Neu-Ulmer Zeitung

Gemischte Gefühle

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Angela Merkel wird in Polen über alle Parteigren­zen hinweg hoch geschätzt. Die ostdeutsch­e Kanzlerin habe immer einen besonderen Sinn für die Seelenlage im Nachbarlan­d gehabt, sagt etwa Ex-Präsident Aleksander Kwasniewsk­i. Dieses Gefühl bringe ihr Nachfolger eher nicht mit. Dennoch: „Scholz kennt Polen gut. Er ist kompetent, sachlich und berechenba­r.“Allerdings spricht der Sozialist Kwasniewsk­i nicht für die gesamte politische Szene in Warschau. Besonders im rechtskons­ervativen Regierungs­lager gibt es Vorbehalte gegen den Sozialdemo­kraten Scholz und dessen Ampelkoali­tion. Das hat historisch­e Gründe. Die antikommun­istische Opposition in Polen fühlte sich Anfang der 70er von Willy Brandts Ostpolitik im Stich gelassen. Der SPD-Kanzler ging damals auf die Regierende­n zu. Ebenso wenig hat man vergessen, dass die damalige soziallibe­rale Koalition 1980 zurückhalt­end auf die Solidarnos­c-Bewegung reagierte.

Die Regierung in Warschau fürchtet auch in aktuellen Fragen eine Neuausrich­tung der deutschen Außenpolit­ik. Und das heißt: eine Verschärfu­ng der Kritik an Polen, insbesonde­re im Rechtsstaa­tsstreit mit der EU. Angela Merkel habe sich in dieser Sache immer sehr zurückgeha­lten, analysiert die opposition­elle Zeitung Gazeta Wyborcza und prophezeit: „Die Scholz-Regierung wird nicht so tun, als wäre alles in Ordnung.“Als wichtigen Faktor werten polnische Kommentato­ren dabei die Regierungs­beteiligun­g der Grünen. Das betrifft nicht nur den Rechtsstaa­tsstreit, sondern auch Fragen der Gleichstel­lung und vor allem die Klimapolit­ik. In der Regierungs­partei PiS denken viele wie ExAußenmin­ister Witold Waszczykow­ski, der einst vor „linken Politikkon­zepten“in Deutschlan­d warnte. (kröu)

Polen Regierung fürchtet schärferen Ton

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Foto: dpa Angela Merkel hatte ein spezielles Ver‐ hältnis zu Polen.

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