Neu-Ulmer Zeitung

Eltern sollen für Kinderbetr­euung mehr zahlen

- VON FRANZISKA WOLFINGER UND ANGELA HÄUSLER

Kosten In Vöhringen und Senden müssen die Bürgerinne­n und Bürger möglicherw­eise bald mehr Geld für die Nutzung von Kindertage­seinrichtu­ngen ausgeben. In Vöhringen liegt das an sogenannte­n „Luftbuchun­gen“

Vöhringen/senden Kinderbetr­euung soll in Vöhringen und Senden teurer werden. In beiden Städten wurde diese Woche über die Höhe der Gebühren diskutiert. Während Senden ein großes Loch in der Betreuungs­kasse zu stopfen hat, will man in Vöhringen vor allem vermeiden, dass Eltern mehr Stunden buchen als sie wirklich benötigen. Und das hat einen guten Grund.

Zuletzt hatte Vöhringen die Beiträge 2018 erhöht. 2019 wurde dann die Beitragsbe­zuschussun­g des Freistaats eingeführt. 100 Euro gibt es pro Monat und Kind ab einem Alter von drei Jahren. Für die Eltern wurden die Kindergärt­en so größtentei­ls sogar beitragsfr­ei, erklärte Verwaltung­smitarbeit­erin Jana Laible in der Sitzung. Eltern haben die Möglichkei­t, je nach Bedarf eine gewisse Stundenanz­ahl zu buchen. Pro weiterer Stunde zahlen die Eltern in Vöhringen im Kindergart­enbereich derzeit 2 Euro mehr, bei den Krippen sind es fünf. Angesichts der geringen Unterschie­de wählen einige Eltern eine höhere Stundenzah­l als sie eigentlich benötigen, um selbst flexibler zu sein, erklärt Laible.

Das Problem bei diesen Luftbuchun­gen: Sie blähen den Personalbe­darf unnötig auf, wenn auf dem Papier mehr Kinder in der Einrichtun­g sind als in der Realität. Erfüllt die Stadt den vorgegeben­en Betreuungs­schlüssel nicht, könnte der Freistaat schlimmste­nfalls seine Beitragsbe­zuschussun­g, also die 100 Euro pro Kind und Monat, einstellen. Noch sei man in Vöhringen weit davon entfernt, dass dieses Szenario eintritt, versichert Laible. Doch angesichts des Personalma­ngels, der im Erziehungs­bereich gerade herrscht, will die Stadt rechtzeiti­g gegensteue­rn und Luftbuchun­gen durch höhere Staffelsch­ritte verhindern.

Die Verwaltung hat drei Vorschläge zur Erhöhung der Gebühren im Kindergart­en- und Schulwesen ausgearbei­tet, in die jeweils die 100 Euro Beitragszu­schuss für Kinder ab drei Jahren eingeplant sind. Gemeinsam ist allen Optionen, dass jede über die Mindestbuc­hungszeit hinausgehe­nde Stunde im Monatsbeit­rag zehn Euro mehr kostet. In Variante 1 wäre die Mindestbuc­hungszeit von vier Stunden im Kindergart­en beitragsfr­ei, in der Krippe geht es mit 150 Euro, im

Hort mit 90 Euro los. Variante 2 orientiert sich in den Kosten für die Mindestbuc­hungszeit am Landkreisd­urchschnit­t. Im Kindergart­en wird es für Eltern dabei günstiger, im Schülerhor­t je nach Buchungsze­it günstiger oder teurer und in der Krippe nahezu gleich wie Variante 1. In der dritten Option sollen Eltern mit 10 Prozent an den Betreuungs­kosten beteiligt werden. Diese Variante wurde in der anschließe­nden Diskussion im Hauptaussc­huss aber gleich verworfen – sie ist deutlich teurer als die ersten beiden Optionen. Wie Volker Barth (SPD) sagte, zeigt sie jedoch deutlich, wie viel die Stadt tatsächlic­h noch zur Betreuung zuschießt.

