Kinderbetreuung kostet in Vöhringen bald mehr
Gebühren Die Mitglieder des Stadtrats haben sich die Entscheidung nicht leicht gemacht: Wie teuer sollen Krippen- und Kindergartenplätze in einer Stadt werden, die sich selbst als familienfreundlich bezeichnet?
Vöhringen Vöhringen will die Gebühren für die Kinderbetreuung erhöhen. SPD und Grüne taten sich mit den Vorschlägen der Verwaltung schwer. Beide Fraktionen pochten auf sozial verträgliche Lösungen. Nach zähem Ringen steht am Ende nun ein Kompromiss.
Mit der Gebührenerhöhung will die Vöhringer Verwaltung vor allem erreichen, dass Eltern die Betreuung ihrer Kinder tatsächlich ihrem Bedarf entsprechend buchen. Weil die Gebühren so niedrig sind, buchen derzeit viele Eltern mehr Stunden, als ihr Kind in der Einrichtung ist, was als Luftbuchung bezeichnet wird. Das sorgt für höheren Personalbedarf, der angesichts der generell angespannten Lage im ErzieherBereich ohnehin schwierig zu decken ist. Die Verwaltung will nun rechtzeitig gegensteuern, bevor die Situation droht, dass zu wenig Erzieherinnen oder Erzieher da sind.
Vier Varianten zur Gebührenerhöhung hat die Verwaltung ausgearbeitet und wie bereits berichtet im Hauptausschuss vor gut zwei Wochen vorgestellt. Teurer werden vor allem die Sprünge von einer Buchungskategorie in die nächsthöhere. Statt um zwei Euro geht es künftig in Zehn-Euro-Schritten nach oben. Auch im Hauptausschuss wurde kritisiert, dass die Erhöhung zu hoch sei. Auf Vorschlag der SPD sollte die Stadt prüfen, ob und wie man die Gebühren am Einkommen der Eltern festmachen könnte. Verwaltungsmitarbeiterin Jana Laible hat nun nachgearbeitet und sich mit anderen Kommunen ausgetauscht. Ihr Ergebnis: Einkommensabhängige Gebühren seien ein viel zu großer Verwaltungsaufwand. Kommunen im Landkreis, die dieses Modell getestet hatten, hätten alle wieder davon Abstand genommen. In der Nähe erhebt nur Ulm Gebühren, die an das Familieneinkommen gekoppelt sind. Dort gebe es eigens Mitarbeiter in der Verwaltung dafür.
So standen in Vöhringen nun wieder die ursprünglichen Varianten zur Wahl, die jedoch von SPD und Grünen weiterhin heftig kritisiert wurden, unter anderem weil die prozentuale Steigerung sehr hoch ausfällt. In manchen Buchungsgruppen liegt sie bei fast 40 Prozent, ging aus den Erläuterungen Volker Barths (SPD) hervor. Markus Prestele (CSU) relativierte dies mit dem Hinweis, dass die neuen Gebühren in absoluten Zahlen ausgedrückt immer noch sehr moderat seien: „Sind das wirklich Beträge, die Familien in Bedrängnis bringen?“Zudem gebe es für Eltern mit sehr geringem Einkommen auch die Möglichkeit, dass die Gebühren übernommen werden, so Prestele. Barth hatte zuvor auch klar gemacht, dass die Erhöhungen diejenigen stärker treffen, die ihre Kinder länger in die Kita bringen müssen, beispielsweise Alleinerziehende, die nur mit einem
Vollzeitjob ihren Lebensunterhalt bestreiten können.
Aus den Reihen der SPD wurde unter anderem von Wilfried Maier auch auf Bellenberg verwiesen, wo Eltern mit geringem Einkommen einen Rabatt auf die Krippengebühren bekommen. Ähnliches wünschte sich Maier auch für Vöhringen. Bürgermeister Michael Neher (CSU) warnte im Verlauf der langen Debatte auch vor einer „Sozialdiskussion“, die nicht Zweck der Gebührenkalkulation im Kinderbetreuungsbereich sei.
Die Diskussion streifte auch die Grundsatzfrage, ob der Kindergarten überhaupt etwas kosten solle. 2019 hatte die Bayerische Staatsregierung den sogenannten Beitragszuschuss eingeführt, mit dem die Familien entlastet werden sollen, so schreibt das bayerische Sozialministerium auf seiner Website. Der Freistaat schießt pro Kind ab drei
Jahre 100 Euro pro Monat zu. In Vöhringen hatte das dazu geführt, dass die Kindergärten größtenteils beitragsfrei wurden. Während Neher und auch Markus Prestele die höheren Gebühren jetzt damit rechtfertigten, dass die Eltern früher deutlich mehr gezahlt hatten, warnte SPD-Fraktionssprecher Barth davor, das Geld quasi „hintenrum den Eltern wieder aufzuschlagen“.
CSU-Stadträtin Stefanie Bilmayer-Frank versuchte, die losen Fäden der Diskussion wieder zusammenund einen Kompromiss herbeizuführen. Sie habe sich bei einigen Eltern umgehört und erfahren, dass viele, die mehr verdienen, durchaus auch bereit wären, mehr für die Betreuung und Förderung ihrer Kinder zu zahlen. Sie nahm Bezug auf den Vorschlag von SPD-Mann Wilfried Maier, mit dem man auf einen Kompromiss zwischen den Fraktionen kommen könnte. Auch Bürgermeister Neher schlug schließlich einen Mittelweg mit einer Härtefallregelung vor und stellte fest: „So weit sind wir doch gar nicht auseinander.“Er gestattete eine 15-minütige Sitzungsunterbrechung, die die Räte zu intensiven Diskussionen in kleinen Grüppchen nutzten.
Am Ende stand der Kompromiss und wider Erwarten fiel der Beschluss doch noch einstimmig. Die Gebühren sollen wie von Neher vorgeschlagen in eine Satzung gefasst werden, die wiederum einkommensabhängige Gebührennachlässe vorsieht. Entschieden haben sich die Räte für die Erhöhung nach Variante 1, bei der in der höchsten Buchungskategorie im Kindergarten 60 Euro anfallen, in der Krippe 210 Euro und im Schülerhort 130 Euro. Details der Gebührensatzung werden dann im Hauptausschuss diskutiert.