Neu-Ulmer Zeitung

Hoffen auf den Renngott

- VON MILAN SAKO

Motorsport Mercedes befindet sich plötzlich in der Außenseite­rrolle

und benötigt nun Beistand von ungewohnte­r Seite

Mexiko‰stadt Die Formel 1 versteht sich nicht nur als Königsklas­se des Motorsport­s. Sie ist auch eine Ansammlung von Egomanen, die sich selbst stark reden. Es gilt die Ellbogen auszufahre­n – gegen den Kontrahent­en, gegen den eigenen Garagenkol­legen und niemals Schwäche zu zeigen, selbst wenn man einen Berg an Problemen am Auto oder in der Mannschaft hat. Insofern ist die Aussage von Toto Wolff nach der Niederlage von Mexiko bemerkensw­ert. Der Mercedes-teamchef muss auf Beistand von oben hoffen, um im Titelrenne­n mit den überlegene­n Red Bulls und deren bärenstark­em Honda-motor nicht frühzeitig abgehängt zu werden. „Wir müssen beginnen, besser zu performen und vielleicht auch auf den Renngott hoffen“, meinte Wolff nach dem Großen Preis von Mexiko.

Max Verstappen baute mit seinem neunten Saisonsieg seine Wmführung auf satte 19 Punkte aus. Von einer Vorentsche­idung angesichts von vier noch ausstehend­en Rennen zu sprechen, verbietet sich. Auch weil es für einen Sieg 25 Zähler gibt. Doch die Bullen haben sich im Laufe der Saison einen Vorteil gegenüber den Silberpfei­len erarbeitet. Zum Rennauftak­t in Mexiko sandte Verstappen eine fahrerisch­e Demonstrat­ion der Stärke an die Konkurrenz. Die entscheide­nde Szene gleich nach dem Start: Der Holländer erkannte reaktionss­chnell die Lücke, bremste als Letzter vor der ersten Kurve und gab dem Mercedes-duo Valtteri Bottas und Lewis Hamilton das Nachsehen.

Später drehte Verstappen einsam seine Runden an der Spitze. 16,5 Sekunden Vorsprung am Ende auf den Zweitplazi­erten Hamilton sind ein Klassenunt­erschied in der Formel 1. Der Brite musste eher nach hinten als nach vorne blicken, um Sergio Perez im zweiten Red Bull auf Rang drei zu halten. „Wir geben alles, aber im Moment ist es nicht genug, um mit ihnen mithalten zu können“, räumte Hamilton ein, der nun schon seit fünf Rennen nicht mehr gewonnen hat.

In der Schlusspha­se der Saison bleibt weder Fans noch Fahrern die Gelegenhei­t, durchzusch­naufen. Bereits am Sonntag in Brasilien folgt der nächste Lauf. Die Historie dürfte den Silberpfei­len kaum schmecken. Das bisher letzte Brasilienr­ennen 2019 gewann Max Verstappen. Der Holländer zeigt sich auf den Moment fokussiert, denkt von Rennen zu Rennen. „Ich denke nicht an den Wm-pokal, wir müssen bis zum Ende weiterkämp­fen“, sagt der 24-Jährige. In der Garage nebenan wird gegrübelt. Wenn sie ihre Form „in die nächsten Rennen hinüberneh­men“, meinte Hamilton fast mahnend, „werden wir Probleme haben.“Die Performanc­e der Bullen setzt den Briten unter Siegzwang. „Ich habe natürlich das Gefühl, dass ich jedes Rennen gewinnen muss, denn wir brauchen diese zusätzlich­en Punkte“, räumte Hamilton ein. Sein Teamchef hofft nicht nur auf Beistand von oben, sondern schöpft auch Mut aus der Vergangenh­eit: „Jeder Punkt zählt. Wir haben Weltmeiste­rschaften gesehen, die wegen eines halben oder eines ganzen Punktes verloren wurden“, sagte Wolff und fügte an: „Daher muss man um jeden einzelnen kämpfen und dranbleibe­n.“Während sich Mercedes mit Allgemeinp­lätzen Mut zuredet, strotzt Verstappen vor Selbstvert­rauen.

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Foto: Fernando Llano, dpa Der geschlagen­e Lewis Hamilton (links) applaudier­t dem Mexiko‰sieger Max Ver‰ stappen, der im Wm‰rennen klar vorne liegt.

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