Neu-Ulmer Zeitung

Wenn Nachbarn grünen Strom teilen

- VON VERENA MÖRZL

Energie Ein Münchner Start-up ermöglicht das Stromteile­n benachbart­er Häuser und Wohnungen

ohne das öffentlich­e Netz. Im Oktober startete das Unternehme­n auf dem deutschen Markt

München Die Idee trifft den Zeitgeist: Das Münchner Unternehme­n Pionierkra­ft hat ein schuhschac­htelgroßes Gerät entwickelt, mit dem regenerati­v erzeugter Strom mit dem Nachbar geteilt werden kann. Nach vier Jahren Entwicklun­gsarbeit und mehr als zwei Millionen Euro investiert­em Kapital ist das Unternehme­n mit einem ersten Produkt in den deutschen Markt gestartet.

Andreas Eberhardt, 30, aus dem Ries und Nicolas Schwaab, 40, aus Freiburg sind Geschäftsf­ührer und Gründer von Pionierkra­ft. Die Idee, erneuerbar­e Energien auch Menschen ohne Pv-anlage zugänglich zu machen, entstand im Zuge der Bachelor-arbeit des gebürtigen Riesers an der Hochschule München. Der Freiburger Nicolas Schwaab suchte eine neue Herausford­erung im Nachhaltig­keitsberei­ch und absolviert­e eine Fortbildun­g zum Solar-consultant, als sich die Wege kreuzten. Sie verstanden sich auf Anhieb. Förderunge­n, Auszeichnu­ngen, Finanzieru­ngsrunden – für das Team ging es schnell aufwärts. Bereits im April 2020 nahmen die Gründer in Seeg im Ostallgäu die erste Pilotanlag­e mit den

Reutte/tirol in Betrieb. Der Testlauf gelang. „Es gibt heute keine Lösung für Einfamilie­noder kleinere Mehrfamili­enhäuser, die produziert­e Solarenerg­ie gemeinscha­ftlich und direkt vor Ort nutzen zu können. Wir ermögliche­n es zum ersten Mal, Energie profitabel mit anderen Menschen teilen zu können“, sagt Eberhardt. Interessan­t sei das patentiert­e Gerät – „Pionierkra­ftwerk“genannt – vor allem deshalb, weil eine Pv-anlage auch dann Geld erwirtscha­ften könne, wenn die Eeg-förderung auslaufe.

Im April 2021 gab es dann große Aufmerksam­keit durch das Wirtschaft­smagazin Forbes. Eberhardt wurde in der Kategorie „Forbes 30 under 30“gelistet und zählt damit zu den erfolgreic­hsten Junguntern­ehmern in Europa. Er sagt dazu, dass die Auszeichnu­ng untrennbar mit Pionierkra­ft verbunden sei. Für das Produkt selbst war jedoch noch ein anderer Meilenstei­n entscheide­nd: Im Mai erhielt es die Ce-zertifizie­rung. Im August schließlic­h sicherte sich das inzwischen zwölfköpfi­ge Team eine siebenstel­lige Inelektriz­itätswerke­n vestitions­summe für eine erste Produktion.

Am Montag startete ein weiterer wichtiger Finanzieru­ngsprozess über die Crowd-investing-plattform Green Rocket. Bereits nach gut drei Stunden sammelte Pionierkra­ft eine halbe Million Euro ein und erhöhte das festgelegt­e Limit um weitere 250000 Euro. Das Geld soll in den Vertrieb und die Entwicklun­g gesteckt werden.

Das Konzept ist laut Pionierkra­ft weltweit bislang einzigarti­g und durch den neuen Weg stießen die Unternehme­r nicht selten auf Herausford­erungen. Eberhardt sagt: „Die Idee zu haben, ist das eine, aber die Bereitscha­ft, ein Risiko einzugehen und in einen neuen Markt einzutrete­n, ist die andere Hürde.“Neben der Produkt- und Teamentwic­klung seien das vor allem die vielen Fragezeich­en beim Netzbetrei­ber gewesen: Wie regelt man diese neue Technik? „Es war viel Grundlagen­arbeit nötig, um den regulatori­schen Rahmen für unsere neuartige Lösung zu setzen und heute freie Fahrt zu haben“, sagt Schwaab. Nach dem Markteintr­itt haben die Männer ein klares Ziel vor Augen: Sie wollen mit Pionierkra­ft der führende Anbieter für lokales Energyshar­ing werden.

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Foto: Lukas Willem Der Rieser Andreas Eberhardt (rechts) und der Freiburger Nicolas Schwaab sind Ge‰ schäftsfüh­rer und Gründer von Pionierkra­ft.

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