Schützenfest zum Löwabschied
Nationalmannschaft Die Dfb-auswahl kommt gegen überforderte und früh dezimierte Liechtensteiner zu einem
9:0-Erfolg. Ein Aussetzer der Gäste hatte das Spiel früh zugunsten der Flick-elf beeinflusst
Wolfsburg Anders als im März konnte Joachim Löw diesmal seinen Abschiedstermin nicht selbst bestimmen. Damals verkündete er, nach der EM im Sommer den Posten des Bundestrainers aufzugeben. Jetzt, einige Monate später, gab der ehemalige Arbeitgeber den Zeitpunkt vor. Ehe die kroatische Schiedsrichterin Ivana Martincic das bedeutungslose Wm-qualifikationsspiel gegen Leichtenstein anpfiff, verabschiedete der Deutsche Fußballbund (DFB) offiziell den ehemaligen Bundestrainer.
Vor der Nationalhymne versammelten sich langjährige Weggefährten auf dem Rasen der Wolfsburger Arena, darunter Mertesacker, Khedira, Höwedes oder Podolski. Sie bildeten einen Spalier, den Löw durchschritt. Es war nur ein kurzer Moment, kurze „Jogi“-sprechchöre, ein Abklatschen mit der aktuellen Mannschaft auf dem Rasen dann war sie endgültig vorbei, die Zeit mit Löw, der sich eine Rückkehr als Trainer vorstellen kann. „Die Lust und die Motivation kommen allmählich zurück“, sagte er bei RTL. Noch immer steckt viel von Löw in dieser Nationalmannschaft. So hat Thomas Müller 106 seiner seit Donnerstag 109 Länderspiele unter Löw absolviert. Dass es bislang nicht mehr sind, auch daran hat Löw Anteil. Hansi Flick hob hervor, dass er ohne Löw, der ihn einst als Assistent zum DFB holte, nicht der Trainer wäre, der er jetzt ist. Erst Titelsammler mit dem FC Bayern, nun Bundestrainer und Erneuerer einer Nationalmannschaft, die den Anschluss an die Weltspitze verloren hat. „Der Anruf von ihm hat damals mein Leben verändert. So wie mir geht es vielen“, betonte Flick. Mit Löw wollte der 56-Jährige nach dem Spiel im Teamhotel noch ein, zwei Gläser Rotwein trinken. Mit Sicherheit Inhalt des Gesprächs: die Partie, die Löw auf der Tribüne und Flick an der Seitenlinie miterlebte.
Der nie gefährdete 9:0 (4:0)-Erfolg gegen Lichtenstein wird aber nur kurz Thema gewesen sein, der Abend nahm einen erwartbaren Verlauf. Ein Jahr vor der WM in Katar, für die sich Deutschland längst qualifiziert hat, lässt sich die wahre Leistungsfähigkeit nur erahnen. Erst Kräftemessen mit Spanien, Italien, Frankreich oder England
werden Aufschluss geben, ob die reformierte Mannschaft titelfähig ist. Flick hätte die Partie gegen Liechtenstein nutzen können, um einer eingespielten Elf Automatismen einzuverleiben, doch wegen der zahlreichen Ausfälle war er zum Improvisieren gezwungen. Hofmann verteidigte rechts, Günter links. Im Zentrum fehlte der impfunwillige Kimmich, doch in Mittelfeld und Angriff war mit Goretzka, Gündogan, Müller, Sané und Reus ausreichend Länderspielerfahrung vorhanden. Auf der rechten Seite versuchte sich Baku, der schon im Hinspiel in der Startelf stand.
Schon vor dem Anpfiff waren die Kräfteverhältnisse ungleich verteilt, die Liechtensteiner trugen selbst dazu bei, dass sie noch ungleicher wurden. Mit seinem Kung-fu-tritt gefährdete Hofer erst die Gesundheit Goretzkas, danach sah er die Rote Karte. Den Strafstoß verwandelte Gündogan souverän zum 1:0 (11.). Ein Wirkungstreffer, von dem sich die Gäste nicht mehr erholten. Im Hinspiel hatten sie noch Widerstand geleistet, dezimiert waren sie in jeder Spielszene überfordert. Innerhalb von drei Minuten war die Begegnung durch ein Eigentor von Kaufmann (20.) sowie Treffer von Sané (22.) und Reus (23.) entschieden. Einzig die laxe Chancenverwertung stand einem weitaus höheren Ergebnis zur Pause im Weg. Sané (49.), Müller (76./86.) und Baku (80.) und der Liechtensteiner Maximilian Göppel per Eigentor (89.) holten das nach.