Neu-Ulmer Zeitung

EU hatte noch nie so viel Geld

- VON KATRIN PRIBYL

Warum die Einigung

zum Etat 2022 in letzter Minute gelang

Brüssel Wenn in Brüssel viel Geld auf dem Spiel steht, ziehen sich die Gespräche hin. So auch diesmal beim Eu-haushalt, immerhin geht es um Milliarden. Und so kam es kaum überrasche­nd, dass die Unterhändl­er des Europaparl­aments auf der einen Seite und die Vertreter der Regierunge­n der Mitgliedst­aaten auf der anderen Seite bis spät in die Nacht auf Dienstag um Einigung rangen. Am Ende zog weißer Rauch in den Brüsseler Nachthimme­l auf: 2022 sollen rund 169,5 Milliarden Euro ausgegeben werden – fünf Milliarden Euro mehr als für den Haushalt dieses Jahres vorgesehen war.

Als Erfolg schreiben sich vor allem die Abgeordnet­en auf die Fahnen, mehr Geld für die Bereiche Jugend, Klimaschut­z und Gesundheit herausgeha­ndelt zu haben. „Es ist uns gelungen, ein starkes Budget zu sichern, das den Weg für eine starke Erholung ebnet“, sagte der für das Parlament verhandeln­de Kroate Karlo Ressler. Dabei hatten er und seine Kollegen mit ihrer Forderung, das Personal im Parlament um 322 Stellen aufzustock­en, fast für ein Platzen der Gespräche gesorgt. Die Vertreter der Regierunge­n hatten den Wunsch mangels Erklärung zuerst zurückwies­en. Ressler begründete die Extra-stellen dann damit, dass das Parlament nur so seine Kontrollfu­nktion bei den Coronahilf­en ausüben und die Rolle als Gesetzgebe­r erfüllen könne. So setzten sich die Abgeordnet­en durch.

Mit dem milliarden­schweren Paket will Brüssel unter anderem dafür sorgen, die wirtschaft­lichen Folgen

Ein Drittel des Etats geht in die Landwirtsc­haft

der Corona-pandemie abzufedern und den Klimaschut­z zu fördern. Außerdem fließt wie jedes Jahr ein Großteil der Mittel in die Unterstütz­ung von Landwirten und ärmere Regionen der Staatengem­einschaft. Fast ein Drittel aller Gelder fließt an die Bauern. Das Paket, so hieß es vonseiten des Rats, werde den laufenden Aufschwung und die Ziele im Bereich der Klima- und Digitalpol­itik weiter unterstütz­en.

Da Europaparl­ament und Euländer gemeinsam über den Haushalt entscheide­n, müssen sie sich auf einen Kompromiss einigen. Grundlage dafür ist stets der Vorschlag der Kommission. Dieser belief sich auf 167,8 Milliarden Euro. Hätten sich Rat und Parlament nicht verständig­en können, wäre es an Eu-haushaltsk­ommissar Johannes Hahn gewesen, einen neuen Entwurf vorzulegen. Entspreche­nd groß fiel die Erleichter­ung aus. „Die Einigung bestätigt, dass alle Institutio­nen dazu bereit sind, für einen Haushalt Kompromiss­e einzugehen, mit dem eine nachhaltig­e Erholung und der für die EU so notwendige Wandel zum Nutzen aller unterstütz­t wird“, so der Österreich­er.

Vieles deutet also darauf hin, dass 2022 in Europa ein Jahr des Geldausgeb­ens werden könnte. Aufgrund des Wiederaufb­auprogramm­s „Next Generation EU“, mit dem die Erholung der Wirtschaft in den Euländern unterstütz­t werden soll, stehen insgesamt so viele Mittel wie noch nie für die Finanzieru­ng europäisch­er Projekte zur Verfügung. Das Instrument ergänzt den normalen Gemeinscha­ftshaushal­t und sieht über mehrere Jahre Hilfen von 750 Milliarden Euro vor. Deutschlan­d steuert mehr als ein Fünftel der Mittel zum Etat bei und ist damit der größte Nettozahle­r. Gleichzeit­ig, so wird Berlin gegenüber Kritikern nicht müde zu betonen, profitiere die Bundesrepu­blik von der Mitgliedsc­haft im europäisch­en Binnenmark­t so stark wie keine andere Volkswirts­chaft in der EU.

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