Neu-Ulmer Zeitung

„Veränderun­gen sind das Schönste“

Anke Engelke kann nicht nur lustig: Sie spricht über ihren neuen Film „Mein Sohn“, eigene Erfahrunge­n und die Grenzen der Moral

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schen nach ein paar Jahren trifft und es heißt: „Du hast dich gar nicht verändert.“Da würde ich direkt aus dem Fenster springen. Das wäre fürchterli­ch. Und das gilt auch innerhalb des Freundeskr­eises. Man beobachtet und denkt sich: Das hätte ich nicht gedacht, dass du jetzt den Job wechselst? Wie, du hast noch Kinder gekriegt?

Aber bezieht sich der Satz „Du hast dich nicht verändert“nicht in erster Linie auf das Körperlich­e? Das ist doch eigentlich positiv gemeint. Engelke: Das sehe ich anders. Wenn man jemandem ansieht, dass er oder sie an Körper, Gesicht, Bewegung und Mimik älter und reifer ist, heißt das doch nur: Diese Person hat ganz viele Erfahrunge­n gemacht und die Angebote des Lebens alle angenommen. Ich finde solche Beobachtun­gen inspiriere­nd. Denn so funktionie­rt auch eine Gesellscha­ft, dass man nicht einfach auf die Oberfläche schaut und weiterzieh­t, sondern den anderen beobachtet und das alles in das eigene Denken und Handeln und die eigene Weiterentw­icklung integriert.

Der Film zeigt auch Unterschie­de der Generation­en. Aber würde man sich in seinen 50ern nicht gerne mal wie in den 20ern verhalten? Engelke: Ich habe da ein Beispiel: Als Mädchen bin ich gerne Skateboard gefahren. Ich konnte keine Tricks, aber ich kann auf dem Brett automatisc­h stehen und falle nicht um und breche mir die Arme. Im Film fährt der Sohn mit seiner Clique Skateboard, und es wäre total unangebrac­ht gewesen, wenn ich als private Anke am Set gesagt hätte: „Kommt, ich fahre mal mit.“Das wäre bescheuert gewesen. Da denke ich kurz auch an mich als Jugendlich­e. Wenn meine Eltern mit mir Skateboard gefahren wären, dann hätte ich das nicht für cool gehalten, null! Alles hat seine Zeit, seinen Moment. Man muss solche Räume einer anderen Altersgrup­pe überlassen.

Auch die gesellscha­ftlichen Sensibilit­äten verändern sich derzeit massiv – was zu großen Diskussion­en führt, etwa in Sachen Genderspra­che oder Umweltbewu­sstsein. Was halten Sie davon?

Engelke: Ich finde sie spitze. Ich bin total froh, dass alles offen diskutiert wird, und wie bei jeder Diskussion kommt dabei viel Quatsch heraus, aber auch viel Gutes. Wir vergessen oft, dass wir keine Expert:innen und Spezialist:innen sind. Wir verwechsel­n oft Meinung und Ahnung. Wir haben alle eine Meinung, und nur ganz wenige haben Ahnung. Und genau deshalb müssen wir miteinande­r reden und gucken, was verletzt wen, was ist wem egal. Und dazwischen findet das Leben statt. Es ist toll, dass wir untere Antennen ausfahren und hinterfrag­en, warum jemand etwas falsch findet. Aber ich gebe zu, es ist auch ein großer Schritt, aus der Komfortzon­e herauszutr­eten und zu fragen, warum jemanden etwas stört oder verletzt. Und auch warum jemand auf etwas nicht verzichten will. Wenn jemand sagt: Ich liebe mein Motorrad, auch wenn es knattert und stinkt.

Und was ist Ihr liebstes Fortbewegu­ngsmittel? Eine knatternde Harley? Engelke: Ich habe ein Elektroaut­o für Strecken, die ich mit dem ÖPNV nicht hinbekomme, innerhalb Europas fliege ich nicht, nur einmal pro Jahr, den Rest mache ich per Zug. Von Köln aus komme ich nämlich überall in maximal vier Stunden hin. In europäisch­e Länder fahre ich total gerne mit dem Zug, Notfalls lege ich einen Zwischenst­opp über Nacht ein. Ich war so schon in London, Barcelona und Kopenhagen. Alles kein Problem.

Dann dürfte man ja auch einen Film wie „Mein Sohn“mit der langen Autofahrt nicht drehen. Soll das künftig aus Umweltgrün­den verboten werden? Engelke: Nee, nee, dann ist der Spaß vorbei. Da muss ich zu Hause bleiben und gucken, wie die Welt untergeht. Niemand kann und soll sich derart beschränke­n und so viel Verzicht üben. Es wäre absurd zu sagen, man soll keine Filme mehr drehen, in denen nicht gegendert wird, wo die Menschen Autos fahren, rauchen oder genüsslich ein Steak essen. Das Leben geht ja mannigfalt­ig, bunt und divers weiter, mit allem, was dazugehört. Wir sollten deshalb optimistis­ch und freudvoll bleiben.

Interview: Rüdiger Sturm

Engelke aktuell in „Mein Sohn“

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Anke Engelke wurde in Kanada geboren, wuchs drei‰ sprachig auf und wurde bereits im Alter von elf Jahren als Teil des Chors nach einem Duett mit Udo Jürgens von Radio Luxemburg entdeckt. Berühmt wurde die heute 55‰Jährige durch Spa߉tv‰formate wie „Die Wochen‰ show“und „Ladykrache­r“. Sie lebt in Köln, ist dreifache Mutter, zweifach geschieden.
Fotos: Warner Bros, dpa Ihre Karriere Anke Engelke wurde in Kanada geboren, wuchs drei‰ sprachig auf und wurde bereits im Alter von elf Jahren als Teil des Chors nach einem Duett mit Udo Jürgens von Radio Luxemburg entdeckt. Berühmt wurde die heute 55‰Jährige durch Spa߉tv‰formate wie „Die Wochen‰ show“und „Ladykrache­r“. Sie lebt in Köln, ist dreifache Mutter, zweifach geschieden.

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