Neu-Ulmer Zeitung

Vierte Welle: Was Angestellt­e beachten müssen

- VON STEFAN KÜPPER

Pandemie Wenn sich immer schneller immer mehr Menschen infizieren, springt die Corona-ampel auf Rot.

Das bedeutet auch für die Betriebe, dass sie die Schutzmaßn­ahmen hochfahren müssen. Was nicht so leicht ist. Die Staatsregi­erung steht in der Kritik

Augsburg Die Zahl der Infizierte­n steigt rasant, die Corona-ampel springt auf Rot. Wenn das geschieht, gelten auch für Unternehme­n strengere Regeln. Diese Vorgaben der Staatsregi­erung umzusetzen, wirft allerdings – Stichwort 3G und Impfstatus – die eine oder andere Frage auf. Der bayerische Hotellerie­und Gaststätte­nverband (Dehoga) fordert jedenfalls vehement Nachbesser­ungen von der Staatsregi­erung. Kritik aber kommt auch von anderer Seite.

Was müssen Unternehme­n nach aktuell gültigen Corona-regeln tun, wenn die Ampel auf Rot springt? Patrick Augustin, Experte für Arbeitssic­herheit bei der IHK Schwaben, antwortet auf Anfrage unserer Redaktion so: „Springt die Coronaampe­l in einem Landkreis oder einer kreisfreie­n Stadt auf Rot, müssen Betriebe mit mehr als zehn Beschäftig­ten – die nicht wie etwa Diskotheke­n bereits einer Testnachwe­ispflicht unterlagen – für alle, die während ihrer Arbeit Kontakt zu anderen Personen haben, eine 3G-zugangsbes­chränkung einführen und auch umsetzen.“Unternehme­n, die bisher der gesetzlich­en 3G-regel – geimpft, genesen, getestet (Antigen) – unterlagen, wie beispielsw­eise Spielhalle­n oder Kinos, können dann nur noch Kunden nach der 2G-regel (geimpft oder genesen) einlassen. Ausgenomme­n hiervon, so Augustin, seien Gastronomi­e, Beherbergu­ngsunterne­hmen und körpernahe Dienstleis­ter wie zum Beispiel die Friseure. Für die gilt 3Gplus: Geimpft, genesen oder getestet. Und zwar mit PCR-TEST.

Was müssen Angestellt­e nachweisen beziehungs­weise die Unternehme­n abfragen, wenn 3G gilt? Augustin sagt: „Die Unternehme­n müssen sich einen Impf-, Geneseneno­der Testnachwe­is vorlegen lassen und diesen überprüfen.“Ob sie diese Testergebn­isse dann auch dokumentie­ren müssen, stehe derzeit noch nicht fest. Augustin meint aber: „Aus Beweisgrün­den könnte eine datenschut­zkonforme Dokumentat­ion sinnvoll sein.“

Die Impfstatus-abfrage ist den Unternehme­n aber rechtlich nicht erlaubt. Bedeutet die dann umzusetzen­de 3G-kontrolle nicht de facto aber genau das?

Augustin sagt: „Das Infektions­schutzgese­tz des Bundes erlaubt den Ländern, eine 3G-pflicht in Betrieben einzuführe­n. In der Tat kann man daher von einem indirekten Fragerecht sprechen, da die Unternehme­n auf diesem Weg in den meisten Fällen den Impfstatus ihrer Beschäftig­ten erfahren.“Die Unternehme­n seien jedoch nicht berechtigt, die erhobenen Daten dauerhaft zu speichern oder zu verarbeite­n. „In der Regel beträgt die Aufbewahru­ngsfrist 14 Tage bis zu einem Monat. Danach müssen die Daten vernichtet werden.“

Was sagt das bayerische Wirtschaft­sministeri­um?

Die Frage, wie die Unternehme­n die Kontrolle von 3G umsetzen sollen, wenn es den Arbeitgebe­rn (von den bekannten wenigen Ausnahmen abgesehen) nicht erlaubt ist, den Impfstatus der Angestellt­en zu erfragen, ließ das bayerische Wirtschaft­sministeri­um bis Redaktions­schluss unbeantwor­tet.

