Eine CSU-FRAU, die nicht aufgibt
Porträt Ulrike Scharf musste als Abgeordnete und Ministerin Rückschläge hinnehmen
und Widerstände überwinden. Jetzt streitet sie für die Frauen in ihrer Partei
So ein Einstieg in die Politik ist nicht jedem gegönnt. Ulrike Scharf, Landesvorsitzende der Frauen-union, hat als junge Frau ganz oben angefangen in der CSU. 1994 war das, im ersten Landtagswahlkampf von Edmund Stoiber. Sein Wahlkampfbus wurde vom Reiseunternehmen ihrer Eltern gestellt und Scharf hatte, damals erst 26 Jahre alt, die organisatorische Begleitung übernommen. „Da habe ich Lunte gerochen“, sagt sie. Im Jahr darauf trat sie in die CSU ein – und musste dann als Frau in einer von Männern dominierten Partei doch wieder ganz unten anfangen.
Das Rüstzeug, um sich durchzusetzen, hatte sie. Das Elternhaus in Maria Thalheim, einem Ortsteil der Gemeinde Fraunberg im Landkreis Erding, war katholisch geprägt und „immer schon sehr politisch“. Und die Männerwelt schreckte sie von
Anfang an nicht. „Ich bin mit drei Brüdern aufgewachsen.“Aber sie musste Widerstände überwinden und Rückschläge hinnehmen.
Erst ging es steil nach oben. Die gelernte Bankkauffrau und Diplombetriebswirtin übernahm nach Abschluss ihres Studiums Führungsfunktionen im Orts-, Kreis- und Bezirksvorstand der CSU, wurde Mitglied im Kreistag und rückte 2006 für den ehemaligen bayerischen Wirtschaftsminister
Otto Wiesheu als Listenkandidatin in den Landtag nach. Doch schon 2008, nachdem die CSU bei der Wahl massiv Stimmen verloren hatte, war es damit wieder vorbei – Scharf hatte keinen eigenen Stimmkreis. Den erstritt sie sich im zweiten Anlauf.
Im Frühjahr 2013 setzte sich Scharf im Kreisverband gegen den bis dahin amtierenden Stimmkreisabgeordneten durch und zog mit 49,8 Prozent der Erststimmen in den Landtag ein. Wenige Monate später holte Ministerpräsident Horst Seehofer sie als Umweltministerin ins Kabinett. Doch als Seehofer 2018 nach Berlin wechselte und Markus Söder Regierungschef wurde, war es auch damit wieder vorbei. Scharf hatte sich in der CSU den Ruf erworben, eine eigene Meinung zu vertreten – etwa mit ihrem Nein zu einem Skilift am Riedberger Horn, als Gegnerin einer dritten Startbahn am
Flughafen München oder als Befürworterin eines dritten Nationalparks. Aus der Ministerin wurde wieder die Abgeordnete Scharf.
Seit 2019 streitet sie als Vorsitzende der Frauen-union hauptamtlich für die Sache der Frauen in der CSU. „Schon seit 15 oder 20 Jahren“, so sagt sie, „laufen unserer Partei die jungen, städtisch geprägten und akademisch gebildeten Wählerinnen davon. Wenn wir so weitermachen wie bisher, hat die CSU als Volkspartei keine Zukunft.“Um mehr Zustimmung bei Frauen zu erfahren, müsse die CSU wieder auf allen Feldern Präsenz zeigen – auch in der Umweltpolitik, im Sozialen und in der Kultur. „Wir müssen an unserem Gesamtbild arbeiten“, sagt Scharf. Eine neue Debatte um eine erweiterte Frauenquote in der CSU schließt sie dabei nicht aus. Uli Bachmeier