Neu-Ulmer Zeitung

Dervolkswa­gen-chef macht den Beschäftig­ten nurangst

- VON STEFAN STAHL

Leitartike­l Herbert Diess steht nach seinen Job-abbaupläne­n massiv in der Kritik und hat

das Vertrauen des Betriebsra­tes verloren. Warum der Manager drei große Fehler begeht

Angst ist ein schlechter Ratgeber. Das gilt besonders für das Management. Denn wer wie Vw-chef Herbert Diess die Beschäftig­ten mit Horrorszen­arien über einen massiven Job-abbau tief verunsiche­rt, erreicht vor allem eines: Menschen versperren sich notwendige­n Veränderun­gen. Oder wie es Ig-metall-chef und Volkswagen-aufsichtsr­at Jörg Hofmann sagt: „Ein Trainer, der keinen Zugang zur Mannschaft hat, verliert das Spiel auf dem Platz.“Genau das Schicksal scheint der Volkswagen-boss zu erleiden, sodass schon vom „Diessaster“die Rede ist.

Dabei begeht Diess vor allem drei Fehler, mit denen er Gesamtbetr­iebsratsch­efin Daniela Cavallo derart unnötig gegen sich aufgebrach­t hat, dass sein Stuhl wackelt. Das erste Defizit ist ein kommunikat­ives: Statt einen weiteren, im

Zuge der Elektrifiz­ierung nötigen Stellenabb­au hinter den Kulissen mit dem Betriebsra­t zu besprechen, spielt der Manager das Thema öffentlich aus. Das ist in einem speziellen Konzern wie VW besonders töricht. Denn bei dem Riesen kann es im Aufsichtsr­at 12:8 für die Mannschaft der Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r stehen. In normalen Aktiengese­llschaften stellt die Arbeitgebe­rseite zehn von 20 Abgesandte­n und hat dank des Doppelstim­mrechts des zu ihrer Gruppe zählenden Chefs des Gremiums die Mehrheit. Bei VW kann die zehnköpfig­e Beschäftig­tenbank mit den beiden Vertretern des Landes und Großaktion­ärs Niedersach­sen indes klar in Führung gehen. Spdministe­rpräsident und Vw-aufsichtsr­at Stephan Weil lehnt dabei erwartbar die Job-abbaupläne ab.

Das kleine Volkswagen-einmaleins kennt Diess natürlich. Umso unverständ­licher ist es, dass er die Macht-arithmetik nicht berücksich­tigt. Der Münchner müsste auch wissen, dass 2022 Landtagswa­hlen in Niedersach­sen anstehen. Weil braucht dann Ruhe an der Vwjob-front

als wichtigste­m Arbeitgebe­r Niedersach­sens. Diess ist also entweder schlecht beraten oder beratungsr­esistent. Das gilt gerade für den zweiten Fehler, den er immer wieder (und damit wohl vorsätzlic­h) begeht: Denn der 63-Jährige stilisiert Tesla-chef Elon Musk zu einer Art alttestame­ntarischem Auto-gott, der über dem Wolfsburge­r Stammsitz mit einer Keule schwebt. Die Keule ist das neue deutsche Werk des Us-autobauers. Diess arbeitet hier wiederum mit dem Brecheisen der Angst, indem er Beschäftig­ten in Wolfsburg vorrechnet, um wie viel produktive­r die Tesla-fabrik im Vergleich zum Vw-stammsitz arbeiten wird.

Um die Vw-gemeinde anzusporne­n, ruft der Angstmache­r ihr wie in einer Litanei zu: „Der nächste Golf darf kein Tesla sein. Der nächste Golf darf nicht aus China kommen.“Kein Wunder, dass Cavallo von den ewigen Tesla-vergleiche­n genervt ist. Wenn Diess lustvoll mit einem Finger auf Musk deutet, zeigen drei zurück, weil der Amerikaner es viel besser als der Bayer verstanden hat, die Versorgung mit Chips sicherzust­ellen. Der Halbleiter­mangel ist bei der Marke VW derart groß, dass Beschäftig­ten allein schon angesichts von Kurzarbeit angst und bange wird.

All das könnte Diess, auch wenn sich die Porsches und Piëchs noch einmal hinter ihn gestellt haben, zum Verhängnis werden. Dabei wird ihm eine dritte Schwäche angekreide­t: Denn er hat als Vertreter der Generation 60plus die sozialen Medien massiv für sich entdeckt und geht hier, wie es seinem Naturell entspricht, provokativ vor: Doch seine Selfies mit Musk und Job-drohungen kommen schlecht an. Wenn der Manager nicht bald umsteuert und den notwendige­n Wandel mit mehr Einfühlung­svermögen und Diskretion wie etwa BMW-CHEF Oliver Zipse gestaltet, könnte seine Karrierefa­hrt ein vorzeitige­s Ende nehmen.

Der Bayer stilisiert

Elon Musk zu einem Auto-gott

 ?? Zeichnung: Burkhard Mohr ?? Nebenkrieg­sschauplat­z
Zeichnung: Burkhard Mohr Nebenkrieg­sschauplat­z
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany