diessaster“die Rede ist.
Dabei begeht Diess vor allem drei Fehler, mit denen er Gesamtbetriebsratschefin Daniela Cavallo derart unnötig gegen sich aufgebracht hat, dass sein Stuhl wackelt. Das erste Defizit ist ein kommunikatives: Statt einen weiteren, im
Zuge der Elektrifizierung nötigen Stellenabbau hinter den Kulissen mit dem Betriebsrat zu besprechen, spielt der Manager das Thema öffentlich aus. Das ist in einem speziellen Konzern wie VW besonders töricht. Denn bei dem Riesen kann es im Aufsichtsrat 12:8 für die Mannschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen. In normalen Aktiengesellschaften stellt die Arbeitgeberseite zehn von 20 Abgesandten und hat dank des Doppelstimmrechts des zu ihrer Gruppe zählenden Chefs des Gremiums die Mehrheit. Bei VW kann die zehnköpfige Beschäftigtenbank mit den beiden Vertretern des Landes und Großaktionärs Niedersachsen indes klar in Führung gehen. Spdministerpräsident und Vw-aufsichtsrat Stephan Weil lehnt dabei erwartbar die Job-abbaupläne ab.
Das kleine Volkswagen-einmaleins kennt Diess natürlich. Umso unverständlicher ist es, dass er die Macht-arithmetik nicht berücksichtigt. Der Münchner müsste auch wissen, dass 2022 Landtagswahlen in Niedersachsen anstehen. Weil braucht dann Ruhe an der Vwjob-front
als wichtigstem Arbeitgeber Niedersachsens. Diess ist also entweder schlecht beraten oder beratungsresistent. Das gilt gerade für den zweiten Fehler, den er immer wieder (und damit wohl vorsätzlich) begeht: Denn der 63-Jährige stilisiert Tesla-chef Elon Musk zu einer Art alttestamentarischem Auto-gott, der über dem Wolfsburger Stammsitz mit einer Keule schwebt. Die Keule ist das neue deutsche Werk des Us-autobauers. Diess arbeitet hier wiederum mit dem Brecheisen der Angst, indem er Beschäftigten in Wolfsburg vorrechnet, um wie viel produktiver die Tesla-fabrik im Vergleich zum Vw-stammsitz arbeiten wird.
Um die Vw-gemeinde anzuspornen, ruft der Angstmacher ihr wie in einer Litanei zu: „Der nächste Golf darf kein Tesla sein. Der nächste Golf darf nicht aus China kommen.“Kein Wunder, dass Cavallo von den ewigen Tesla-vergleichen genervt ist. Wenn Diess lustvoll mit einem Finger auf Musk deutet, zeigen drei zurück, weil der Amerikaner es viel besser als der Bayer verstanden hat, die Versorgung mit Chips sicherzustellen. Der Halbleitermangel ist bei der Marke VW derart groß, dass Beschäftigten allein schon angesichts von Kurzarbeit angst und bange wird.
All das könnte Diess, auch wenn sich die Porsches und Piëchs noch einmal hinter ihn gestellt haben, zum Verhängnis werden. Dabei wird ihm eine dritte Schwäche angekreidet: Denn er hat als Vertreter der Generation 60plus die sozialen Medien massiv für sich entdeckt und geht hier, wie es seinem Naturell entspricht, provokativ vor: Doch seine Selfies mit Musk und Job-drohungen kommen schlecht an. Wenn der Manager nicht bald umsteuert und den notwendigen Wandel mit mehr Einfühlungsvermögen und Diskretion wie etwa BMW-CHEF Oliver Zipse gestaltet, könnte seine Karrierefahrt ein vorzeitiges Ende nehmen.
Der Bayer stilisiert
Elon Musk zu einem Auto-gott