Gefälschte Impfpässe fliegen in Sendener Apotheke auf
Kriminalität Der Druck auf Ungeimpfte steigt, mancher greift zu illegalen Mitteln. Nun durchsuchte die Polizei Wohnungen
Senden 3G, 3G plus oder sogar nur 2G: Mit steigender Corona-inzidenz nehmen vielerorts auch die Zugangsbeschränkungen wieder zu. Der Druck auf Ungeimpfte steigt. Wer sich aber partout nicht impfen lassen, aber weiterhin weitestgehend „normal“am Alltagsleben teilnehmen möchte, greift womöglich auch zu illegalen Mitteln und besorgt sich einen gefälschten Impfpass. Dass das nach hinten losgehen kann, zeigt ein aktueller Fall aus einer Apotheke in Senden. Die Polizei hat Wohnungen in Ulm und dem Kreis Neu-ulm durchsucht. Ermittelt wird gegen mehrere Personen aus der Region.
Anfang der Woche, an zwei Tagen direkt hintereinander, hatten Menschen in einer Apotheke in Senden versucht, sich einen digitalen Impfausweis zu besorgen. Die Mitarbeiterin erkannte dabei allerdings, dass es sich bei den vorgezeigten Impfpässen um Fälschungen handelte. Unter einem Vorwand vertröstete sie daher die Kunden und informierte zeitgleich die Polizei. Die Beamten konnten die mutmaßlichen Betrüger noch vor Ort antreffen.
Ein Vorfall ereignete sich am vergangenen Dienstag. Hier hatte ein 41-Jähriger aus dem Kreis Neuulm versucht, sich mit einem gefälschten Impfpass einen digitalen Impfausweis zu besorgen. Der Mann konnte von der Polizei angetroffen werden. Die Staatsanwaltschaft ordnete daraufhin eine Wohnungsdurchsuchung an. Dabei entdeckten die Ermittler den gefälschten Impfpass. Hinweise darauf, wie der 41-Jährige zu diesem kam, ob er ihn womöglich bei jemandem erworben haben könnte, liegen der Polizei nicht vor.
Anders sieht die Sache aber beim zweiten Vorfall aus, der sich bereits am Tag zuvor, am vergangenen Montag, in derselben Apotheke in Senden ereignete. Hier versuchte ein Ehepaar aus dem Kreis Neuulm – ein 31-Jähriger und seine 28 Jahre alte Frau – ebenfalls ihr Glück. Doch auch ihr Betrugsversuch wurde durchschaut. Das Paar zeigte sich gegenüber den Ermittlern jedoch geständig, sodass die Beamten den mutmaßlichen Vertreiber der beiden gefälschten Impfpässe ausfindig machen konnten. Dabei handelt es sich um einen 34-Jährigen aus Ulm.
Auch hier ordnete die Staatsanwaltschaft eine Durchsuchung seiner Wohnung an. Dabei wurden neben einer geringen Menge Betäubungsmitteln
auch mehrere gefälschte Impfpässe gefunden. Um wie viele Pässe es sich dabei genau handelte, konnte die Polizei auf Nachfrage nicht sagen. Unklar ist außerdem, ob das Ehepaar für die Exemplare etwas gezahlt hat.
Gegen den 34-Jährigen, aber auch gegen den 41-Jährigen sowie das Ehepaar wurden nun Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Polizei weist daraufhin: Obwohl derzeit
Meinungen kursieren würden, dass derartige Handlungen keinen Strafbestand erfüllen, sieht die zuständige Staatsanwaltschaft in Memmingen das komplett anders. Der Tatbestand der Urkundenfälschung sei sehr wohl erfüllt.
Zwar habe die Polizei bereits im Sommer mit einer höheren Zahl an gefälschten Impfpässen in der Region gerechnet. Jedoch habe sich diese Erwartung nicht bestätigt. Lediglich bei Kontrollen im Grenzbereich oder am Flughafen Memmingen sei es während der Urlaubszeit vereinzelt zu etwaigen Feststellungen gekommen. Zwar würden sich in jüngster Zeit auch „im platten Land“– und dazu zählt für den Sprecher des in Kempten ansässigen Polizeipräsidiums Schwaben Süd/ West auch der Kreis Neu-ulm – etwaige Vorfälle häufen. Allerdings weiterhin im „relativ niederschwelligen Bereich“. Zudem sei im gesamten Präsidiumsbereich kein Fall einer „richtigen Fälscherwerkstatt“bekannt, die gleich mehrere Hundert gefälschte Impfpässe in Umlauf gebracht haben könnte.
Ähnlich äußert sich auch Franziska Utzinger, Sprecherin der Apotheken in den Kreisen Neu-ulm und Unterallgäu. „Ich selber hatte noch keinen“, sagt sie. Ihr seien auch in der Region keine Fälle bekannt. Lediglich in anderen Landkreisen und in Großstädten sei das ein Thema. Allerdings gibt sie zu bedenken: „Theoretisch dürften wir Apotheker aus Datenschutzgründen etwaige Vorgänge gar nicht anzeigen.“Dazu bräuchte es das Einverständnis des Besitzers des Impfpasses. „Wir machen es aber trotzdem“, sagt Utzinger. So seien auch die Absprachen mit den Behörden.