Neu-Ulmer Zeitung

Die etwas andere Aktivistin

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Porträt Diana zur Löwen wurde mit Mode-videos bekannt. Heute ist sie vor allem Politik-erklärerin. Jetzt richtet sie einen Appell an die Ampelkoali­tionäre

Sie habe Glück gehabt, schreibt Diana zur Löwen auf ihrem Instagram-profil. Glück, dass sie, als sie Hilfe brauchte, nur 15 Wochen auf einen Therapiepl­atz warten musste, nicht 22 oder 24. Denn das ist die durchschni­ttliche Zeit, die Menschen in Deutschlan­d ausharren müssen, wenn sie eine von der Krankenkas­se bezahlte Psychother­apie beginnen wollen.

Eine lange Zeit, zu lang, findet Diana zur Löwen, 26 Jahre alt und eine der bekanntest­en Influencer­innen Deutschlan­ds. Sie produziert Bilder und Videos für Instagram, Youtube oder Tiktok, allein auf Instagram haben eine Million Menschen ihren Kanal abonniert. Um auf die lange Wartezeit bei Therapiepl­ätzen aufmerksam zu machen, hat die Unternehme­rin eine Petition gestartet. Die Forderung: Die neue Regierung soll mehr Plätze schaffen, das Thema mentale Gesundheit in den Koalitions­vertrag aufgenomme­n werden. Innerhalb weniger Tage haben rund 80000 Menschen die Petition unterschri­eben, darunter prominente Unterzeich­nerinnen wie Schauspiel­erin Nora Tschirner.

Diana zur Löwen spricht nicht zum ersten Mal über ihre eigene psychische Gesundheit. Auf ihrem Instagram-profil schreibt die 26-Jährige offen darüber, wie es ihr geht und mit welchen Problemen sie kämpft. Mit ihrem

Themenmix aus Politik, Feminismus und

Mode gehört zur

Löwen zu den einflussre­ichsten „Sinnfluenc­ern“in Deutschlan­d, zu einer Gruppe von Influencer­n also, die sich verstärkt mit Nachhaltig­keit und Selbstlieb­e beschäftig­en und sich mit der Klimabeweg­ung „Fridays for Future“solidarisi­eren. Zur Löwen sieht sich selbst als eine Art „Übersetzer­in“, hat sie einmal dem Spiegel erzählt. „Ich will Interesse wecken und die Hemmschwel­le senken, damit die Leute sich mehr mit Politik befassen.“Dafür nutzt sie die klassische­n Mittel der sozialen Medien, dreht schnelle Videos und veröffentl­icht profession­elle Fotos von sich.

Vor einigen Jahren war das noch anders. Da zeigte zur Löwen vor allem, wie sie sich kleidet, welches Make-up sie benutzt. Ihr Weg hat ähnlich wie der vieler Youtuberin­nen und Influencer

begonnen: Mit 14 begann sie zu bloggen, mit 16 nahm sie die ersten Internet-videos auf, damals noch zu Hause in einem kleinen Ort in Hessen. Doch irgendwann, hat sie der taz erzählt, habe sie gemerkt, dass sie eine Verantwort­ung habe und selbst etwas bewegen könne. „Da habe ich mir gesagt: Okay, es gibt bestimmte Dinge, über die ich selbst auch noch gar nicht so viel weiß, und ich kann bei meinem eigenen Lernprozes­s meine Zuschauer einfach mitnehmen.“

Politisier­t hat zur Löwen sich nach eigener Aussage durch die Klimabeweg­ung. Da habe sie gemerkt, dass sie lauter werden müsse, damit die Politik sie auch hört, sagt sie. Laut werden will sie nun auch mit der Petition für mehr Therapiepl­ätze. Ob sie jemand hört, werden allerdings erst die nächsten Wochen zeigen. Sarah Schierack

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