EU hatte noch nie so viel Geld
Warum die Einigung
zum Etat 2022 in letzter Minute gelang
Brüssel Wenn in Brüssel viel Geld auf dem Spiel steht, ziehen sich die Gespräche hin. So auch diesmal beim Eu-haushalt, immerhin geht es um Milliarden. Und so kam es kaum überraschend, dass die Unterhändler des Europaparlaments auf der einen Seite und die Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten auf der anderen Seite bis spät in die Nacht auf Dienstag um Einigung rangen. Am Ende zog weißer Rauch in den Brüsseler Nachthimmel auf: 2022 sollen rund 169,5 Milliarden Euro ausgegeben werden – fünf Milliarden Euro mehr als für den Haushalt dieses Jahres vorgesehen war.
Als Erfolg schreiben sich vor allem die Abgeordneten auf die Fahnen, mehr Geld für die Bereiche Jugend, Klimaschutz und Gesundheit herausgehandelt zu haben. „Es ist uns gelungen, ein starkes Budget zu sichern, das den Weg für eine starke Erholung ebnet“, sagte der für das Parlament verhandelnde Kroate Karlo Ressler. Dabei hatten er und seine Kollegen mit ihrer Forderung, das Personal im Parlament um 322 Stellen aufzustocken, fast für ein Platzen der Gespräche gesorgt. Die Vertreter der Regierungen hatten den Wunsch mangels Erklärung zuerst zurückwiesen. Ressler begründete die Extra-stellen dann damit, dass das Parlament nur so seine Kontrollfunktion bei den Coronahilfen ausüben und die Rolle als Gesetzgeber erfüllen könne. So setzten sich die Abgeordneten durch.
Mit dem milliardenschweren Paket will Brüssel unter anderem dafür sorgen, die wirtschaftlichen Folgen
Ein Drittel des Etats geht in die Landwirtschaft
der Corona-pandemie abzufedern und den Klimaschutz zu fördern. Außerdem fließt wie jedes Jahr ein Großteil der Mittel in die Unterstützung von Landwirten und ärmere Regionen der Staatengemeinschaft. Fast ein Drittel aller Gelder fließt an die Bauern. Das Paket, so hieß es vonseiten des Rats, werde den laufenden Aufschwung und die Ziele im Bereich der Klima- und Digitalpolitik weiter unterstützen.
Da Europaparlament und Euländer gemeinsam über den Haushalt entscheiden, müssen sie sich auf einen Kompromiss einigen. Grundlage dafür ist stets der Vorschlag der Kommission. Dieser belief sich auf 167,8 Milliarden Euro. Hätten sich Rat und Parlament nicht verständigen können, wäre es an Eu-haushaltskommissar Johannes Hahn gewesen, einen neuen Entwurf vorzulegen. Entsprechend groß fiel die Erleichterung aus. „Die Einigung bestätigt, dass alle Institutionen dazu bereit sind, für einen Haushalt Kompromisse einzugehen, mit dem eine nachhaltige Erholung und der für die EU so notwendige Wandel zum Nutzen aller unterstützt wird“, so der Österreicher.
Vieles deutet also darauf hin, dass 2022 in Europa ein Jahr des Geldausgebens werden könnte. Aufgrund des Wiederaufbauprogramms „Next Generation EU“, mit dem die Erholung der Wirtschaft in den Euländern unterstützt werden soll, stehen insgesamt so viele Mittel wie noch nie für die Finanzierung europäischer Projekte zur Verfügung. Das Instrument ergänzt den normalen Gemeinschaftshaushalt und sieht über mehrere Jahre Hilfen von 750 Milliarden Euro vor. Deutschland steuert mehr als ein Fünftel der Mittel zum Etat bei und ist damit der größte Nettozahler. Gleichzeitig, so wird Berlin gegenüber Kritikern nicht müde zu betonen, profitiere die Bundesrepublik von der Mitgliedschaft im europäischen Binnenmarkt so stark wie keine andere Volkswirtschaft in der EU.