Ansturm auf Mittel zur Entwurmung
Pandemie Weshalb impfkritische Menschen in Österreich plötzlich ein Tiermedikament schlucken
Wien In Österreich setzen Impfskeptikerinnen und Impfskeptiker bei der Behandlung von Covid-19 auf das ungeprüfte Mittel Ivermectin, das vor allem in der Veterinärmedizin zur Entwurmung eingesetzt wird. Experten warnen davor, es gab laut dem Sender ORF bereits einige Fälle von Vergiftungen. Gerade in Oberösterreich ist das Anti-wurmmittel, das in impfkritischen Kreisen empfohlen wird, sehr gefragt und immer wieder ausverkauft.
Entscheidenden Anteil daran hat offenbar FPÖ-CHEF Herbert Kickl. Der Politiker der rechtskonservativen Partei sagte öffentlich, dass Ivermectin gegen die Krankheit eingesetzt werden könne. Kickl präsentierte Anfang November einen
„Plan B“gegen die Pandemie. Aus seiner Sicht sollte auf die frühzeitige Behandlung von Covid-19 statt auf die Impfung gesetzt werden, die zu viele schwere Verläufe und Todesopfer hervorgebracht habe. Am Montag teilte Kickl auf Facebook mit, dass er sich mit Corona infiziert habe.
Mit seiner Kampagne gegen Impfungen und für nicht empfohlene Therapien stellte sich Kickl klar gegen die medizinische Lehrmeinung. Ärzte und die österreichische Regierung haben den 53-Jährigen deshalb wiederholt scharf kritisiert.
Nach Angaben des österreichischen Fernsehens warnte das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitsbereich (BASG) bereits im März davor, das rezeptpflichtige Medikament gegen Covid-19 einzunehmen. Und auch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) riet davon ab. Eine Fachgruppe namens Covriin am Robert-koch-institut bewertet seit längerem Therapiemöglichkeiten für die pandemische Krankheit. Über den Wirkstoff Ivermectin schreibt die Fachgruppe, das Medikament habe keine Zulassung für die Behandlung von Covid-19. Bei unkontrollierter Anwendung bestehe ein Risiko der schwerwiegendenden Toxizität.
In Österreich hat es Medienangaben zufolge schon Vergiftungen gegeben. Viele Leute würden das Medikament völlig falsch einnehmen – etwa die viel zu hohe Dosis, die eigentlich für Pferde gedacht ist.
Derzeit seien in Österreich 28 rezeptpflichtige Präparate mit dem Wirkstoff Ivermectin zugelassen.
Die meisten davon werden in der Veterinärmedizin verwendet. Nur vier Medikamente sind zur Behandlung von Menschen vorgesehen. Menschen können Ivermectin-tabletten zwar einnehmen, aber nur zur Behandlung von Krätzmilben, parasitären Wurmbefällen mit Zwergfadenwürmern sowie tropischen Fadenwürmern. Da es sich um rezeptpflichtige Tabletten handelt, muss ein Arzt oder eine Ärztin das Medikament verschreiben.
Das Entwurmungsmittel war auf der Plattform Twitter ein viel diskutiertes Thema. Nutzer äußerten sich ungläubig darüber, dass sich Personen aus Skepsis gegen eine Corona-impfung entscheiden, aber ein ungeprüftes Medikament einnehmen, das bei Überdosierung zu Vergiftungen führen kann. (mit dpa)