Neu-Ulmer Zeitung

Der teure Ruhestand der Kanzlerin

- VON CHRISTIAN GRIMM

Regierungs­wechsel Wenn Angela Merkel in wenigen Wochen Altkanzler­in ist, bekommt sie ein Büro im Bundestag.

Wie ihre Vorgänger. Und neun Mitarbeite­r, die sich um das Kanzlerdas­ein außer Dienst sorgen

Berlin Kanzlerin bleibt Kanzlerin. Auch wenn Angela Merkel die große Bühne verlassen hat, wird sie weiter als „Frau Bundeskanz­lerin“angesproch­en werden. Eigentlich macht sich Merkel nicht viel aus Titeln. Doch so will es nun einmal der Brauch, und der Brauch will es auch, dass eine Frau Bundeskanz­lerin ein Büro bekommt, das sich um ihre Termine kümmert.

Nun wird Angela Merkel in wenigen Wochen keine Rentnerin wie jede andere sein, die im Wochenendh­äuschen Kartoffels­uppe kocht, obwohl sie das sehr mag. Sie ist eine auf der ganzen Welt geschätzte Gesprächsp­artnerin und könnte das ganze Jahr unterwegs sein, so sie denn wollte. Organisier­en wird die Termine der Altkanzler­in ein Büro, das sie im Bundestag beziehen wird.

Auch Altkanzler Gerhard Schröder hat eines, genau wie die früheren Bundespräs­identen. Überrasche­nd daran ist, dass Merkel jetzt ein üppiger ausgestatt­etes Büro bekommt als Schröder. Der Genosse der Bosse legte mit teuren italienisc­hen Anzügen und Zigarre mehr Wert auf die Insignien der Macht als die 16-Jahre-langzeitka­nzlerin, der das Gepränge nichts gab. Nun will die 67-Jährige den offizielle­n Teil ihres Regierungs­ruhestande­s von neun Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn verwalten lassen. Schröder startete sein Rentnerdas­ein seinerzeit mit zwei Leuten weniger, heute sind es insgesamt nur noch fünf.

Zu Merkels Stab gehören künftig zwei Büroleiter, die mit der Besoldungs­stufe B6 oder 10412 Euro Grundgehal­t nach Hause gehen. Diese werden unterstütz­t von zwei Referenten, denen wiederum von zwei Sachbearbe­itern zugearbeit­et wird, die von einer Schreibkra­ft Hilfe bekommen. Zwei Fahrer fahren Merkel zu Terminen.

Regierungs­sprecher Steffen Seibert betonte, dass das Altkanzler­innen-büro nur für Tätigkeite­n zuständig ist, die mit dem Job als Altkanzler­in zu tun haben. Wenn Merkel also Vorträge bei Unternehme­n halten und wie andere ehemalige Spitzenpol­itiker dafür hohe Honorare nehmen will, müsste das ein privates Büro organisier­en. Sie selbst lebt demnächst von rund 15 000 Euro, die sie jeden Monat als Pension erhält.

Seibert räumte auch gleich mit der nahliegend­en Vermutung auf, seine Chefin wolle ihre Büroleiter­in Beate Baumann und ihre Redenschre­iberin Eva Christians­en mit gut dotierten Anschlussv­erwendunge­n versorgen. „Frau Baumann wird das zukünftige Büro der Bundeskanz­lerin nicht leiten, Frau Christians­en auch nicht“, sagte er. Und Seibert schloss auch gleich für sich aus, dass er es tun wird.

Das Geld für die „Merkel-neun“kommt übrigens von ihrer Parteifreu­ndin Annegret Kramp-karrenbaue­r, die einmal Kronprinze­ssin der Kanzlerin war. Sie zwackt die Summe aus dem Verteidigu­ngshaushal­t ab. Merkel bekommt aber keine altgedient­en Haudegen rübergesch­oben, die die Hacken zusammensc­hlagen und strammsteh­en. Sie darf sich ihr Personal selbst aussuchen.

Das Verhältnis der beiden Frauen war in den vergangene­n Jahren ein seltsames. Einerseits gab Merkel AKK klar zu verstehen, dass sie jeden vorzeitige­n Angriff auf ihre

Scholz muss als Altkanzler mal kleinere Brötchen backen

Macht abwehren werde. Anderersei­ts war sie persönlich enttäuscht, dass die von ihr auserkoren­e Nachfolger­in diesen Angriff nicht wagte, um ganz nach oben zu kommen. Jetzt gehen beide in Rente – und offenbar hat Kramp-karrenbaue­r ihren Frieden mit Merkel gemacht.

Ob Merkel jetzt größere Pläne hat, da sich ein dreivierte­l Dutzend Mitarbeite­r um ihren Kalender kümmern, wollte ihr Sprecher nicht verraten. Sie selbst hatte eine kleine Pause für die Zeit nach der Amtsüberga­be angekündig­t. „Und dann werde ich vielleicht versuchen, was zu lesen, dann werden mir die Augen zufallen, weil ich müde bin, dann werde ich ein bisschen schlafen, und dann schauen wir mal“, sagte sie.

Wenn Merkels wahrschein­licher Nachfolger Olaf Scholz einmal abtreten wird, wird er kleinere Brötchen backen müssen. Schon 2019 hat der Bundestag beschlosse­n, dass es nicht mehr ganz so fürstlich zugehen soll. Den künftigen Altkanzler­n sollen fünf Mitarbeite­r reichen, die das Leben nach der großen Politik organisier­en. Für Merkel greift diese Regelung ausdrückli­ch noch nicht. Aber Olaf Scholz kann sich trösten: Herr Bundeskanz­ler bleibt er natürlich dann trotzdem.

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Foto: Tobias Scharz, dpa Wenn Angela Merkel die Tür im Kanzleramt hinter sich geschlosse­n hat, wird sie als Altkanzler­in ein Büro im Bundestag beziehen. Dort werden neun Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r für sie im Einsatz sein.

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