Zerstörerisch und auch verstörend
Kunstverein Ulm zeigt Bilder von Gottfried Helnwein
Ulm Die Macher des Kunstvereins Ulm haben Mut. Sie zeigen Bilder des gebürtigen Wieners Gottfried Helnwein, einem jetzt 73-jährigen Künstler, der mit seinen Werken gerne provoziert, indem er gesellschaftliche Wahrheiten schonungslos und auch sehr konträr darstellt. Er zeigt in der am heutigen Samstag um 18 Uhr beginnenden Ausstellung im Schuhhaussaal immer wieder Zerstörerisches, das verstört, wobei Kinder oft im Mittelpunkt seiner meist sehr fotorealistischen Malerei stehen. Der Titel der Ausstellung „Red Sleep“bezieht sich auf vier in Rot gehaltene Porträts eines Mädchens, das von Bild zu Bild mehr verstümmelt ist. Schon im Vorfeld habe es kritische Anmerkungen zu der Schau gegeben, merkt Marion Klemp-höpfner an. Im Flyer zur Ausstellung heißt es: „Diese Ausstellung wendet sich an Ihre intellektuelle Neugier. Die hier gezeigten Werke werden viele inspirieren und aufklären, aber sicher auch einige verärgern.“Der Kunstverein stellt sich der Kontroverse.
Gottfried Helnwein studierte Anfang der 70er Malerei an der Akademie der bildenden Künste Wien. Er erlernte verschiedene Techniken, dazu wurde die Fotografie für ihn ein wichtiges Medium. Seine Ausstellungen wurden oft von harter Kritik und Protest begleitet. Erst wanderte er 1985 nach Deutschland aus, 1997 ging er nach Irland, um sich 2002 in Los Angeles ein Atelier einzurichten – zumal er in Hollywood ein begehrter Künstler ist. Derzeit lebt Helnwein, der an der Eröffnung seiner Ausstellung heute nicht teilnehmen kann, weil er an Corona erkrankt ist, abwechselnd in LA und Irland.
Ein überdimensionales Selbstporträt empfängt den Besucher am Eingang zur Schau. Wer die Bilder im Uhrzeigersinn betrachtet, stößt gleich auf ein Gemälde, auf dem sich zwei junge Mädchen zärtlich küssen. Ein hübsches Bild – doch wer weiß, was sich im Kopf des Betrachters abspielt? Dann kommt Donald Duck ins Spiel, und zwar auf einem Bild, auf dem er an einem Tisch Mafiabossen gegenübersitzt. Helnweins Hang zu Comics wird auch bei dem Gemälde ganz deutlich erkennbar, auf dem Micky Maus (Titel „Mouse Rosé“) etwas unscharf mit fletschenden Zähnen dargestellt ist. Ein zentrales Bild der Ausstellung ist „Epiphanie I“(Anbetung der Könige): Anstelle der Heiligen Drei Könige ist eine „arisch“aussehende Madonna mit einem nackten, dunkelhaarigen Kind von Offizieren der Waffen-ss umgeben. Auch hier kümmert sich Helnwein nicht um Tabus, er greift in die Düsternis des Dritten Reichs.
Richtig Unbehagen lösen Bilder der „Red Sleep“-serie aus. Sie zeigen, wie ein unschuldiges Kind Zug um Zug verletzt, ja verstümmelt wird. Ein paar Meter weiter sieht man sogar ein aus dem Kopf blutendes Kind in weißem Kleid, neben das ein Porträt des vielleicht selben Mädchens in Uniform mit kaltem Blick gehängt wurde. Hier wurde das Kind wohl zum Täter. In der Ausstellung hängen 15 dem Verein aus verschiedenen Sammlungen überlassene Exponate, die wachrütteln, die auf Krieg, Armut, sexuelle Ausbeutung hinweisen, die kindliche Albträume thematisieren und die heute wieder jede Menge Aktualität besitzen.