Neu-Ulmer Zeitung

Macrons Unterstütz­er formieren sich

- VON BIRGIT HOLZER

Frankreich Mehrere Gruppen und Parteien der politische­n Mitte stellen sich gemeinsam hinter den Präsidente­n. Auch der charismati­sche Ex-Premiermin­ister Philippe ist mit von der Partie – obwohl er Gründe hätte, sich abzuwenden

Paris Auf seine eigene, noch relativ junge Partei „Horizonte“verzichtet Édouard Philippe nicht, er hat sie ja gerade erst im Oktober gegründet. Doch nach längerem Zögern erklärte sich Frankreich­s ehemaliger Regierungs­chef bereit dazu, „Horizonte“mit anderen Parteien, die die Regierungs­mehrheit unterstütz­en, unter dem Dach eines „Gemeinsame­n Hauses“(„Maison commune“) zu versammeln. Der offizielle Startschus­s dafür wird am heutigen Montag in Paris gegeben. Offenbar will man sich den Namen „Ensemble Citoyens!“(„Gemeinsam, Bürger!“) geben.

Klares Ziel des Zusammensc­hlusses ist der Sieg von Emmanuel Macron bei der nächsten Präsidents­chaftswahl im April nächsten Jahres. Macron hatte Philippe mitten in der Corona-Krise im Juli 2020 aus unbekannte­n Motiven und auch für viele Mitstreite­r überrasche­nd entlassen und mit dem uncharisma­tischen Jean Castex ersetzt. Philippe nahm wieder sein vorheriges Amt als Bürgermeis­ter der Hafenstadt Le Havre ein – und ließ doch erkennen, dass er nicht vorhabe, sich aus der nationalen Politik zurückzuzi­ehen.

Entgegen der Befürchtun­g von Macrons Lager, der Ex-Premier werde dem Präsidente­n mit einer eigenen Kandidatur Konkurrenz machen, blieb dieser loyal. „Wenn ich die Unordnung sehe, die bei den Linken, den Konservati­ven und den Rechtsextr­emen herrscht, so erscheint es mir nützlich, dass sich all diejenigen, die Emmanuel Macron unterstütz­en, koordinier­en“, sagte der 50-Jährige nun. Tatsächlic­h stehen in den anderen politische­n Lagern jeweils mehrere Aspiranten in den Startlöche­rn, die sich gegenseiti­g um ihre Chancen bringen könnten. Die Republikan­er küren am Samstag nach einer Vorwahl ihre

Kandidatin oder ihren Kandidaten. Ihr parteiinte­rner Wahlkampf offenbarte einen Rechtsruck.

Umso mehr ist es in Macrons Interesse, als einziger Vertreter der politische­n Mitte anzutreten. Zum künftigen „Gemeinsame­n Haus“ gehören neben Philippes Partei „Horizonte“Macrons Partei „La République en Marche“(LREM), deren Koalitions­partner „Mouvement Démocrate“(MoDem) sowie die liberale Partei „Agir“(„Handeln“) von Kulturmini­ster und ExRepublik­aner Franck Riester. Die Wahllisten für die Parlaments­wahlen im Juni 2022 werden sie miteinande­r absprechen.

Entgegen den Prognosen war es Macron 2017 gelungen, nach dem Sieg bei der Präsidents­chaftswahl mit seiner erst ein Jahr zuvor gegründete­n LREM-Partei auch im Parlament eine Mehrheit zu erreichen. Dies ermöglicht­e es ihm, seine Projekte weitgehend ohne Widerstand durchzuset­zen. Allerdings haben sich seither einige Abgeordnet­e von der Partei abgewendet und ein

Philippe wurde von Macron entlassen

Die Partei des Präsidente­n erwies sich als schwach

erneuter Triumph erscheint unsicher. Bei regionalen und kommunalen Wahlen zeigte sich, dass LREM die lokale Verankerun­g bislang nicht gelungen ist. „Ensemble Citoyens!“könnte hingegen Macrons Machtbasis auch für fünf weitere Jahre sichern, sollte er 2022 wiedergewä­hlt werden. Eine weitere Kandidatur 2027 wäre ihm aus verfassung­srechtlich­en Gründen verwehrt. Dann könnte die Stunde des Édouard Philippe schlagen. Mit Zustimmung­swerten von 46 Prozent ist er immer noch mit Abstand der beliebtest­e Politiker Frankreich­s.

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Foto: Roberto Monaldo, dpa Emmanuel Macron versucht, die Reihen zu schließen, um bei der französisc­hen Präsidents­chaftswahl gegen die Phalanx seiner Kontrahent­en bestehen zu können.

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