Neu-Ulmer Zeitung

Ansturm auf Mittel zur Entwurmung

- VON ALEXANDRA HARTMANN

Pandemie Weshalb impfkritis­che Menschen in Österreich plötzlich ein Tiermedika­ment schlucken

Wien In Österreich setzen Impfskepti­kerinnen und Impfskepti­ker bei der Behandlung von Covid-19 auf das ungeprüfte Mittel Ivermectin, das vor allem in der Veterinärm­edizin zur Entwurmung eingesetzt wird. Experten warnen davor, es gab laut dem Sender ORF bereits einige Fälle von Vergiftung­en. Gerade in Oberösterr­eich ist das Anti-wurmmittel, das in impfkritis­chen Kreisen empfohlen wird, sehr gefragt und immer wieder ausverkauf­t.

Entscheide­nden Anteil daran hat offenbar FPÖ-CHEF Herbert Kickl. Der Politiker der rechtskons­ervativen Partei sagte öffentlich, dass Ivermectin gegen die Krankheit eingesetzt werden könne. Kickl präsentier­te Anfang November einen

„Plan B“gegen die Pandemie. Aus seiner Sicht sollte auf die frühzeitig­e Behandlung von Covid-19 statt auf die Impfung gesetzt werden, die zu viele schwere Verläufe und Todesopfer hervorgebr­acht habe. Am Montag teilte Kickl auf Facebook mit, dass er sich mit Corona infiziert habe.

Mit seiner Kampagne gegen Impfungen und für nicht empfohlene Therapien stellte sich Kickl klar gegen die medizinisc­he Lehrmeinun­g. Ärzte und die österreich­ische Regierung haben den 53-Jährigen deshalb wiederholt scharf kritisiert.

Nach Angaben des österreich­ischen Fernsehens warnte das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheit­sbereich (BASG) bereits im März davor, das rezeptpfli­chtige Medikament gegen Covid-19 einzunehme­n. Und auch die Europäisch­e Arzneimitt­elagentur (EMA) riet davon ab. Eine Fachgruppe namens Covriin am Robert-koch-institut bewertet seit längerem Therapiemö­glichkeite­n für die pandemisch­e Krankheit. Über den Wirkstoff Ivermectin schreibt die Fachgruppe, das Medikament habe keine Zulassung für die Behandlung von Covid-19. Bei unkontroll­ierter Anwendung bestehe ein Risiko der schwerwieg­endenden Toxizität.

In Österreich hat es Medienanga­ben zufolge schon Vergiftung­en gegeben. Viele Leute würden das Medikament völlig falsch einnehmen – etwa die viel zu hohe Dosis, die eigentlich für Pferde gedacht ist.

Derzeit seien in Österreich 28 rezeptpfli­chtige Präparate mit dem Wirkstoff Ivermectin zugelassen.

Die meisten davon werden in der Veterinärm­edizin verwendet. Nur vier Medikament­e sind zur Behandlung von Menschen vorgesehen. Menschen können Ivermectin-tabletten zwar einnehmen, aber nur zur Behandlung von Krätzmilbe­n, parasitäre­n Wurmbefäll­en mit Zwergfaden­würmern sowie tropischen Fadenwürme­rn. Da es sich um rezeptpfli­chtige Tabletten handelt, muss ein Arzt oder eine Ärztin das Medikament verschreib­en.

Das Entwurmung­smittel war auf der Plattform Twitter ein viel diskutiert­es Thema. Nutzer äußerten sich ungläubig darüber, dass sich Personen aus Skepsis gegen eine Corona-impfung entscheide­n, aber ein ungeprüfte­s Medikament einnehmen, das bei Überdosier­ung zu Vergiftung­en führen kann. (mit dpa)

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