Das Klima ist vergiftet
Eishockey Im Streit um Franz Reindl sind die Fronten im Verband verhärtet. Kommuniziert wird
über Rechtsanwälte. Und der Deb-präsident selbst? Will nun wohl doch erneut kandidieren
Augsburg Neulich saß Franz Reindl, Präsident des DEB, bei der Verleihung des Bayerischen Sportpreises im Publikum und repräsentierte das deutsche Eishockey. Ein Job, den er gern macht. Hinter den Kulissen seines Verbandes rumort es allerdings schon seit Monaten. Im Sommer berichtete unsere Redaktion gemeinsam mit dem Spiegel über Reindls intransparentes Gebaren als Geschäftsführer einer Gmbh. Seitdem proben die Landesverbände aus Sachsen-anhalt, Mecklenburgvorpommern, Hessen und Schleswig-holstein den Aufstand gegen Reindl. Der Streit wird seitens des DEB mit harten (juristischen) Bandagen geführt. Ein Fragenkatalog, Anfang August an Reindl geschickt, blieb dagegen bis heute unbeantwortet. Die Fronten sind verhärtet.
Reindl sagt, dass ihn der Streit die Wahl zum Präsidenten des Eishockey-weltverbandes gekostet hat. Das ist spekulativ und aus der Erfahrung über den Ablauf solcher sportpolitischen Vorgänge eher unwahrscheinlich. Fakt ist, dass er als Favorit gestartet war, dann aber überraschend klar scheiterte. Im Sommer nächsten Jahres stehen im DEB Neuwahlen an. Einiges deutet inzwischen darauf hin, dass Reindl erneut kandidieren will. Das hatte er zunächst, damals noch im Gefühl des sicheren Sieges bei der IIHFWAHL, ausgeschlossen. In der Debzentrale, so ist nun zu hören, gehen sie inzwischen fest von einer Reindlrolle rückwärts aus. Er selbst sagte am Rande des Deutschland Cups: „Viele Leute fragen mich, ob es nicht besser wäre, weiterzumachen.“
Die erneute Kandidatur als Debpräsident wäre die nächste interessante Volte in einer Geschichte, die seit dem Sommer einige bunte Blüten getrieben hat. Nach anfänglicher Schockstarre und dem Versuch, das Thema bis zur IIHF-WAHL kleinzuhalten, ist Reindl nun zum Gegenangriff übergegangen. Der Spiegel übertitelte jüngst einen Artikel mit der Zeile: „Reindl außer Rand und Band“. In dem Text ist von toxischem Arbeitsklima und einem auf Rache sinnenden Präsidenten die Rede. Er suche offenbar nach internen Quellen, die die Berichterstattung über seine Tätigkeiten als ehrenamtlicher Präsident und bezahlter Geschäftsführer, sein Gehalt und ominöse Geldströme zwischen der DEB Gmbh, dem DEB e.v. und dem Sportrechtevermarkter Infront befeuert haben sollen.
Nun soll sich eine vom DEB beauftragte Kanzlei durch den Zahlensalat wühlen und im Idealfall wohl den Deb-präsidenten von dem Verdacht reinwaschen, er habe sich etwas zuschulden kommen lassen. Manuel Hiemer, Präsident des Landesverbandes Sachsen-anhalt, kann darüber nur schmunzeln. Das Ergebnis der Untersuchung werde wohl nicht besonders überraschend ausfallen, glaubt er. Hiemer vermisst trotz aller anderslautender Beteuerungen des Reindl-lagers auch nur den Ansatz von Transparenz und gutem Willen. „Nichts ist passiert“, sagt er unserer Redaktion. Stattdessen geschehe genau das, was er von Anfang an befürchtet hatte: „Es wird versucht, das Ganze mit Drohgebärden auszusitzen.“Kritiker wie er würden Unterlassungserklärungen zugeschickt bekommen. Die Gegenseite baue eine massive Drohkulisse auf.
Hiemers Mitstreiter Wolff-dietrich Prager beispielsweise, Vorsitzender des Landesverbandes Schleswig-holstein, bekam vom Debjustiziar Marcus Haase eine Unterlassungsklage seiner Kanzlei in Berlin. Im Zusammenhang mit Dienstleistungen für den DEB oder die Gmbh sollte Prager untersagt werden, Haase mit „erheblichen Interessenkonflikten“, der „Veruntreuung von Geldern“oder sonst unlauterem Geschäftsgebaren in Verbindung zu bringen. Das Landgericht Berlin lehnte den Antrag vergangene Woche ab. Hiemer sollte ebenfalls eine Unterlassungserklärung unterschreiben. Tat er auch nicht. Das Verfahren wurde am Mittwoch eingestellt. Direkte Gespräche zwischen den Konfliktparteien finden nicht statt. Gesprächsangebote seitens der Deb-widersacher wurden abgelehnt.
Innerhalb des DEB werde mit allen Mitteln nach vermeintlichen Maulwürfen gefahndet, heißt es aus Deb-kreisen. Im Sommer wurde mit einer Unterstützungsadresse für Reindl interner Druck erzeugt, jedenfalls sollen nach Informationen unserer Redaktion eine Reihe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dies so empfunden haben. Eine ebenso einschüchternde Wirkung soll zudem die jüngste Aufforderung zur Unterzeichnung einer eidesstattlichen Versicherung hinterlassen haben. Darin sollten Mitarbeiter versichern, keine Interna weitergegeben zu haben.
Nach Informationen unserer Redaktion sind oder waren mehrere Mitarbeiter langfristig krankgeschrieben, die Geschäftsstelle ist nur noch dünn besetzt. Formale Angelegenheiten wie das Bearbeiten eines Passantrages dauern wochenlang. „Daran merkt man, dass überall Arbeitskraft fehlt“, vermutet Hiemer. Das toxische Arbeitsklima, wie es der Spiegel nennt, scheint seine Wirkung zu entfalten.
Ungeachtet der Begleitmusik treiben mehrere Deb-mitglieder die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung voran. Diese soll klären, wie der Verband mit seinem umstrittenen Präsidenten weiter verfährt. Bis Ende November müssen sich die Mitglieder (unter anderem DEL, DEL2 und beide Oberligen) dazu äußern, ob es eine solche Versammlung geben soll.
Statt Gesprächen gibt es Unterlassungserklärungen