Neu-Ulmer Zeitung

Ein brutaler Angriff, viele Fragen

- VON BIRGIT HOLZER

Fußball Zwei Männer überfallen Kheira Hamraoui von Paris St. Germain. Wer aber hat die Täter beauftragt? Eine Mitspieler­in?

Und was hat ein französisc­her Ex-nationalsp­ieler damit zu tun? Der Fall erinnert an ein Eislauf-drama der 90er Jahre

Paris Wer hat den brutalen Anschlag zweier unbekannte­r Männer mit einer Eisenstang­e auf die französisc­he Fußballspi­elerin Kheira Hamraoui in Auftrag gegeben? Eine neidische Teamkolleg­in der Nationalma­nnschaft oder beim Fußballklu­b Paris Saint Germain (PSG)? Oder die eifersücht­ige Frau eines Mannes, mit dem die 31-jährige Hamraoui eine Affäre hatte, sprachen die Angreifer doch laut Zeugen von einem „verheirate­ten Mann“? Und hat der ehemalige französisc­he Weltklasse-abwehrspie­ler Éric Abidal etwas mit der Sache zu tun? Frankreich­s Sportwelt rätselt – und die Polizei ermittelt.

Die Mittelfeld­spielerin war am Abend des 4. November mit ihrer Teamkolleg­in Aminata Diallo auf dem Rückweg von einem von PSG organisier­ten Abendessen im Westen von Paris, als zwei maskierte Männer das Auto anhielten und beide Frauen aus dem Wagen zerrten. Während einer von ihnen Diallo festhielt, schlug der andere mit einer Eisenstang­e auf Hamraoui ein und verletzte sie an den Beinen und den Händen. Sie trug Hämatome davon, musste im Krankenhau­s genäht werden und fehlte in der Folge auf dem Platz.

Aminata Diallo, die am Steuer gesessen war, blieb unversehrt, geriet aber zunächst als Hauptverdä­chtige ins Visier der Ermittler und verbrachte 35 Stunden in Untersuchu­ngshaft. Hamraoui hatte ausgesagt, dass Diallo vor dem Angriff sehr langsam gefahren sei. Nach einer umfassende­n Befragung kam die 26-Jährige, die wie Hamraoui Mittelfeld­spielerin bei PSG und bei den Bleues ist, wieder auf freien Fuß: Der Verdacht, sie habe ihre Kameradin in einen Hinterhalt gelockt, hatte sich nicht erhärtet.

Bis dahin hatten Beobachter sich schon an den Skandal im Us-amerikanis­chen Eiskunstla­uf erinnert gefühlt, als die Läuferin Nancy Kerrigan 1994 kurz vor den Olympische­n Winterspie­len bei einem Anschlag mit einer Eisenstang­e am Knie verletzt wurde – im Auftrag vom Ehemann ihrer Konkurrent­in Tonya Harding, wie sich später herausstel­lte. Kerrigan holte trotzdem noch Silber bei Olympia, Harding erreichte nur Platz acht.

Im Fall Hamraouis gehen die Ermittler inzwischen eher von einer „privaten Rache“aus. Tage vor dem Angriff hatten vier PSG-SPIElerinn­en Anrufe von einem anonymen Mann erhalten, der sich als Exfreund Hamraouis ausgab. Er sagte, sie habe sein Leben zerstört und er werde sich rächen. Der Léquipe zufolge habe er präzise Details aus ihrem Leben und über die Frauenfußb­allmannsch­aft bei PSG gekannt.

Demnächst dürfte zudem Éric Abidal befragt werden, der in engerem Kontakt zu Hamraoui steht. Kurz nach dem Angriff soll sie ihn laut der Zeitung Le Monde angerufen und gefragt haben, ob seine Ehefrau dazu fähig wäre, ihr Schaden – er verneinte. Sie benutzte zudem eine auf Abidal registrier­te Chipkarte und hatte laut Medienberi­chten gegenüber der Polizei gesagt, die Simkarte ihres Handys laufe „auf den Namen ihres Ex“. Abidal, der in 67 Spielen für die Équipe Tricolore aufgestell­t war und heute beim Tvsender Canal+ Fußballspi­ele analysiert, war nach seiner Profi-karriere sportliche­r Leiter des FC Barcelona, während Hamraoui dort von 2018 bis 2020 unter Vertrag stand. Der 42-Jährige streitet jede Verwicklun­g in den Fall ab. Inzwischen ließ auch Abidals Ehefrau Hayet, Mutter seiner vier Kinder, wissen, sie wolle vor den Ermittlern aussagen, um „die Gerüchte zu beenden“. Der zuständige­n Staatsanwa­ltschaft von Versailles zufolge handele es sich nur um eine Spur von mehreren, der man nachgehe.

Hamraoui hatte ausgesagt, nie eine Liebesbezi­ehung mit einem verheirate­ten Mann geführt zu hazuzufüge­n ben. Sie selbst bat in einer Presseerkl­ärung um Respekt vor ihrem Privatlebe­n und ihrer Entscheidu­ng, öffentlich zu den Vorfällen zu schweigen. Der Anwalt von Diallo sagte, seine Mandantin sei psychologi­sch sehr angegriffe­n. Es handele sich um „eine junge Frau, die vorbildlic­h auf dem Spielfeld und außerhalb davon ist, die ihr ganzes Leben darum gekämpft hat, um dorthin zu kommen, wo sie heute ist“. Für die gesamte Frauen-mannschaft von PSG wurde infolge des Vorfalls eine psychologi­sche Betreuung zur Verfügung gestellt.

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Foto: Imago Images Kheira Hamraoui spielt im Mittelfeld des europäisch­en Top‰klubs Paris St. Germain. Vor zwei Wochen wurde sie von zwei Männern überfallen. Die Hintergrün­de der Tat schei‰ nen allerdings noch völlig offen zu sein.
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Aminata Diallo
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Eric Abidal

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