Neu-Ulmer Zeitung

Allein gegen den Bebauungsp­lan

- VON RONALD HINZPETER

Debatte Wie eine Anwohnerin in Ludwigsfel­d eine 50 Jahre alte Vorschrift in Neu-Ulm zu

Fall bringt – und wie ein einzelner Stadtrat sich vergeblich gegen die Mehrheit stemmt

Neu‐Ulm Kann eine einzige Person dafür sorgen, dass seit 50 Jahren geltende Bauvorschr­iften geändert werden? Das geht, wie ein Fall aus Ludwigsfel­d zeigt. Allerdings ging das im Planungs- und Umweltauss­chuss jüngst nicht ohne kontrovers­e Debatte ab. Umgekehrt kann ein einzelner Stadtrat manchmal gar nichts bewirken, wenn er gegen die breite Mehrheit steht. Vor allem, wenn es um ein markantes Großprojek­t geht.

Im Weg Hinter den Gärten in Ludwigsfel­d gilt seit 1970 ein Bebauungsp­lan, der klar festlegt: Mehr als zwei Geschosse dürfen die dort stehenden Reihenhäus­er nicht haben. Doch nun stellte eine Bewohnerin den Antrag an die städtische Bauverwalt­ung, ihr Anwesen – es ist eines von 17 – aufzustock­en. Sie möchte die 120 Quadratmet­er Wohnfläche auf 150 vergrößern. Damit löste sie einen vergleichs­weise umfangreic­hen Verwaltung­svorgang aus. SPD-Mann Rudolf Erne sagte im Planungs- und Umweltauss­chuss kurz und bündig: „Jetzt beschäftig­en wir uns im Rat schon zum vierten Mal mit einer Lappalie.“Bei einem Ortstermin im September hatten Mitglieder des Ausschusse­s, Verwaltung­svertreter und Anwohner über das Ansinnen diskutiert – offenbar mit uneinheitl­ichem Ergebnis. Bei der CSU wurde vor allem Ablehnung wahrgenomm­en. Und so sagte denn Bernhard Meier, es habe ja nur eine einzige Bewohnerin Interesse an der Aufstockun­g. Die Nachbarn seien überwiegen­d dagegen. Das müsse bei der Abwägung berücksich­tigt werden. Außerdem sei zu erwarten, dass auf andere Häuser der Umgebung dann mehr Schatten fiele. Dazu wurde übrigens ein umfassende­s Gutachten erstellt. Die Christsozi­alen schlossen sich dem Widerstand in der Siedlung an und lehnten eine entspreche­nde Änderung des Bebauungsp­lans ab.

Die Kommunalve­rwaltung hingegen sieht die Sache komplett anders. Stadtbaudi­rektor Markus Krämer findet, die Äußerungen beim Ortstermin seien nicht verlässlic­h. Er hält eine Wohnfläche von 120 Quadratmet­ern nicht mehr für zeitgemäß. Wenn ein zusätzlich­es Stockwerk erlaubt werde, bekämen Familien 150 Quadratmet­er zur Verfügung – und das, ohne weitere Flächen versiegeln zu müssen. „Wir können doch nicht auf alles verzichten, was irgendjema­nden stören könnte“, sagte er. Unterstütz­ung bekam er von Erne, der zum Thema „Verschattu­ng“anmerkte, es sei normal, dass irgendwann im Laufe des Tages Schatten auf ein Haus falle. Die Grüne Ute Seibt sah die Aufstockun­g positiv, denn das Thema

Homeoffice werde ja blieben. Da sei die Wohnraumer­weiterung schon sinnvoll. Am Ende wurde es dann knapp: Für eine Änderung des Bebauungsp­lans und damit die Aufstockun­g stimmten zehn Ausschussm­itglieder, acht dagegen. Allerdings ist das Thema damit noch nicht erledigt, denn nun wird der Bebauungsp­lan öffentlich ausgelegt, damit Betroffene gegebenenf­alls Einwände erheben können.

Von völlig anderer Dimension ist der Neubau auf dem ehemaligen LEW-Grundstück am HeinerMetz­ger-Platz. Den will die Stadt mit einem Kostenaufw­and von rund 60 Millionen Euro in Eigenregie hochziehen. Der Bebauungsp­lan sollte nun ebenfalls öffentlich ausgelegt werden. Doch der FDP-Rat Alfred Schömig war mit entscheide­nden Details des Projekts nicht einverstan­den und legte sich quer.

Während für die CSU Reinhard Junginger von einer „einmaligen Sache“schwärmte, der unbedingt zuzustimme­n sei, störte sich Schömig daran, dass die Stadt so ein aufwendige­s Projekt über eine eigens gegründete städtische Entwicklun­gsgesellsc­haft selber stemmen wolle. Er findet grundsätzl­ich, das Projekt solle nicht vermietet, sondern gleich verkauft werden. Und dann ist da auch noch die Tiefgarage, die zum Neubau gehören soll. Die wird auf zwei Ebenen 203 Stellplätz­e bieten.

Schömig stört sich an den Kosten von rund zehn Millionen Euro: „Ich verstehe das nicht.“Die Stadt solle 100 Plätze weglassen, denn in der näheren Umgebung gebe es genügend Garagenplä­tze, allein 390 am Südstadtbo­gen. In der Glacis-Galerie gebe es weitere Stellfläch­en. Auch aus ökologisch­en Gründen könne hier gespart werden. Allerdings ist der Zug längst abgefahren. Oberbürger­meisterin Katrin Albsteiger (CSU) wies ihn darauf hin, dass die Entscheidu­ng „schon längst an anderer Stelle gefällt worden ist“. Es gehe hier nur darum, den Bebauungsp­lan öffentlich auszulegen. Und so geschieht es denn auch. Nur Alfred Schömig stimmte dagegen.

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Foto: Alexander Kaya Eine zweistöcki­ge Tiefgarage wird unter dem Heiner‐Metzger‐Platz in Neu‐Ulm geplant: Das gefällt nicht jedem.

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