Alle Augen auf Baerbock
Am Freitagmorgen sausten die Düsenjäger über Rom. Neun Flieger stießen sechs Farbenschweife aus, es waren die Trikoloren Italiens und Frankreichs. Italiens Premier Mario Draghi und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatten kurz zuvor einen Pakt unterschrieben, der Italien und Frankreich zu noch engeren Verbündeten macht und indirekt eine Antwort auf die sich ändernden Machtverhältnisse in Europa ist. In Rom blickt man mit Neugier und Unsicherheit nach Berlin.
Annalena Baerbock, der ersten deutschen Außenministerin, begegnet man trotz aller Bekenntnisse zu Deutschland als vertrauenswürdigem Partner mit „ein wenig Sorgen“, wie La Repubblica schreibt.
Die Unerfahrenheit der Grünen, ihre Forderung im Wahlkampf, Atomwaffen aus Deutschland abzuziehen, ihre unverhohlene Kritik an Polen, Russland und China, fielen auch in Italien auf. Kann ein ungehemmt kritisches Deutschland seine Führungsrolle weiter behaupten oder beschneidet man sich so die diplomatischen Kanäle und damit den eigenen Einfluss? Baerbock am Telefon mit Putin? Noch ist das für viele eine eher bizarre Vorstellung.
In der italienischen Presse gibt es deshalb die Hoffnung, „dass die Außenpolitik auch künftig Chefsache bleibt“, dass also der künftige Bundeskanzler Olaf Scholz die wichtigen Gespräche führt und Entscheidungen fällt. Scholz hat man in Italien als „konzilianten Finanzminister und enthusiastischen Förderer des Recovery Fund“kennengelernt. Außenpolitik ist im hoch verschuldeten Italien immer auch Finanzpolitik. Die Sorge, der designierte Finanzminister Christian Lindner, der eine „Schuldenunion“ausschloss, könne die EU zurück in die Zeiten der Austerität führen, schwingt im Hintergrund mit. Mit Scholz im Kanzleramt hingegen fühlt man sich in Rom einigermaßen sicher. (jmm)
Italien Neue Außenministerin weckt Skepsis