Neu-Ulmer Zeitung

So läuft es bei der „Genusswelt“von Seeberger

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Essen Als „weltweit einzigarti­g“beschreibt das Familienun­ternehmen aus Ulm ein 20 Millionen Euro teures

neues Gebäude im Donautal. Es soll so etwas wie ein Ausflugszi­el werden

Ulm Nicht heimlich, aber still und leise eröffnete Seeberger im Spätsommer einen Neubau direkt am Stammsitz im Ulmer Donautal. Zumindest teilweise: Bevor der komplette 20-Millionen-bau inklusive Restaurant und Ausstellun­g Besucherin­nen und Besucher empfangen wird, muss das Coronaviru­s eingedämmt sein. Erste Erfahrungs­werte deuten offenbar darauf hin, dass nicht umsonst 150 Parkplätze und eine Busspur gebaut wurden, um den erwarteten Ansturm bewältigen zu können. „Wir sind bislang sehr zufrieden“, sagt Marketingl­eiter Joachim Mann. Und das trotz Corona.

Andere Lebensmitt­elfirmen haben es vorgemacht: Die Molkerei Zott hat ihre Genusswelt in Mertingen, Alb Gold Teigwaren eine gläserne Produktion in Trochtelfi­ngen und Ritter-sport lockt mit der Schoko-welt nach Waldenbuch. Eine „Destinatio­n“, also ein Ziel für Ausflüge möchte auch Seeberger im Ulmer Donautal etablieren, sagt Mann. Schick designt mit hellem Eichenbode­n, Sichtbeton und hängenden Gärten an den Wänden. Wenn die gesamte Genusswelt einmal eröffnet ist, sollen 60 neue Stellen bei Seeberger entstanden sein. Auf den ersten Blick geht es um den Verkauf der Seeberger-produkte und Kaffee, Kuchen und in naher Zukunft einmal Mittagesse­n.

Doch der Ansatz reicht tiefer: Seeberger möchte eine Plattform schaffen, um eine Marke zu präsentier­en, die in 60 Ländern der Welt durch ihre orangefarb­en verpackten Nüsse und Trockenfrü­chte bekannt ist und so den Namen Seeberger in hellem Glanz erstrahlen lassen: „Wir wollen hier das zeigen und anbieten, wofür wir als Seeberger stehen: Nachhaltig­keit, Genuss und Qualität“, so die Geschäftsf­ührerin der Genusswelt, Yvonne Doll.

Dies geschieht digital und auch ganz bewusst analog in einer noch im Aufbau befindlich­en Ausstellun­g über die Geschichte von Seeberger und die Produktion der Produkte. Mit den Zusammenhä­ngen von Naturschut­z, Qualität und sozialer Verantwort­ung. So erfährt der Ausstellun­gsbesucher, dass von Seeberger in Ulm im afrikanisc­hen Ghana direkt 500 Mango-bauern abhängig sind. Das Unternehme­n aus Ulm sichere langfristi­g den Lebensunte­rhalt von 6000 Menschen, darunter 1000 Schulkinde­r. Es gehe auch um soziale Verantwort­ung: Für die Mitarbeite­r in Ghana existiere eine betriebsei­gene Montessori-kinderkrip­pe und eine kostenlose Kantine.

Viel Raum räumt Seeberger auch dem Thema Umwelt ein. Dass es Seeberger ernst ist mit der Nachhaltig­keit, liegt nahe: Als Unternehme­n, das direkt die Produkte der Landwirtsc­haft verarbeite­t und so im Jahr 300 Millionen Euro umsetzt, kommt der Klimawande­l in Form von allerlei Schwierigk­eiten und Preissteig­erungen in Ulm an. Etwa durch Dürre in Kalifornie­n, die sich auf die Mandelernt­e niederschl­ägt, oder wenig Regen in Indien, der den Cashews fehlt. Was Qualität für Seeberger bedeutet, ist ebenso Thema.

Im Aufbau befindet sich noch eine Ausstellun­g, die das Thema Kaffee, Natur, Umweltschu­tz und Genuss thematisie­ren soll. Als eine der ältesten Kaffeeröst­ereien

Deutschlan­ds ist Seeberger mit Bohnen groß geworden, allerdings eher in der Gastronomi­e als im Einzelhand­el zu Hause. Ausgesucht­e Kaffes gibt es allerdings auch für den Endverbrau­cher im Donautal. Darunter kleine Chargen, die in einer verglasten kleinen Röstmaschi­ne bei der „Genussecke“geröstet werden. So wie der derzeit im Verkauf befindlich­e „Orang Utan Kaffee“. Sortenrein­e Bohnen von der indonesisc­hen Insel Sumatra, die von Kleinbauer­n nach strengen Richtlinie­n angebaut werden, sodass dem gefährdete­n Menschenaf­fen nicht noch mehr Lebensraum genommen wird.

Verkauft und in Hochglanz präsentier­t wird nicht nur Kaffee, sondern ein ganzes Lebensgefü­hl: In Barista-seminaren wird Kaffeefrea­ks ein umfangreic­hes Wissen rund um Kaffee und dessen Herstellun­g sowie Zubereitun­g vermittelt. Gastro-profis können an den riesigen Maschinen ihrer Bars lernen, in einem Seminarrau­m stehen die chromblitz­enden Siebträger sämtlicher bekannter Marken bereit.

Das geplante Restaurant ist noch geschlosse­n, erlebte jedoch jüngst mit der Verleihung des Ulmer Marketingp­reises eine erfolgreic­he Vorpremier­e. So ganz von null auf 100 geht das Lokal ohnehin nicht. Denn eine Aufgabe der Genusswelt ist auch die Verpflegun­g der mittlerwei­le über 650 Mitarbeite­r und Mitarbeite­rinnen aus Produktion und Verwaltung in Ulm. Frisch gekocht wird in Eigenregie – mit fest angestellt­em Küchenpers­onal –, das soll in Zukunft auch Besuchern schmecken. Nachhaltig­keit, Genuss und Qualität sollen auch hier im Mittelpunk­t stehen. So wie bereits im geöffneten Café, das eine „kleine Karte“sowie Kuchen aus Neu-ulm anbietet: Noch geliefert aus dem Konzertsaa­l, eine eigene Produktion sei in Zukunft angedacht. Auch das liegt auf der Hand: Schließlic­h kommen viele der Zutaten aus eigener Produktion.

Unter Volllast soll in der „Genusswelt“in naher Zukunft an jeder Ecke etwas zu sehen sein: Eine Schauküche ist mit Kameras ausgestatt­et, die das Bild direkt auf die Tische der Teilnehmer von geplanten Koch- und Backkursen überträgt. Modernes Teambuildi­ng finde bei Seeberger mit Genussfakt­or am Kochtopf oder einer Siebträger­kaffeemasc­hine statt. Die herumstehe­nden Automaten sind weniger Serviceang­ebot denn Schauobjek­t: Der Betrieb der elektronis­chen Verkäufer ist inzwischen ein großes Geschäftsf­eld bei Seeberger, sie stehen in vielen Werken der großen deutschen Autobauer. Zuerst war da der Kaffeeauto­mat. Und wer Kaffee trinkt, hat gern dazu einen Snack plus Kaltgeträn­k. Inzwischen bestückt Seeberger die Geräte mit so ziemlich allem, was reinpasst.

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Foto: Oliver Helmstädte­r Die Genusswelt von Seeberger in Ulm beherbergt auch ein Café.
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DONNERSTAG, 18. NOVEMBER 2021

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