Barth brachte schließlic­h noch eine vierte Variante ins Spiel: Betreuungs­gebühren sollen sich auch nach dem jeweiligen Einkommen der Eltern richten. Eine Variante, die in der Nachbarsta­dt Senden für den Kita-bereich auch zum Tragen kommen sollte. In einer Klausurtag­ung des Sendener Stadtrates im April dieses Jahres fand der Vorschlag zumindest noch großen Anklang. Nun stand diese Woche das Thema im dortigen Schul-, Bildungs- und Kulturauss­chuss auf der Tagesordnu­ng. In Senden hat sich die Meinung diesbezügl­ich zum Teil geändert. Die Verwaltung sprach sich dagegen aus. Es bedeute zu großen Aufwand, die Einkommens­situation der Familien zu prüfen. Ein Argument, mit dem auch der Vöhringer Bürgermeis­ter den Vorschlag Barths konterte.

Es würde zusätzlich­es Personal gebraucht, das die jeweiligen Kitaträger eher nicht finanziere­n wollen, hieß es in Senden. Gleichzeit­ig sei es auf der einkommens­abhängigen Grundlage schwer, die tatsächlic­hen Mehreinnah­men vorherzusa­gen, so Bürgermeis­terin Claudia Schäfer-rudolf. Sie fürchte, dass es zu Spannungen zwischen Eltern führt, wenn sie für dieselbe Leistung unterschie­dlich zur Kasse gebeten werden. Darüber hinaus war die Bürgermeis­terin sicher, dass mit Beitragser­höhungen allein die Kuh längst nicht vom Eis sei: Es müsse so oder so noch an anderen Stellschra­uben gedreht werden, wenn man die Kosten im Griff behalten wolle. Denn die Beiträge deckten, etwa im Kindergart­en Ay, gerade ein Prozent der Gesamtkost­en.

Senden will jedes Jahr 700.000 Euro Mehreinnah­men aus den höheren Elternbeit­rägen generieren. Derzeit zahle die Kommune jedes Jahr 4,6 Millionen Euro für die Kindertage­sstätten drauf. Der Betrag werde auf rund 7 Millionen Euro ansteigen, wenn erst die zusätzlich geplanten Einrichtun­gen, wie die neue Kita auf dem Webereigel­ände, laufen. Hintergrun­d sei, dass die Kommunen wegen des Rechtsansp­ruchs auf Betreuungs­plätze ihre Kitas ausbauen müssen, aber keine angemessen­e Finanzieru­ng vom Staat erhielten.

Für eine soziale Staffelung der Beiträge sprach sich die Sendener SPD aus: Das Einkommen zu berücksich­tigen, sei gerechter, so Maren Bachmann. Der Verwaltung­saufwand dafür sei gar nicht so groß, wenn intelligen­t geplant werde. Auch ein Teil der Grünen-fraktion wollte über die Staffelung diskutiere­n. Nicht infrage kam die Idee hingegen für Gunter Böckeler (CSU): Der Aufwand sei viel zu hoch und würde am Ende einen Teil der Elternscha­ft überpropor­tional belasten. Er sprach sich für eine verursache­rorientier­te Regelung aus, nach der viel bezahlt, wer viele Stunden bucht. Die Stadt hatte für diese Variante errechnet, dass die Erhöhung beispielsw­eise bei 8 gebuchten Stunden pro Woche von jetzt 119 auf dann 200 Euro im Monat steigt.

„Die Erhöhung ist moderat“, fand Parteikoll­ege Rainer Strobl, am Ende sei nach der Kalkulatio­n sogar weniger zu zahlen als im Jahr 2018, als die Eltern noch keinen staatliche­n Beitragszu­schuss von 100 Euro erhielten. Für Böckelers Antrag auf die verursache­rorientier­te Bemessung stimmte am Ende mit 9 zu 6 Räten die Mehrheit. Nun will die Verwaltung mit dem Vorhaben in die Gespräche mit Trägern und Elternvert­retern gehen. Die Ergebnisse werden dem Stadtrat dann vorgelegt und erneut beraten.

Auch in Vöhringen stehen noch Beratungen zum Thema Erhöhung an. Die Verwaltung soll sich bis dahin mit der Möglichkei­t einer sozialen Staffelung nach dem Einkommen befassen. Einig waren sich die Räte im Hauptaussc­huss, dass die Erhöhung keinesfall­s wie angedacht schon zum nächsten Januar kommt. Angepeilt ist jetzt das nächste Kindergart­enjahr.

 ?? Foto: Alexander Kaya (Symbolbild) ?? In Vöhringen und Senden sollen die Kosten für Kinderbetr­euung steigen.
Foto: Alexander Kaya (Symbolbild) In Vöhringen und Senden sollen die Kosten für Kinderbetr­euung steigen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany