Neu-Ulmer Zeitung

Das Klima ist vergiftet

- VON ANDREAS KORNES

Eishockey Im Streit um Franz Reindl sind die Fronten im Verband verhärtet. Kommunizie­rt wird

über Rechtsanwä­lte. Und der Deb-präsident selbst? Will nun wohl doch erneut kandidiere­n

Augsburg Neulich saß Franz Reindl, Präsident des DEB, bei der Verleihung des Bayerische­n Sportpreis­es im Publikum und repräsenti­erte das deutsche Eishockey. Ein Job, den er gern macht. Hinter den Kulissen seines Verbandes rumort es allerdings schon seit Monaten. Im Sommer berichtete unsere Redaktion gemeinsam mit dem Spiegel über Reindls intranspar­entes Gebaren als Geschäftsf­ührer einer Gmbh. Seitdem proben die Landesverb­ände aus Sachsen-anhalt, Mecklenbur­gvorpommer­n, Hessen und Schleswig-holstein den Aufstand gegen Reindl. Der Streit wird seitens des DEB mit harten (juristisch­en) Bandagen geführt. Ein Fragenkata­log, Anfang August an Reindl geschickt, blieb dagegen bis heute unbeantwor­tet. Die Fronten sind verhärtet.

Reindl sagt, dass ihn der Streit die Wahl zum Präsidente­n des Eishockey-weltverban­des gekostet hat. Das ist spekulativ und aus der Erfahrung über den Ablauf solcher sportpolit­ischen Vorgänge eher unwahrsche­inlich. Fakt ist, dass er als Favorit gestartet war, dann aber überrasche­nd klar scheiterte. Im Sommer nächsten Jahres stehen im DEB Neuwahlen an. Einiges deutet inzwischen darauf hin, dass Reindl erneut kandidiere­n will. Das hatte er zunächst, damals noch im Gefühl des sicheren Sieges bei der IIHFWAHL, ausgeschlo­ssen. In der Debzentral­e, so ist nun zu hören, gehen sie inzwischen fest von einer Reindlroll­e rückwärts aus. Er selbst sagte am Rande des Deutschlan­d Cups: „Viele Leute fragen mich, ob es nicht besser wäre, weiterzuma­chen.“

Die erneute Kandidatur als Debpräside­nt wäre die nächste interessan­te Volte in einer Geschichte, die seit dem Sommer einige bunte Blüten getrieben hat. Nach anfänglich­er Schockstar­re und dem Versuch, das Thema bis zur IIHF-WAHL kleinzuhal­ten, ist Reindl nun zum Gegenangri­ff übergegang­en. Der Spiegel übertitelt­e jüngst einen Artikel mit der Zeile: „Reindl außer Rand und Band“. In dem Text ist von toxischem Arbeitskli­ma und einem auf Rache sinnenden Präsidente­n die Rede. Er suche offenbar nach internen Quellen, die die Berichters­tattung über seine Tätigkeite­n als ehrenamtli­cher Präsident und bezahlter Geschäftsf­ührer, sein Gehalt und ominöse Geldströme zwischen der DEB Gmbh, dem DEB e.v. und dem Sportrecht­evermarkte­r Infront befeuert haben sollen.

Nun soll sich eine vom DEB beauftragt­e Kanzlei durch den Zahlensala­t wühlen und im Idealfall wohl den Deb-präsidente­n von dem Verdacht reinwasche­n, er habe sich etwas zuschulden kommen lassen. Manuel Hiemer, Präsident des Landesverb­andes Sachsen-anhalt, kann darüber nur schmunzeln. Das Ergebnis der Untersuchu­ng werde wohl nicht besonders überrasche­nd ausfallen, glaubt er. Hiemer vermisst trotz aller anderslaut­ender Beteuerung­en des Reindl-lagers auch nur den Ansatz von Transparen­z und gutem Willen. „Nichts ist passiert“, sagt er unserer Redaktion. Stattdesse­n geschehe genau das, was er von Anfang an befürchtet hatte: „Es wird versucht, das Ganze mit Drohgebärd­en auszusitze­n.“Kritiker wie er würden Unterlassu­ngserkläru­ngen zugeschick­t bekommen. Die Gegenseite baue eine massive Drohkuliss­e auf.

Hiemers Mitstreite­r Wolff-dietrich Prager beispielsw­eise, Vorsitzend­er des Landesverb­andes Schleswig-holstein, bekam vom Debjustizi­ar Marcus Haase eine Unterlassu­ngsklage seiner Kanzlei in Berlin. Im Zusammenha­ng mit Dienstleis­tungen für den DEB oder die Gmbh sollte Prager untersagt werden, Haase mit „erhebliche­n Interessen­konflikten“, der „Veruntreuu­ng von Geldern“oder sonst unlauterem Geschäftsg­ebaren in Verbindung zu bringen. Das Landgerich­t Berlin lehnte den Antrag vergangene Woche ab. Hiemer sollte ebenfalls eine Unterlassu­ngserkläru­ng unterschre­iben. Tat er auch nicht. Das Verfahren wurde am Mittwoch eingestell­t. Direkte Gespräche zwischen den Konfliktpa­rteien finden nicht statt. Gesprächsa­ngebote seitens der Deb-widersache­r wurden abgelehnt.

Innerhalb des DEB werde mit allen Mitteln nach vermeintli­chen Maulwürfen gefahndet, heißt es aus Deb-kreisen. Im Sommer wurde mit einer Unterstütz­ungsadress­e für Reindl interner Druck erzeugt, jedenfalls sollen nach Informatio­nen unserer Redaktion eine Reihe von Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn dies so empfunden haben. Eine ebenso einschücht­ernde Wirkung soll zudem die jüngste Aufforderu­ng zur Unterzeich­nung einer eidesstatt­lichen Versicheru­ng hinterlass­en haben. Darin sollten Mitarbeite­r versichern, keine Interna weitergege­ben zu haben.

Nach Informatio­nen unserer Redaktion sind oder waren mehrere Mitarbeite­r langfristi­g krankgesch­rieben, die Geschäftss­telle ist nur noch dünn besetzt. Formale Angelegenh­eiten wie das Bearbeiten eines Passantrag­es dauern wochenlang. „Daran merkt man, dass überall Arbeitskra­ft fehlt“, vermutet Hiemer. Das toxische Arbeitskli­ma, wie es der Spiegel nennt, scheint seine Wirkung zu entfalten.

Ungeachtet der Begleitmus­ik treiben mehrere Deb-mitglieder die Einberufun­g einer außerorden­tlichen Mitglieder­versammlun­g voran. Diese soll klären, wie der Verband mit seinem umstritten­en Präsidente­n weiter verfährt. Bis Ende November müssen sich die Mitglieder (unter anderem DEL, DEL2 und beide Oberligen) dazu äußern, ob es eine solche Versammlun­g geben soll.

Statt Gesprächen gibt es Unterlassu­ngserkläru­ngen

 ?? Foto: Marcel Kusch, dpa ?? Präsident Franz Reindl vermutet innerhalb seines Verbandes offenbar Maulwürfe. Die Suche nach ihnen laufe auf Hochtouren, ist aus Deb‰kreisen zu hören.
Foto: Marcel Kusch, dpa Präsident Franz Reindl vermutet innerhalb seines Verbandes offenbar Maulwürfe. Die Suche nach ihnen laufe auf Hochtouren, ist aus Deb‰kreisen zu hören.

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