Wann man die Fortbildung zurückzahlen muss
Recht Mit einer Rückzahlungsklausel wollen Arbeitgeber Beschäftigte, die eine Vergünstigung erhalten haben, an sich binden. Das gibt es häufig bei Prämien und Weiterbildungen. Diese Klauseln müssen aber nicht immer wirksam sein
Berlin Noch das Weihnachtsgeld einstreichen und dann bin ich weg! Solches Verhalten wollen Arbeitgeber unterbinden und können dazu sogenannte Rückzahlungsklauseln im Arbeitsvertrag festhalten. Darin können Fristen festgelegt werden, für die eine Rückzahlungspflicht für Sonderzahlungen gilt – mit dem Ziel, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ans Unternehmen zu binden. Kündigen Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer vor Ablauf der Bindungsdauer, müssen sie das erhaltene Geld zurückzahlen. Aber wann sind diese Regelungen wirksam?
Grundsätzlich müsse man unterscheiden, für welchen Bereich eine Rückzahlungsklausel vereinbart ist, sagt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin. Rückzahlungsklauseln zum Weihnachtsgeld gehören laut Peter Meyer zu den Klassikern. Grundsätzlich ist es möglich, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren, dass zum Beispiel das im November gezahlte Weihnachtsgeld zurückgezahlt werden muss, wenn ein Arbeitnehmer bis zum 31. März des Folgejahres aus dem Unternehmen ausscheidet.
Bei Umzugskosten gibt es laut
Meyer ähnliche Regelungen. Arbeitgeber können Arbeitnehmern zusichern, diese Kosten zu übernehmen. In einer Rückzahlungsklausel kann dann festgelegt werden, dass der Arbeitnehmer sie zurückzahlen muss, wenn er bis zu einem bestimmten Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis kündigt. Dabei muss es aber Staffelungen geben. Meyer nennt ein Beispiel: Geht es etwa um Umzugskosten von 10 000 Euro, wird ein Arbeitnehmer, der erst nach fünf Jahren kündigt, die Umzugskosten nicht mehr zurückzahlen müssen.
Wenn eine Prämie eine bereits erbrachte Arbeitsleistung oder bei der Corona-Prämie die Belastungen des Arbeitnehmers während der Pandemie honoriert, ist eine Rückzahlungsklausel unwirksam. So entschied auch das Arbeitsgericht Oldenburg in einem Urteil aus dem Mai 2021. Darin stellte das Gericht fest: Ein Arbeitgeber hat keinen Anspruch auf Rückzahlung einer Sonderzahlung in Bezug auf die CoronaPandemie in Höhe von 550 Euro, selbst wenn der Arbeitsvertrag eine Rückzahlungspflicht bei einem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis binnen zwölf Monaten vorsieht.
Auch der Betrag spiele in solchen Fällen eine Rolle, sagt Meyer. Geht es um sehr niedrige Leistungen, kann eine Rückzahlungsklausel generell unzulässig sein.
Geht es um die Rückzahlung von Aus- oder Fortbildungskosten, braucht es Peter Meyer zufolge immer eine klare Regelung im Arbeitsoder in einem geltenden Tarifvertrag. Die Vereinbarung über die Förderung der Weiterbildung und die Bedingungen einer Rückzahlung sollten immer vor Beginn der Weiterbildung geschlossen sein, damit der Arbeitnehmer frei entscheiden kann, ob er die Unterstützung des Arbeitgebers und die damit verbundene Rückzahlungsklausel akzeptieren will. „Es gibt hier aber Schranken“, grenzt Meyer ein. Es gebe Weiterbildungskosten, die immer der Arbeitgeber zahlen muss. Dazu zählen etwa Kosten für die betriebliche Ausbildung, für eine Betriebsratsschulung oder die Entgeltfortzahlung bei Bildungsurlaub.
Geht es um eine Anpassungsqualifizierung, bei der Arbeitnehmer etwa für die digitale Arbeitswelt fit werden sollen, müsse man klären, welches Interesse dahinterstecke.
Wenn eine Qualifizierung überwiegend im Interesse des Arbeitgebers erfolgt, „sind Rückzahlungsklauseln regelmäßig unwirksam“, sagt Meyer. Gerade in diesem Bereich komme es aber häufig zu Streit. Ausschlaggebend kann laut Meyer dann etwa die Frage sein, inwieweit eine Fortbildung einen wirtschaftlichen Vorteil für den Arbeitnehmer bringt – etwa, weil er nach der Weiterbildung viel besser qualifiziert ist und bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat.
Auf der anderen Seite dürfe der Arbeitgeber die Beschäftigten mit einer Rückzahlungsklausel nicht unbegrenzt an den Betrieb binden. Auch die Höhe der Kurskosten spiele eine Rolle. Peter Meyer führt dafür Faustformeln an: Finanziert der Arbeitgeber eine Fortbildung, die rund einen Monat dauert und 3000 bis 4000 Euro kostet, dann ist regelmäßig eine Rückzahlungsklausel für etwa sechs bis zwölf Monate zulässig. Geht der Kurs ein halbes oder ganzes Jahr und ist entsprechend teurer, kann dies im Einzelfall Rückzahlungsklauseln von bis zu drei Jahren rechtfertigen.
Amelie Breitenhuber, dpa