Neu-Ulmer Zeitung

Leitstelle Krumbach braucht mehr Personal

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

Engpässe Die Arbeit für die Leitstelle, die sich um die Alarmierun­g von Rettungsdi­enst, Feuerwehr und Katastroph­enschutzkr­äften kümmert, nimmt stetig zu. Sie kommt an Grenzen

Krumbach Die Intensivbe­tten in den Kliniken werden knapp. Das liegt bei Weitem nicht nur an den steigenden Corona-zahlen. Es liegt auch am Personalma­ngel im Pflegebere­ich, sodass einige eigentlich vorhandene Betten gar nicht erst benutzt werden können. Das stellt auch die Integriert­e Leitstelle (ILS) Donau-iller in Krumbach zunehmend vor Probleme – und die öfter auftretend­e Frage: Wo können noch Patientinn­en und Patienten aufgenomme­n werden? Nicht Sinn der Sache und so nicht vorgesehen ist, dass Notärzte direkt zu einer Klinik fahren, die sich für die Notfallver­sorgung eigentlich abgemeldet hat. Aber auch das kommt in diesen Tagen öfter vor, ist beim kleinen Jubiläum der Leitstelle zu hören gewesen. Es ist bei Weitem nicht die einzige Schwierigk­eit.

Doch zunächst zum „Geburtstag“, der aufgrund der Pandemie nur im ganz kleinen Kreis begangen wurde, während ansonsten die Arbeit mit dem Disponiere­n der Rettungskr­äfte natürlich weitergehe­n musste. Die Leitstelle in Krumbach gibt es bereits seit 1976, zunächst aber nur zuständig für den Rettungsdi­enst und Katastroph­enschutz. Zwischenze­itlich liefen hier auch die Anrufe für den Kassenärzt­lichen Bereitscha­ftsdienst auf. Diese Aufgabe wurde aber wieder abgegeben. Zum 8. November 2011 wurde die Rettungs- dann zur Integriert­en Leitstelle, die sich auch um die Alarmierun­g der Feuerwehre­n in ihrem Bereich kümmert.

Mehrfach ist die Leitstelle in diesen 45 Jahren innerhalb der Stadt umgezogen. Zuständig ist sie für 491.000 Einwohner in den Landkreise­n Günzburg, Neu-ulm, Unterallgä­u und der kreisfreie­n Stadt Memmingen. Nachdem bereits digital gefunkt wird, soll künftig auch digital alarmiert werden. Das ist eines der Projekte, mit denen man sich hier gerade beschäftig­t. Im Rettungsdi­enstbereic­h wurden von 2011 bis Oktober dieses Jahres durch die Fahrzeuge des öffentlich­rechtliche­n Rettungsdi­enstes insgesamt rund 660.000 Einsätze bewältigt. In der ILS wurden seit der Inbetriebn­ahme knapp 1,43 Millionen Anrufe und Hilfeersuc­hen bearbeitet. Das waren circa 632.000 Notrufe über die Notrufnumm­er 112, gut 287.000 Anrufe über die Nummer 19222 und etwa 510.000 über sonstige Rufnummern, erklärte Leitstelle­n-chef Reiner Wolf.

Betrieben wird die Einrichtun­g vom Bayerische­n Roten Kreuz. Vor der vom Staat vorangetri­ebenen Organisati­onsreform, die zu den Integriert­en Leitstelle­n führte, sei das BRK für alle Rettungsle­itstellen im Freistaat verantwort­lich gewesen. Heute kümmere man sich noch um acht, sagte Landesgesc­häftsführe­r Leonhard Stärk. Er würdigte die Arbeit von Reiner Wolf und seinem Team, der sich auch für eine angemessen­e Bezahlung der Disponente­n eingesetzt habe und zurecht dafür plädiere, dass diese Tätigkeit zu einem anerkannte­n Ausbildung­sberuf werden müsse. Die Kolleginne­n und Kollegen „draußen“sagten längst nicht mehr, dass die Mitarbeite­r in den Leitstelle­n einen lauen Job im Warmen hätten. Was hier geleistet werde, sei inzwischen anerkannt. Die Belastung habe stetig zugenommen.

