Intensivbetten in Bayern sind fast alle belegt
Corona Krankenhausärzte schlagen Alarm:
Haben praktisch Vollauslastung
München Wer in Bayern in den nächsten Tagen oder Wochen schwer erkrankt, kann nur noch hoffen, rechtzeitig einen Platz auf einer Intensivstation zu bekommen. Das gilt nicht nur für Corona-patienten, sondern auch für Menschen, die zum Beispiel einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt erleiden. Nur noch vier Prozent der Intensivbetten seien aktuell frei, betonte der Geschäftsführer der Kliniken Starnberg und ärztliche Leiter der Krankenhauskoordinierung, Thomas Weiler, am Donnerstag in München bei einer Pressekonferenz der Staatsregierung. „Das ist praktisch Vollauslastung“, sagte er.
Um die dramatische Situation des bayerischen Gesundheitssystems zu beschreiben, wählte Weiler einen Fußballvergleich einer abgekämpften Mannschaft in der Verlängerung: „Wir haben nur noch acht Mann auf dem Feld stehen und die Ersatzbank ist leer.“Schon jetzt müssten Rettungsleitstellen oft zwei Stunden und länger telefonieren, bis sie für einen akuten Notfall in einem Krankenhaus ein freies Bett finden.
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte am Donnerstag Experten zu einer Videokonferenz zusammengerufen, um über die aktuelle Situation in der vierten Welle der Corona-pandemie zu beraten. Neben Weiler trat hinterher auch der stellvertretende Stationsleiter der Intensivstation in der München Klinik Bogenhausen, Markus Schopper, mit einem leidenschaftlichen Appell fürs Impfen vor die Presse. Er berichtete, dass fast 90 Prozent seiner Covid-patienten nicht geimpft seien. Bei den Intensivpatienten mit Impfdurchbrüchen handle es sich praktisch durchweg um immungeschwächte Patienten. Schopper warnte: „Es ist ein Trugschluss, dass es junge Leute nicht treffen kann.“Und er berichtete von einem Long-covid-patienten, der erst nach mehr als 100 Tagen die Intensivstation
verlassen konnte und jetzt, ein Jahr später, immer noch berufsunfähig sei. „Menschen, die nicht geimpft sind, sollten sich wirklich überlegen, ob sie das wollen“, sagte Schopper.
Gemeinsam mit Gesundheitsminister Klaus Holetschek und Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) forderte Söder eine konzertierte Aktion von Bund und Ländern. Er spricht sich für eine partielle Impfpflicht für bestimmte Berufe aus, etwa für Bedienstete im Gesundheitswesen und in der Pflege. Er fordert flächendeckende Zugangsbeschränkungen für öffentliche Veranstaltungen – deutschlandweit sollen nach der 2G-regelung nur noch Geimpfte und Genesene Zutritt haben. In Discos und Clubs sollte es darüber hinaus verpflichtende Tests geben (2G plus). In Bayern will er den Freien Wählern, seinem Koalitionspartner in der Staatsregierung, einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten.
Von der Ministerpräsidentenkonferenz in der kommenden Woche erwartet sich Söder zudem weitere Beschlüsse. So sollten Arbeitgeber ein Auskunftsrecht über den Status ihrer Mitarbeiter erhalten, der Bund müsse erneut die Kosten für das Freihalten von Intensivbetten übernehmen und Zuschläge für das medizinische Personal steuerfrei stellen. Die bisherigen Pläne der Ampelparteien in der Pandemiebekämpfung sind nach Söders Auffassung unzureichend.
Im Bundestag hatte Finanzminister Olaf Scholz (SPD), der mutmaßlich neue Bundeskanzler, zuvor betont: „Wir müssen gewissermaßen unser Land winterfest machen.“Es müsse alles getan werden, „dass Millionen Bürgerinnen und Bürger eine Auffrischimpfung bekommen – das ist die Aufgabe der nächsten Wochen und Monate“. Zudem solle 3G am Arbeitsplatz eingeführt werden, also Zugang nur noch für Geimpfte, für Genesene und Getestete. »Kommentar, Politik, Bayern