Der teure Ruhestand der Kanzlerin
Regierungswechsel Wenn Angela Merkel in wenigen Wochen Altkanzlerin ist, bekommt sie ein Büro im Bundestag.
Wie ihre Vorgänger. Und neun Mitarbeiter, die sich um das Kanzlerdasein außer Dienst sorgen
Berlin Kanzlerin bleibt Kanzlerin. Auch wenn Angela Merkel die große Bühne verlassen hat, wird sie weiter als „Frau Bundeskanzlerin“angesprochen werden. Eigentlich macht sich Merkel nicht viel aus Titeln. Doch so will es nun einmal der Brauch, und der Brauch will es auch, dass eine Frau Bundeskanzlerin ein Büro bekommt, das sich um ihre Termine kümmert.
Nun wird Angela Merkel in wenigen Wochen keine Rentnerin wie jede andere sein, die im Wochenendhäuschen Kartoffelsuppe kocht, obwohl sie das sehr mag. Sie ist eine auf der ganzen Welt geschätzte Gesprächspartnerin und könnte das ganze Jahr unterwegs sein, so sie denn wollte. Organisieren wird die Termine der Altkanzlerin ein Büro, das sie im Bundestag beziehen wird.
Auch Altkanzler Gerhard Schröder hat eines, genau wie die früheren Bundespräsidenten. Überraschend daran ist, dass Merkel jetzt ein üppiger ausgestattetes Büro bekommt als Schröder. Der Genosse der Bosse legte mit teuren italienischen Anzügen und Zigarre mehr Wert auf die Insignien der Macht als die 16-Jahre-langzeitkanzlerin, der das Gepränge nichts gab. Nun will die 67-Jährige den offiziellen Teil ihres Regierungsruhestandes von neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verwalten lassen. Schröder startete sein Rentnerdasein seinerzeit mit zwei Leuten weniger, heute sind es insgesamt nur noch fünf.
Zu Merkels Stab gehören künftig zwei Büroleiter, die mit der Besoldungsstufe B6 oder 10412 Euro Grundgehalt nach Hause gehen. Diese werden unterstützt von zwei Referenten, denen wiederum von zwei Sachbearbeitern zugearbeitet wird, die von einer Schreibkraft Hilfe bekommen. Zwei Fahrer fahren Merkel zu Terminen.
Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, dass das Altkanzlerinnen-büro nur für Tätigkeiten zuständig ist, die mit dem Job als Altkanzlerin zu tun haben. Wenn Merkel also Vorträge bei Unternehmen halten und wie andere ehemalige Spitzenpolitiker dafür hohe Honorare nehmen will, müsste das ein privates Büro organisieren. Sie selbst lebt demnächst von rund 15 000 Euro, die sie jeden Monat als Pension erhält.
Seibert räumte auch gleich mit der nahliegenden Vermutung auf, seine Chefin wolle ihre Büroleiterin Beate Baumann und ihre Redenschreiberin Eva Christiansen mit gut dotierten Anschlussverwendungen versorgen. „Frau Baumann wird das zukünftige Büro der Bundeskanzlerin nicht leiten, Frau Christiansen auch nicht“, sagte er. Und Seibert schloss auch gleich für sich aus, dass er es tun wird.
Das Geld für die „Merkel-neun“kommt übrigens von ihrer Parteifreundin Annegret Kramp-karrenbauer, die einmal Kronprinzessin der Kanzlerin war. Sie zwackt die Summe aus dem Verteidigungshaushalt ab. Merkel bekommt aber keine altgedienten Haudegen rübergeschoben, die die Hacken zusammenschlagen und strammstehen. Sie darf sich ihr Personal selbst aussuchen.
Das Verhältnis der beiden Frauen war in den vergangenen Jahren ein seltsames. Einerseits gab Merkel AKK klar zu verstehen, dass sie jeden vorzeitigen Angriff auf ihre
Scholz muss als Altkanzler mal kleinere Brötchen backen
Macht abwehren werde. Andererseits war sie persönlich enttäuscht, dass die von ihr auserkorene Nachfolgerin diesen Angriff nicht wagte, um ganz nach oben zu kommen. Jetzt gehen beide in Rente – und offenbar hat Kramp-karrenbauer ihren Frieden mit Merkel gemacht.
Ob Merkel jetzt größere Pläne hat, da sich ein dreiviertel Dutzend Mitarbeiter um ihren Kalender kümmern, wollte ihr Sprecher nicht verraten. Sie selbst hatte eine kleine Pause für die Zeit nach der Amtsübergabe angekündigt. „Und dann werde ich vielleicht versuchen, was zu lesen, dann werden mir die Augen zufallen, weil ich müde bin, dann werde ich ein bisschen schlafen, und dann schauen wir mal“, sagte sie.
Wenn Merkels wahrscheinlicher Nachfolger Olaf Scholz einmal abtreten wird, wird er kleinere Brötchen backen müssen. Schon 2019 hat der Bundestag beschlossen, dass es nicht mehr ganz so fürstlich zugehen soll. Den künftigen Altkanzlern sollen fünf Mitarbeiter reichen, die das Leben nach der großen Politik organisieren. Für Merkel greift diese Regelung ausdrücklich noch nicht. Aber Olaf Scholz kann sich trösten: Herr Bundeskanzler bleibt er natürlich dann trotzdem.