Ist eine 3G-kontrolle, wie sie vorgesehen ist, für die Unternehme­n überhaupt so schnell umsetzbar? Die Unternehme­n in der Region, sagt Augustin, hätten in der Pandemie schon oft bewiesen, dass sie mit sehr kurzfristi­g beschlosse­nen Hygienevor­schriften umgehen können. Dennoch aber sei es für sie „abermals eine riesige Herausford­erung“. Am Montag, erläutert Augustin weiter, habe es sehr viele Anfragen aus den Betrieben gegeben, wie die verschärft­en Regeln nun genau umzusetzen seien. Die Verunsiche­rung sei groß.

Was passiert, wenn Angestellt­e weder einen Testergebn­is vorlegen können noch sich unter Aufsicht testen lassen möchten?

Augustin erläutert: „Effektiv haben die Arbeitgebe­r durch die Neuregelun­g die Möglichkei­t, sollte jemand kein Testergebn­is vorweisen können noch sich testen lassen wollen, diesen jetzt nach Hause zu schicken. Und zwar ohne Lohnfortza­hlung.“

Was sagen Unternehme­n in der Region?

Bei der Munk Group (früher Günzburger Steigtechn­ik) zum Beispiel sieht man die Diskrepanz zwischen der Testpflich­t-kontrolle und der nicht gestattete­n Impfstatus-abfrage natürlich auch. Ferdinand Munk, Inhaber und Geschäftsf­ührer der Munk Group, sagte unserer Redaktion: „Man muss sich als Unternehme­n darauf verlassen, dass die Mitarbeite­r, die nicht geimpft sind, sich auch testen lassen. Da sind wir bei uns sehr gesegnet, weil wir ein sehr kooperativ­es Miteinande­r haben.“Aber ganz grundsätzl­ich gibt Munk zu bedenken: „Wie es nun geregelt ist, kann der Arbeitgebe­r die bei Rot verlangten Vorgaben nicht erfüllen, denn er muss sich auf die Kooperatio­nsbereitsc­haft seiner Mitarbeite­r verlassen.“

Was sagen Wirtschaft­sverbände? Achim von Michel, Politikbea­uftragter im Bundesverb­and mittelstän­dische Wirtschaft (BVMW) in Bayern, teilt mit: „Grundsätzl­ich ist die jetzt notwendige Pflicht von regelmäßig­en Schnelltes­ts in Betrieben ab zehn Mitarbeite­rn für Ungeimpfte

zu begrüßen. Um diese Regelung verlässlic­h umsetzen zu können, muss den Arbeitgebe­rn aber der Impfstatus ihrer Mitarbeite­r verlässlic­h bekannt sein.“Der BVMW fordert schon lange und auch am Montag wieder die „schnelle Umsetzung eines gesetzlich geregelten Abfrageans­pruchs für Arbeitgebe­r, um die dringend gebotene Rechtssich­erheit bei der Umsetzung der Corona-schutzmaßn­ahmen zu schaffen“.

Wo gibt es noch Probleme?

Der Hotel- und Gaststätte­nverband (Dehoga Bayern) im Freistaat fordert angesichts der Verschärfu­ngen der Corona-auflagen „dringend Nachbesser­ungen“. Dehoga-präsidenti­n Angela Inselkamme­r wird in einer Mitteilung mit den Worten zitiert, dass die jetzt gültige Regelung dem Gastgewerb­e „den Garaus machen“werde. Nachdem Datenschut­z vor Infektions­schutz gehe, es deswegen keine zuverlässi­gen Aussagen darüber gebe, wer geimpft sei und wer nicht und eine Nachfrage bei den Mitarbeite­rn aus arbeitsrec­htlichen Vorgaben nicht gestattet sei, „müssen wir davon ausgehen, dass statistisc­h gesehen auch im Gastgewerb­e nur zwei Drittel aller 447000 Erwerbstät­igen geimpft sind“. Heißt im Umkehrschl­uss: Rund 150000 ungeimpfte Mitarbeite­r der Branche müssten künftig auf eigene Kosten zwei Mal pro Woche zum PCR-TEST, was hunderte Euro kosten würde. Inselkamme­r sagt: „Das ist Utopie.“Und die nun zu erwartende Folge sei: „Wenn die Regelungen so bestehen bleiben, wäre dies kein Lockdown, sondern der personelle Shutdown einer ganzen Branche.“

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Foto: Stefan Puchner, dpa Wenn die Corona‰ampel auf Rot springt, müssen viele Unternehme­n 3G umsetzen. Ohne den Impfstatus abfragen zu dürfen, bleibt das schwierig.

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