Ein Anti-raab im Raab-kostüm
Porträt Mit Sebastian Pufpaff steht jetzt ein Kabarettist auf der Bühne der Haudrauf-show „TV Total“. Kann das gut gehen?
In Deutschland müssen gerade vielerorts große Fußstapfen gefüllt werden. Zum Beispiel in der Politik. Olaf Scholz will sich im Dezember zum Bundeskanzler wählen lassen, und die CDU sucht nach einem neuen Vorsitzenden, nachdem Armin Laschet und Annegret Kramp-karrenbauer am Merkelerbe scheiterten. Für die Nationalmannschaft tritt Hansi Flick als Nachfolger des Weltmeister-trainers Löw an. Und im Showgeschäft beerbt Sebastian Pufpaff Stefan Raab auf der fahrenden Tv-totalbühne.
Zumindest äußerlich näherte sich Pufpaff seinem Vorgänger an. Trug er bei seinen Auftritten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk noch Anzug und Krawatte, steht Pufpaff jetzt in alter Tv-total-tradition mit Jeans und Sakko auf der Bühne. Ein Anti-raab im Raab-kostüm quasi. Denn mit Pufpaff hat sich der Moderationsstil gewandelt. Raab war der Klassen-clown des deutschen Fernsehens. Ein Rowdy, der nicht davor zurückschreckte, auch nach unten zu treten. So machte er sich über eine 16-Jährige lustig, die „Loch“mit Nachnamen hieß. Das wäre ja ein guter Porno-name, feixte Raab damals. Eine Mutter, die die Schultüte ihrer Tochter unterm Arm hielt, verspottete er als Drogendealerin. Er riss Witze über Blinde, Frauen, Homosexuelle.
Ein Rowdy ist Pufpaff nicht. Im Gegenteil. Auf dem Schulhof wäre er ein einfaches Ziel für Raab gewesen. Zumindest war er das für seine
Klassenkameraden, erzählt Pufpaff oft. Sie verspotteten ihn wegen seines ungewöhnlich klingenden Nachnamens. Er habe damals mit Selbstironie reagiert, erzählte er einmal in der Talkshow „3nach9“. „Bevor die Witze über meinen Namen machen, mache ich die lieber selbst.“
Heute will der 45-Jährige Scherze auf Augenhöhe machen. Pufpaffs Ziele sind Markus Söder, die Bild-zeitung, Florian Silbereisen. Frei nach dem Haraldschmidtprinzip: „Keine Witze über
Leute, die weniger als 10000 Euro im Monat verdienen.“So pflegte es Pufpaff zuvor schon als Kabarettist im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Während der Corona-zeit moderierte der Vater zweier Kinder montags bis donnerstags auf 3sat die Stand-up-show „Noch nicht Schicht“und erhielt dafür den renommierten Grimme-preis.
Mit dem Wechsel zu Prosieben ordnet sich Pufpaff in einen aktuellen Trend der deutschen Fernsehlandschaft: Private Sender verpflichten Moderatorinnen und Moderatoren der Öffentlich-rechtlichen. Darunter Jan Hofer, Linda Zervakis oder Mathias Opdenhövel. Und geben sich damit ein seriöseres Image. Pufpaff wirkt in diesem System wie eine erwachsene Version von Stefan Raab. Und kann vielleicht gerade deshalb seine Fußstapfen füllen. Jonathan Lindenmaier