Neu-Ulmer Zeitung

Herzchirur­g Hannekum ist tot

- VON JOHANNES RAUNEKER

Er war Vorreiter des Uniklinik-umzugs –

und Angeklagte­r

Ulm Andreas Hannekum ist im Alter von 72 Jahren gestorben. Der Herzchirur­g leitete den Umzug der Uniklinik vom Safranberg an den Oberen Eselsberg ein und galt als Vorreiter, wenn es um neue medizinisc­he Verfahren galt. Doch auf seiner Karriere lagen auch Schatten.

Bundesweit­e Bekannthei­t erlangte der gebürtige Celler um die Jahrtausen­dwende, er war verwickelt in einen bundesweit­en „Herzklappe­nskandal“, der auch vor dem Ulmer Landgerich­t verhandelt wurde. Der Professor war als Chef der Ulmer Herzchirur­gie vor der Ersten Großen Strafkamme­r des Landgerich­ts wegen Bestechlic­hkeit in 21 Fällen angeklagt. Er bestritt die Vorwürfe bis zuletzt, sagte zum Verhandlun­gsauftakt. „Ich bin nicht bestechbar und stelle mich bewusst diesem Verfahren.“Das Gericht sah dies zunächst aber anders. Hannekum wurde 2001 der Bestechlic­hkeit in elf Fällen für schuldig befunden. Er erhielt eine Geldstrafe über 42.000 Euro, wogegen er Revision beim Bundesgeri­chtshof einlegte. Dieser milderte den Vorwurf der Bestechlic­hkeit später auf Vorteilsna­hme ab.

In dem Verfahren ging es unter anderem um die Abgrenzung strafbarer Korruption und der erlaubten Einwerbung sogenannte­r Drittmitte­l zur medizinisc­hen Forschung. Eine Firma hatte Hannekums Team die Antriebsko­nsole für ein Kunstherz leihweise zur Verfügung gestellt. Und für den von Hannekum verfügten Kauf von Herzklappe­n und anderem Gerät haben sich die Hersteller­firmen erkenntlic­h gezeigt. Mit den Geldern wurden Weihnachts­feiern und Kongressre­isen bezahlt.

Es war nicht der einzige Skandal, in den Hannekum verwickelt war. Ein Ulmer Mediziner-kollege hatte ihm bereits Mitte der 90er-jahre Pfusch mit schweren Folgen vorgeworfe­n,

Langjährig­e Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft

ihn angezeigt. Es folgten langjährig­e Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft, 140 Krankenakt­en wurden von Gutachtern auf ärztliche Kunstfehle­r überprüft. Die Ergebnisse fielen fast ausnahmslo­s positiv für den Herzchirur­gen aus. Dieses Verfahren wurde später eingestell­t.

Viele Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r des Unikliniku­ms hielten stets zu ihrem Professor – der auch für positive Schlagzeil­en sorgte. Unter seiner Ägide führte das Universitä­tsklinikum vor etwas mehr als zehn Jahren als eine der ersten Kliniken in Baden-württember­g ein damals innovative­s Verfahren ein (heute Standard), mit dem schwerkran­ken Patienten eine schonende Therapie angeboten werden konnte. Durch die neue Methode war es möglich, neue Herzklappe­n über einen Katheter einzusetze­n und damit eine Eröffnung des gesamten Brustkorbs zu vermeiden.

Wenige Jahre später zog sich Hannekum als Ärztlicher Direktor der Klinik für Herzchirur­gie zurück. Auch vor dem Hintergrun­d des Umzugs vom Safranberg in den Neubau der Chirurgie am Oberen Eselsberg und damit der Zusammenfü­hrung mit der Inneren Medizin. Dies sollten nun jüngere Kollegen stemmen, befand er selbst.

Hannekum war 1988 nach Ulm gekommen. Er starb, wie nun bekannt wurde, bereits am 5. November.

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Andreas Hannekum

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