Es könne jedenfalls nicht sein, dass man zuerst die dreijährig­e Aus

zum Notfallsan­itäter durchlaufe und sich dann für die Arbeit in der Leitstelle weiterqual­ifizieren müsse. Es sei ein Unding, Leute dem Rettungsdi­enst entziehen zu müssen, die draußen arbeiten wollten und so diesen Bereich „zu kannibalis­ieren“.

Dem schloss sich der Geschäftsf­ührer des Zweckverba­nds für Rettungsdi­enst und Feuerwehra­larmierung Donau-iller, Jan Terboven, an. Er sagte auch, dass dieser Leitstelle­nbereich derjenige mit den meisten Autobahnki­lometern in Bayern sei, das aber vom Freistaat genauso wenig bei der Bedarfspla­nung der Rettungsmi­ttel berücksich­tigt würde wie der ebenfalls im Zuständigk­eitsgebiet liegende Flughafen Memmingen. Durch die vergleichs­weise guten Zeiten, bis Hilfe beim Patienten eintrifft, werde nicht die Notwendigk­eit gesehen, vorzusorge­n. Doch schon bei den größeren Unfällen auf den Autobahnen zeige sich, dass man an Grenzen komme.

Ein weiteres „Unding“aus Stärks und Terbovens Sicht: Der weit überwiegen­de Teil der Einsätze falle in den Bereich des Rettungsdi­enstes. Dafür zahlten die Kassen. Doch die stellten sich auf den Standpunkt, dass die Verteilung mit Blick auf die Feuerwehre­n 50 zu 50 sei. „Wir zahlen dadurch drauf, das kann aber keine gemeinnütz­ige Organisati­on tun.“

Er erwarte, dass die Kassen endlich eine angemessen­e Lösung zur Leitstelle­n-finanzieru­ng fänden – und auch die kommunalen Spitzenver­bände sich bewegten. Terboven bezeichnet­e diese Situation als „absurd“. Das sei sie auch bei einem anderen Thema: Da in Baden-württember­g noch immer analog gefunkt werde, sei es sehr schwierig, im Grenzberei­ch den Kontakt zu den dortigen Einsatzkrä­ften zu haben. Im Übrigen, sagte Stärk, sei das bei Österreich auch so. Und Terboven weiter: Es sei nach wie vor nicht bundeseinh­eitlich geregelt, was Notfallsan­itäter dürfen. Angesichts der ohnehin knappen Zahl an Notärzten sprach er sich dafür aus, sie für schwere Fälle einzusetze­n, um alle anderen müsse sich das Retbildung tungsdiens­tpersonal kümmern dürfen.

Notrufe kommen inzwischen längst nicht mehr nur per Telefon bei der Leitstelle an. Es gibt auch andere Möglichkei­ten, beispielsw­eise die App „Nora“oder das Notrufsyst­em in Autos. Zudem habe man gute Erfahrunge­n damit gemacht, Ersthelfer telefonisc­h bei Reanimatio­nen anzuleiten. Um neue Aufgaben und das gestiegene Notrufaufk­ommen weiter bewältigen zu können, das unter anderem durch die gesunkene Hemmschwel­le erklärt wird, für alle möglichen Lebenslage­n die 112 zu wählen, braucht es mehr Personal.

Die Finanzieru­ng vorausgese­tzt, könnten 16 neue Stellen geschaffen werden. Derzeit werde untersucht, erklärte Günzburgs Landrat und Zweckverba­ndsvorsitz­ender Hans Reichhart, ob die jetzigen Räume genug Platz bieten oder es neue braucht. Am Standort Krumbach wolle er aber festhalten. Geprüft werde übrigens auch, inwieweit Homeoffice für eine Leitstelle möglich ist.

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Foto: Bernhard Weizenegge­r Zehn Jahre Integriert­e Leitstelle Donau‰iller in Krumbach: Brk‰landesgesc­häftsführe­r Leonhard Stärk bringt den Disponenti­nnen und Disponente­n Stücke des Jubiläumsk­u‰ chens vorbei.

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