Boll beißt sich durch
Tischtennis Trotz einer Bauchmuskelzerrung hat der Deutsche eine Medaille schon sicher
Houston Timo Boll hat zum zweiten Mal in seiner Karriere eine WMEinzelmedaille sicher. Trotz einer schmerzhaften Bauchmuskelzerrung zog der 40-Jährige am Samstagnachmittag (Ortszeit) in Houston durch einen 4:2-Sieg gegen den Amerikaner Kanak Jha ins Halbfinale der Tischtennis-Weltmeisterschaften ein. Da der dritte Platz bei einer WM nicht extra ausgespielt wird, ist Boll die Bronzemedaille nicht mehr zu nehmen.
Ob daraus noch Silber oder sogar Gold wird, entscheidet sich nun in der Runde der letzten Vier, die nach deutscher Zeit in der Nacht zu Montag ausgetragen wird. „So verrückt kann Tischtennis sein“, sagte Boll. „Ich wusste nicht mehr, ob ich nicht einfach hinschmeißen sollte. Das Gefühl war nicht mehr schön. Aber ich wollte alles probieren und mir nicht den Vorwurf machen, in einem WM-Viertelfinale nicht alles gegeben zu haben.“
Der Rekord-Europameister von Borussia Düsseldorf plagt sich seit dem Beginn dieser WM-Woche mit Beschwerden am Bauchmuskel herum. Bislang hatten die ihn bei diesem Turnier kaum beeinträchtigt. Vor dem Duell mit dem 19 Jahre jüngeren Jha wurden die Schmerzen jedoch stärker. Vom eigenen Publikum noch zusätzlich angetrieben, gewann der Amerikaner so auch den ersten Satz mit 11:4. Boll holte danach einen einseitigen zweiten (11:5) und einen hart umkämpften dritten Durchgang (12:10), der das Match in seine Richtung lenkte. Am Ende nutzte er den ersten von drei Matchbällen gegen den in der Bundesliga für Ochsenhausen spielenden Außenseiter. „Das war ein schweres Spiel für Timo. Er ist schon gehandicapt, und man kann spüren, dass er sich quält“, sagte Bundestrainer Jörg Roßkopf. „Aber er hat die Qualität. Er wollte die Medaille unbedingt haben.“
Der Star von Borussia Düsseldorf stand zwar schon vier Mal an der Spitze der Weltrangliste, gewann acht EM-Titel und bereits sechs WM-Medaillen mit der deutschen Mannschaft. Bei Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften holte er im Einzel bislang aber nur die Bronzemedaille bei der WM 2011 in Rotterdam. „Heute ist ein Traum in Erfüllung gegangen, dass ich dabei sein durfte, als er dieses Ergebnis wiederholt hat“, sagte der deutsche Verbands-Chef Michael Geiger. „Und noch sind ja weitere Optionen offen.“Boll profitiert bei dieser WM auch davon, dass in seiner Turnierhälfte reihenweise namhafte Spieler frühzeitig scheiterten: VizeWeltmeister Mattias Falck (Schweden), der an Nummer zwei gesetzte Japaner Tomokazu Harimoto oder der Olympia-Halbfinalist Lin YunJu (Taiwan). „Wir haben die Auslosung gesehen und gewusst, was alles möglich ist“, sagte Roßkopf. (dpa)