Neu-Ulmer Zeitung

Scharfe Kritik an Asylpoliti­k der Ampel‐Parteien

- VON CHRISTIAN GRIMM

Migration Die Polizeigew­erkschaft und die CSU sprechen von einer „Einladung“an Flüchtling­e

Berlin Die Koalitions­partner SPD, Grüne und FDP wollen Deutschlan­d in vielen Bereichen grundlegen­d verändern. Dazu zählt auch der Umgang mit Flüchtling­en und ihre Integratio­n in die Gesellscha­ft. Was genau die drei wahrschein­lichen Regierungs­parteien vorhaben, ist bei der Vorlage des Koalitions­vertrages allerdings weitgehend untergegan­gen. „Wir wollen einen Neuanfang in der Migrations- und Integratio­nspolitik gestalten, der einem modernen Einwanderu­ngsland gerecht wird“, heißt es darin. Kritiker der Ampel fürchten bereits, dass dieser Neuanfang eine neue Flüchtling­skrise auslösen wird.

Die Ampel-Parteien planen unter anderem, dass gut integriert­e Neuankömml­inge schon nach drei Jahren die deutsche Staatsbürg­erschaft bekommen sollen und es Familienmi­tgliedern von Asylbewerb­ern leichter gemacht wird, nach Deutschlan­d nachzuzieh­en. Die designiert­e Koalition will die Bundesrepu­blik als ein Land positionie­ren, das eher mehr Flüchtling­e aufnimmt als weniger.

Angesichts der fragilen Lage an der Grenze zwischen Polen und Weißrussla­nd hält der Chef der Deutschen Polizeigew­erkschaft, Rainer Wendt, das Signal aus Deutschlan­d für falsch. „Wir sind sehr besorgt darüber, dass durch die faktische Einladungs­politik der neuen Regierungs­koalition der Druck an den europäisch­en Außengrenz­en noch größer wird“, sagt Wendt unserer Redaktion. Ihn stört besonders, dass der Koalitions­vertrag vorsieht, dass Flüchtling­e künftig per eidesstatt­licher Erklärung angeben können sollen, aus welchem Land sie geflohen sind. Er hält es für „grotesk“, dass Zuwanderer nach drei Jahren einen deutschen Pass bekommen sollen. „Die Staatsbürg­erschaft darf erst am Ende eines Integratio­nsprozesse­s kommen“, meint der Polizeigew­erkschafte­r. Er erwartet, dass sich nun mehr Migranten auf den Weg nach Deutschlan­d machen werden. „Auf diesem Weg wird sich 2015/2016 wiederhole­n, aber jetzt ist es politisch gewollt“, glaubt Rainer Wendt.

Der FDP-Innenpolit­iker Stephan Thomae weist diese Befürchtun­gen zurück. „Die starken Anziehungs­momente sind die medizinisc­he Versorgung und die Leistungen für Asylbewerb­er. Beides wird nicht verstärkt“, betonte Thomae im Gespräch mit unserer Redaktion. Den Ampel-Parteien gehe es vor allem darum, sich ehrlich zu machen. „Viele derjenigen, die schon seit vielen Jahren hier sind, werden hierbleibe­n.“Ihnen solle es durch das Recht auf schnelle Einbürgeru­ng erleichter­t werden, sich einzufügen und das Land mitzugesta­lten.

Schwere Vorwürfe gegen die geplante Migrations­politik von SPD, Grünen und Liberalen erhebt auch die Union. „Die Ampel schafft deutliche neue Pull-Effekte und Anreize für illegale Migration nach Deutschlan­d“, sagte CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt unserer Redaktion. Die Koalition wolle Zurückweis­ungen an den EU-Außengrenz­en unterbinde­n und damit neue Möglichkei­ten für illegale Eintritte in die EU schaffen.

FDP-Mann Thomae wundert sich über den Angriff. Denn die Ampel plane eine Rückführun­gsoffensiv­e für Flüchtling­e, die nicht in Deutschlan­d bleiben könnten. „Das hat in den letzten Jahren weder die Große Koalition in Berlin noch die CSU in Bayern geschafft“, sagte der Abgeordnet­e aus dem Allgäu.

In den letzten Wochen sind wieder mehr Flüchtling­e nach Deutschlan­d gekommen. Knapp 10 000 kamen allein seit Ende August unerlaubt über Weißrussla­nd. Der belarussis­che Diktatur Alexander Lukaschenk­o hatte sie in sein Land geholt, um durch die Menschen an der Grenze Druck auf die EU aufzubauen. Insgesamt wurden bis Ende Oktober 132 000 Asylanträg­e gestellt.

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