In schwäbischer Bescheidenheit
Regionalliga Zum Ende der Hinrunde zieht Sport-geschäftsführer Markus Thiele eine erste Zwischenbilanz. Er spricht über Wintertransfers, Potenzial des Vereins und ein neues Stadion
Ulm Mit dem Auswärtsspiel beim VFB Stuttgart II schließt der SSV Ulm 1846 Fußball am Samstag (15.30 Uhr) die Hinrunde in der Regionalliga Südwest ab. Bislang gibt es für die Spatzen keinen Grund, unzufrieden zu sein. Das Team ist Tabellenzweiter und auf Kurs in Richtung 3. Liga. Wenn bloß die jüngste Verletztenmisere nicht wäre. „Aber so etwas können wir nicht beeinflussen“, sagt Trainer Thomas Wörle. Markus Thiele, seit Juli 2021 Sport-geschäftsführer der Ulmer, sieht’s genauso. Nach fast 150 Tagen im Amt zieht er eine erste Zwischenbilanz und spricht über ...
● ... mögliche Verpflichtungen in der Winterpause: Kurzfristig zu handeln, sei keine Option. „Weil vertragslose Spieler eine gewisse Zeit brauchen, bis wir sie auf dem gewünschten Level haben. Das bringt nicht den gewünschten Effekt“, sagt Thiele. Daher soll erst in der Winterpause der Transfermarkt sondiert werden. Der Sportchef meint aber auch: „Das wird nicht in riesige Aktivitäten ausarten.“Verstärkungen soll es auf zwei, drei Positionen geben – um dem bestehenden Kader noch mehr Stabilität zu verleihen. Eins zu eins werden die Spatzen die verletzten Führungsspieler wie Tobias Rühle und Niclas Heimann ohnehin nicht ersetzen können. Thiele sagt: „In schwäbischer Bescheidenheit werden wir das ausgeben, was wir haben.“
● ... sportliche Ambitionen der Spat zen: Noch nimmt das A-wort niemand offiziell in den Mund. Zumindest intern. Im Umfeld wird nach dem starken Saisonauftakt aber längst offen über einen möglichen Aufstieg gesprochen. Thiele will mitnichten der Spielverderber sein, tritt aber vorsichtig auf die Euphoriebremse und sagt: „Unser Ziel war es, einen Kader zusammenzustellen, der Gas gibt, der entwicklungsfähig und engagiert ist.“Gleichzeitig fordert er, weiter bodenständig und bescheiden zu bleiben. Thiele: „Wenn man ganz vorne dabei ist, ist das eine schöne Momentaufnahme. Aber so eine Saison ist brutal lang. Da kann viel passieren.“
● ... das Potenzial in der Region: Die Rechnung klingt simpel: Je erfolgreicher die Spatzen spielen, desto mehr Fans kommen ins Stadion. In der Regionalliga liegen die Ulmer mit im Schnitt 1974 Zuschauerinnen und Zuschauern pro Heimspiel – den Dfb-pokal ausgenommen – auf Rang zwei. Krösus ist Offenbach (4789). Thiele nennt es „eine positive Gesamtentwicklung“und sagt: „Die Mannschaft ist in Vorleistung gegangen, hat die Leute begeistert.“Auch im Sponsoring sei eine solche Aufbruchstimmung spürbar. Seit Juli 2021, erklärt er, seien 18 neue Partner dazugekommen – und damit auch ein zusätzliches finanzielles Volumen von 200.000 Euro.
● ... die Umstrukturierung hinter den Kulissen: Von professionellen Strukturen sei der Verein nach vielen Jahren in der Ober- und Regionalliga noch weit entfernt. Doch die Weichen seien gestellt worden, unter anderem durch die hauptamtliche Geschäftsführung. Die ist im Übrigen auch Zulassungsvoraussetzung für die 3. Liga. Auch über neue Investoren und Kapitalerhöhungen wird intern diskutiert. Thiele erklärt: „Der SSV Ulm hat sich im vergangenen Jahr zum ersten Mal auch vom Etat her in Richtung Spitze der Liga gestreckt, hat aber auch richtige Klimmzüge machen müssen. Jetzt gilt es, Stabilität hinzubekommen.“
● ... ein neues Stadion: Verein und Stadt sind im regen Austausch, momentan geht es allerdings erst um eine Machbarkeitsstudie zur Standortfindung. Thiele sagt aber auch: „Um den Verein voranzubringen, ist ein neues Stadion keine Lösung, ein Aufstieg auch nicht. Die Hausaufgaben müssen zuvor erledigt werden. Wenn ich ein Finanzloch in der Regionalliga habe, wird das in der 3. Liga nicht gestopft, sondern eher noch größer.“Ähnliches gelte für ein neues Stadion. Über vielerlei Details müsse man sich schon im Vorfeld Gedanken machen. Etwa über neue Wege der Vermarktung, zum Beispiel durch Led-bandenwerbung oder eine Erweiterung des Vip-bereichs. „Nur weil ich ein neues Stadion habe, ist es deswegen nicht gleich ausverkauft und ausvermarktet“, meint Thiele.