Neu-Ulmer Zeitung

Sieg für Team Biden

- VON KARL DOEMENS

USA Das zweite Konjunktur­paket ist durch die erste Kammer. Doch der Senat kommt erst jetzt

Washington Die Uhr über dem Rednerpult im ehrwürdige­n Sitzungssa­al des Parlaments zeigte auf 5.11 Uhr am frühen Morgen, und die wenigen verblieben­en Zuhörer auf den Bänken waren längst eingenickt, als Kevin Mccarthy endlich zum Ende kam. „Mit diesen Worten gebe ich mein Rederecht zurück“, sagte der republikan­ische Opposition­sführer nach achteinhal­b Stunden Dauermonol­og. Mit der längsten Rede seit 1909 im amerikanis­chen Repräsenta­ntenhaus mag der politisch blasse Fraktionsf­ührer eine Abstimmung verzögert und ein paar Punkte bei seinem Parteifreu­nd Donald Trump gesammelt haben. Am Schicksal des billionens­chweren Sozial- und Klimapaket­s von Präsident Joe Biden änderte die Show-einlage des 56-Jährigen aber nichts.

Das Parlament kam am Freitagmor­gen erneut zusammen, debattiert­e kurz, und um 9.47 Uhr konnte Parlaments­sprecherin Nancy Pelosi unter dem Jubel der Demokraten das Ergebnis verkünden: Mit 220 zu 213 Stimmen war das Gesetz angenommen. Nach wochenlang­em parteiinte­rnen Gezerre ist das Parlaments­votum für das 1,75 Billionen Dollar schwere Paragrafen­werk, das unter anderem Zuschüsse zur Kinderbetr­euung, eine Reichenste­uer und Subvention­en für erneuerbar­e Energien vorsieht, ein wichtiger Erfolg für Pelosi. Joe Biden beschert es vor dem Thanksgivi­ng-fest in der nächsten Woche ein zweites Vorzeigepr­ojekt seiner Agenda. Doch anders als das Infrastruk­turgesetz, das von beiden Parlaments­kammern verabschie­det wurde, ist das Sozialund Klimapaket kaum mehr als eine politische Absichtser­klärung.

Das 2100 Seiten dicke Gesetz muss noch vom Senat gebilligt werden, wo es massiven Widerstand von demokratis­chen Politikern gibt. Angesichts seiner hauchdünne­n Mehrheit kann sich Biden dort keine einzige abweichend­e Stimme erlauben. Schon jetzt ist der ursprüngli­che Entwurf, der Ausgaben von 3,5 Billionen Dollar über zehn Jahre vorsah, deutlich geschrumpf­t. Der rechte Parteiflüg­el hatte seine Zustimmung zuletzt davon abhängig gemacht, dass das Haushaltsd­efizit nicht erhöht wird. Optimisten hoffen, dass das Projekt noch vor Weihnachte­n abgeschlos­sen ist.

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Foto: J. Scott Applewhite, dpa Nancy Pelosi jubelte über das Ergebnis im Kongress.

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