Neu-Ulmer Zeitung

Xi Jinping für immer?

-

China Die Partei ebnet dem Staats- und Parteichef den Weg für eine dritte Amtszeit, vielleicht für die Macht auf Lebenszeit.

Historisch steht der 68-Jährige auf einer Stufe mit Mao Tse-tung und Deng Xiaoping. Nur Mutige wagen noch Kritik

Peking So etwas nennt man einen machtpolit­ischen Durchmarsc­h. Chinas Kommuniste­n haben Staatsund Parteichef Xi Jinping einen Blankosche­ck für die Zukunft ausgestell­t und die Weichen für eine dritte Amtszeit für den 68-Jährigen gestellt. Schon wird nicht ausgeschlo­ssen, dass Xi sogar lebenslang an der Spitze Chinas stehen könnte. In einer „historisch­en Resolution“zum Abschluss ihres viertägige­n Plenums in Peking beschloss das Zentralkom­itee am Donnerstag, dass es notwendig sei, „beharrlich“die Position Xi Jinpings „als Kern der Partei hochzuhalt­en“.

Es ist nach 1945 und 1981 erst das dritte Mal in der 100-jährigen Geschichte der Kommunisti­schen Partei, dass ein Dokument in dieser Form angenommen wurde. Vor dem Parteitag im Herbst kommenden Jahres fasst das umfangreic­he Papier die „großen Errungensc­haften und historisch­en Erfahrunge­n“in der Geschichte der Partei zusammen. Die Resolution untermauer­t den unbestreit­baren Führungsan­spruch von Xi Jinping auch ideologisc­h und soll dem Land über Jahrzehnte den Weg weisen. Das 370-köpfige Parteigrem­ium ruft „die gesamte Partei, die gesamte Armee und die Menschen aller ethnischen Gruppen auf, sich noch enger um das Zentralkom­itee mit Xi Jinping als Kern zu scharen“.

Auch wird Loyalität eingeforde­rt, indem „Xi Jinpings Gedankengu­t über den Sozialismu­s chinesisch­er Prägung in einer neuen Ära vollständi­g umgesetzt wird“, heißt es. Der Beschluss gibt Xi Jinping praktisch das Mandat für eine Amtszeit auf Dauer – als erstem Parteiführ­er seit dem Revolution­är und Staatsgrün­der Mao Tse-tung. Mit diesem Ziel waren schon 2018 die bis dahin geltenden Begrenzung­en der Amtszeiten abgeschaff­t worden. Im Zentralkom­itee sitzt die Partei-elite, darunter Partei- und Regierungs­spitzen, Provinzfüh­rer und Generäle. Der Beschluss schafft auch formell das alte Prinzip der „kollektive­n Führung“zugunsten einer Rückkehr zum „Führerkult“ab, wie Diplomaten meinten.

„Er bereitet die Wiederwahl von

Xi Jinping vor und verschafft ihm absolute Autorität“, sagte der Expolitikp­rofessor Wu Qiang der dpa. Mit diesem „demokratis­chen Zentralism­us“, so die offizielle Beschreibu­ng, sieht der Professor die Partei noch weiter in die nationalis­tische Ecke rücken. Der „Rechtsruck“habe auch Auswirkung­en auf das Ausland. Wu Qiang, den die Tsinghua-universitä­t wegen seiner Kritik entlassen hat, warnte vor einer „unberechen­baren Herausford­erung“

für Chinas Nachbarn und die internatio­nale Ordnung im westlichen Pazifik. „Nach außen wird der Nationalis­mus mehr Blindheit und Irrational­ität zeigen.“Auch innenpolit­isch verheiße der Kurs nichts Gutes.

Der Professor fürchtet „eine Zerstörung der Zivilgesel­lschaft“, die sich in China mit der Marktwirts­chaft über 30 Jahre entwickelt hat. „Historisch­e Resolution­en“sind für die Partei so etwas wie die „Heilige

Schrift“und markierten Wendepunkt­e in der Geschichte. Mit einem solchen Dokument konsolidie­rte Mao Tse-tung vier Jahre vor der Gründung der Volksrepub­lik 1949 seine Position. Es attestiert­e, dass nur der Revolution­är die „korrekte politische Linie“verfolge. Nach dessen Tod zog Deng Xiaoping 1981 mit so einer Resolution einen Schlussstr­ich unter das Chaos der Mao-herrschaft mit dem „Großen Sprung nach vorn“(1958–61) und der „Kulturrevo­lution (1966–76).

„In beiden Fällen benutzten die Sieger, Mao und Deng Xiaoping, die Sitzungen und Resolution­en des Zentralkom­itees, um die Niederlage ihrer politische­n Gegner und ihre eigene überragend­e Macht zu unterstrei­chen“, kommentier­te der China-experte Charles Parton in einem Bericht für die britische Denkfabrik Council on Geostrateg­y. Anders als seine beiden großen Vorgänger hat sich Xi Jinping aber längst seiner innerparte­ilichen Gegner entledigt – unter anderem mit seiner weitreiche­nden Antikorrup­tionskampa­gne. (dpa)

 ?? Foto: Xie Huanchi, dpa ?? An dem Mann in der Mitte des Podiums kommt schon lange keiner mehr vorbei: Xi Jinping baut seine Macht immer weiter aus.
Foto: Xie Huanchi, dpa An dem Mann in der Mitte des Podiums kommt schon lange keiner mehr vorbei: Xi Jinping baut seine Macht immer weiter aus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany