Neu-Ulmer Zeitung

Wo fährt künftig der ICE im Landkreis Neu‐Ulm?

- VON MICHAEL RUDDIGKEIT

Bahnprojek­t Für die geplante Neubaustre­cke Ulm – Augsburg gibt es derzeit vier mögliche Varianten. Jede hätte erhebliche Eingriffe in der Region zur Folge. Wie es nun weitergeht

Neu‐Ulm Die Bahnlinie von Ulm nach Augsburg besteht seit mehr als 160 Jahren und gehört zu den meistbefah­renen Strecken in Süddeutsch­land. Auf dem 85 Kilometer langen zweigleisi­gen Abschnitt wird der Fern-, Nah- und Güterverke­hr abgewickel­t. Entspreche­nd eng geht es dort zu. Die Bahn will die ICE-Züge und die Güterzüge künftig auf einer eigenen Trasse fahren lassen. Doch wo soll diese verlaufen? Vier Möglichkei­ten werden derzeit in Betracht gezogen. Jede von ihnen hätte erhebliche Auswirkung­en auf den Landkreis Neu-Ulm.

Der viergleisi­ge Ausbau der Bahnstreck­e Ulm – Augsburg ist im Bundesverk­ehrswegepl­an 2030 in den vordringli­chen Bedarf eingestuft, das heißt, er hat oberste Priorität. Ziel ist es, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen. Der Nahverkehr soll gestärkt und ausgebaut werden, da die Regionalzü­ge dann allein auf der bestehende­n Strecke fahren können. Die Fahrzeit im Fernverkeh­r soll verkürzt werden – mit Halt in Günzburg sollen die Schnellzüg­e künftig in 40 Minuten von Ulm nach Augsburg brausen, ohne dortigen Halt in 26 Minuten. Eine Geschwindi­gkeit von bis zu 300 Stundenkil­ometer soll auf der ICE-Neubaustre­cke möglich sein. Gleichzeit­ig sollen dort auch Güterzüge fahren können, was die Suche nach einer geeigneten Trasse komplizier­ter macht.

Derzeit ist das Mammut-Projekt noch in der Vorplanung. Die Bahn hat vier mögliche Varianten ausgemacht. Eine Vorfestleg­ung gibt es dabei nicht. Erst bis Ende 2023 soll eine Vorzugstra­sse festgelegt werden. Im Jahr darauf müsste diese dann vom Bundestag genehmigt werden.

Markus Baumann, der Leiter des Bahnprojek­tes Ulm – Augsburg, stellte die nach Farben benannten Varianten im Neu-Ulmer Stadtrat per Video vor. Die violette Trasse verläuft zunächst entlang der Bestandsst­recke, also durch Burlafinge­n und Nersingen hindurch. Erst nach Unterfahlh­eim biegt sie nach Süden ab und verläuft dann unterhalb von Leipheim und Günzburg Richtung Augsburg. Bei dieser Variante werde es „relativ große Probleme in Burlafinge­n“geben, räumte Baumann ein. Viele Bürgerinne­n und Bürger wären davon betroffen. Sowohl beim Bau als auch durch Lärm entstünde eine erhebliche Beeinträch­tigung, sagte Oberbürger­meisterin Katrin Albsteiger. Dafür gäbe es weniger Auswirkung­en auf die Landwirtsc­haft.

Bei den drei anderen möglichen Strecken würden teilweise Landschaft­sschutzgeb­iete durchschni­tten. Die türkise Variante, die relativ gerade von West nach Ost verläuft, führt ebenso durchs Pfuhler Ried wie ihre Alternativ­en. Sie verläuft dicht an Steinheim vorbei und südlich von Straß. Die orangefarb­ene Variante ist bis Bibertal identisch, danach führt sie nördlich an Kötz vorbei, die türkisfarb­ene Trasse südlich. Die blaugrüne Variante wird ein gutes Stück entlang der B10 geführt, macht dann einen Bogen und verläuft nördlich von Remmeltsho­fen, Kadeltshof­en und Raunertsho­fen.

„Wir stehen dem Projekt vom Ziel her positiv gegenüber“, sagte OB Katrin Albsteiger. Das unterstric­hen auch Johannes Stingl (CSU) und Rudolf Erne (SPD). Klar sei

Oberbürger­meisterin will neue Haltepunkt­e

aber auch: „Hier findet ein sehr erhebliche­r Eingriff statt“, so die Oberbürger­meisterin. „Wir wünschen uns eine möglichst geringe Zerschneid­ung der Landschaft“, gab sie dem Vertreter der DB Netz mit auf den Weg. Und es müsse die Möglichkei­t geben, neue Bahnhalte in Burlafinge­n und im Industrieg­ebiet in Neu-Ulm zu realisiere­n.

„Das haben wir im Blick“, versichert­e Markus Baumann. Er betonte aber auch, dass ein Bahnhalt in Burlafinge­n nur mit zwei zusätzlich­en Gleisen möglich sei. Ansonsten reiche die Kapazität nicht aus. Während sich Katrin Albsteiger „sehr optimistis­ch“zeigte, dass die zwei gewünschte­n neuen Bahnhalte gebaut werden, ging Stadtbaudi­rektor

Markus Krämer noch einen Schritt weiter: „Die sind gesetzt, die müssen kommen.“

„Wir brauchen eine Bilanz zum Flächenver­brauch und zu den Auswirkung­en der Trassen auf Mensch und Landschaft“, forderte Johannes Stingl. Er wollte außerdem wissen, was mit der Staatsstra­ße sowie der Aldi- und der Finkbeiner-Filiale passiert, wenn die zusätzlich­e Bahntrasse entlang der Adenauer Straße gebaut wird. Die Gebäude müssten dann versetzt werden, so Baumann. Wobei der Discounter ohnehin einen Neubau plant (wir berichtete­n). Und die Straße? Müsse entweder verlegt werden oder für die Bahn werde ein Tunnel gebaut, erläuterte Markus Krämer.

Zum Flächenver­brauch der verschiede­nen Varianten konnte Projektlei­ter Baumann noch keine genauen Zahlen nennen. Wobei klar sei, dass ein kompletter Neubau in der freien Landschaft vom Umweltgesi­chtspunkt her schlechter sei als ein Bau auf einer bestehende­n versiegelt­en Fläche. Was den Lärmschutz angehe, sei ein Gutachter beauftragt. Erste Erkenntnis­se würden Mitte 2022 vorliegen.

Christina Richtmann ( FWG) wollte wissen, ob die Entscheidu­ng, entweder durchs Pfuhler Ried oder durch Burlafinge­n zu bauen, vermeidbar sei oder nicht? Klare Antwort des Bahn-Vertreters: „Nein.“Es gibt also nur ein Entweder-oder.

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Foto: Alexander Kaya (Archivbild) Auf der Strecke Ulm – Augsburg sollen Fern‐ und Nahverkehr­szüge künftig auf getrennten Trassen fahren. Die ICE‐Neubaustre­cke wird auch auf Neu‐Ulm erhebliche Auswirkung­en haben.

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