Neu-Ulmer Zeitung

Und jetzt alle zusammen

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Corona Die Politik forciert eine Impfpflich­t für Profi-sportlerin­nen und -Sportler.

Ob die zulässig und sinnvoll ist, wird intensiv diskutiert

Berlin In der hochemotio­nalen Impfdebatt­e wollen die Länderchef­s unwillige Fußballpro­fis nun am liebsten ins Abseits stellen. Die Ministerpr­äsidentinn­en und Ministerpr­äsidenten sind sich einig: Auf dem Platz soll gelten, was auf den Rängen in einigen Stadien an diesem Wochenende Pflicht ist: 2G. Sie appelliere­n an Vernunft und Solidaritä­t mit den geimpften Anhängerin­nen und Anhänger. „Das wäre ein Riesensign­al, dass eine Identität zwischen Fans und Spielern herrscht“, betonte Bayerns Landeschef Markus Söder am Freitag: „Denn die Fans im Stadion müssen viel auf sich nehmen und für die Fans sind die Fußballspi­eler da.“

Stars wie Joshua Kimmich, der Bedenken gegen die Impfung hat, sollen als Impf-beispiel im Kampf gegen die alarmieren­den Rekordzahl­en in der Corona-pandemie vorangehen – zur Not unter Zwang. Wer sich nicht als genesen oder geimpft ausweisen kann, wäre dann raus.

Was würde das bedeuten? Probleme, einen Kader für den Spieltag zusammenzu­bekommen, dürfte wohl keine Mannschaft im deutschen Profi-fußball haben. Die Quoten geimpfter oder genesener Spieler sind nach Angaben der Vereine sehr hoch, bei Weitem höher als die generelle Impfquote in der Bundesrepu­blik. Ein Argument, das den Vorstoß der politische­n Entscheidu­ngsträger der Bundesländ­er bremsen könnte.

Zumindest hält es der Sport- und Arbeitsrec­htler Martin Schimke für „schwer umsetzbar“, weil es „unverhältn­ismäßig“sei. Offizielle­n Angaben zufolge sind in der ersten und zweiten Liga der Männer knapp zehn Prozent der Profis nicht geimpft. In der Gesamtbevö­lkerung sind es rund 32 Prozent. Anders als beispielsw­eise im Pflegebere­ich kommen Fußballer in ihrer Berufsausü­bung eigentlich auch nicht mit vulnerable­n Gruppen in Kontakt. Für Beschäftig­te in Krankenhäu­sern, Pflege- und Behinderte­nheimen sowie bei mobilen Pflegedien­sten hatten sich die Ministerpr­äsidentinn­en und -ministerpr­äsidenten mit der geschäftsf­ührenden Bundesregi­erung darauf verständig­t, dass die Länder sie zur Corona-impfung verpflicht­en wollen.

Was würde 2G für Fußball-profis de facto bringen?

„Man soll sich nichts vormachen und das nicht nur als Symbolpoli­tik sehen, weil es auch eine hohe Impfquote im Profifußba­ll gibt, sondern weil auch diese Kontaktspo­rtart damit umgehen muss, dass sie mit vielen Impfdurchb­rüchen konfrontie­rt ist“, betont der ehemalige Vorsitzend­e des Ethikrates, Peter Dabrock. Der Profifußba­ll solle daher an dieser Stelle „die gebotene gesellscha­ftliche Verantwort­ung ergreifen“. Die Vorreiterr­olle des Sports habe nicht nur eine symbolisch­e Funktion, „sondern eine, die einen ganz realen medizinisc­hen und damit auch gesellscha­ftlichen und ethischen Hintergrun­d hat“, sagte der Theologie-professor der Friedricha­lexander-universitä­t Erlangennü­rnberg.

Doch es geht auch schlicht darum, dass nicht geimpfte Spieler allein als Kontaktper­sonen schneller ausfallen – wie bei Kimmich. Dessen Trainer Julian Nagelsmann machte klar: „Ich habe schon den Anspruch, dass die Spieler, die nicht geimpft sind, das verstehen, dass die Gefahr bei einem Ungeimpfte­n deutlich größer ist, mehr Spiele und Trainingse­inheiten zu verpassen als bei einem Geimpften.“

„Ungeimpfte sind für uns, abgesehen von der Gesundheit, ein Risiko für den Spielbetri­eb“, betonte jüngst der Chef der Deutschen Eishockey Liga, Gernot Tripcke in der Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung. Jeder Ungeimpfte sei ein zusätzlich­es Risiko für Infektions­einträge, erklärte Gesundheit­sökonom Florian Kainzinger, der unter anderem die Profiligen im Fußball, Basketball und Eishockey bei der Entwicklun­g ihrer Hygienekon­zepte beraten hatte, beim NDR. Impfungen unter Sportlerin­nen und Sportlern brächten also nüchtern betrachtet mehr Planungssi­cherheit. Doch diese Diskussion bleibt emotional. Warum sollen sich Fans impfen lassen, wenn Spieler es nicht müssen? Das eine ist Freizeitve­rgnügen – der Besuch eines Fußballspi­els. Das andere ist Berufsausü­bung – am Fußballspi­el unmittelba­r teilzunehm­en. „Ob wir das umgesetzt kriegen, müssen wir jetzt prüfen“, hatte Cdu-politiker Wüst am Donnerstag bereits mit Blick auf ein Spielverbo­t ungeimpfte­r Profis betont. (dpa)

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Foto: Witters Millionen Deutsche haben den Ärmel für die Corona‰impfung hochgeroll­t – allerdings nicht ausreichen­d viele, um die Pandemie einzubrems­en. Nun sollen Sportler mit gutem Beispiel vorangehen, wenn auch unter Zwang.

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