Neu-Ulmer Zeitung

Wer nicht lernt, steckt sich an

- VON ULI BACHMEIER

Am Sonntag kurzfristi­g eine Pressekonf­erenz einzuberuf­en, hatte erkennbar zwei Motive: Markus Söder wollte in der Coronapoli­tik noch einmal Alarm schlagen und die Ampelkoali­tionäre in Berlin, insbesonde­re die zaudernde FDP, zu konsequent­erem Handeln in der Pandemiebe­kämpfung drängen. Und er wollte dem täglich lauter werdenden Vorwurf entgegentr­eten, er selbst gehe in der Corona-politik in Bayern nicht entschloss­en genug voran.

Tatsache ist: Wieder einmal war das Virus schneller als die Politik, wieder einmal bestimmte der Wunsch nach Normalität und nicht die Einsicht in die Realität der Pandemie das Handeln. Das gilt für alle politisch Verantwort­lichen, aber am wenigsten für Söder und seine Kollegen in Baden-württember­g oder Sachsen. Dort, wo die Infektions­zahlen zuerst in die Höhe geschossen sind, wurde der neue Ernst der Lage zuerst erkannt und im Rahmen der Länderkomp­etenz auch zuerst gehandelt. Söder kann bestenfall­s vorgeworfe­n werden, in Bayern zu zögerlich gewesen und in zu kleinen, nicht immer nachvollzi­ehbaren Schritten vorangegan­gen zu sein. Vielleicht schreckte er auch davor zurück, einen Sturm der Empörung auf sich zu ziehen, solange er eine Mehrheit in der Gesellscha­ft gegen sich sah.

Wie unerträgli­ch langsam die Lernprozes­se vor sich gehen, zeigt sich derzeit in Hamburg. Dort wird ernsthaft überlegt, wie das dicht gedrängte Halligalli auf der Reeperbahn mit einer 3G-regelung über den Winter zu retten ist, statt aus den bitteren Erfahrunge­n im Süden der Republik zu lernen. Wer nicht lernt, steckt sich an.

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