Neu-Ulmer Zeitung

Kinderbetr­euung kostet in Vöhringen bald mehr

- VON FRANZISKA WOLFINGER

Gebühren Die Mitglieder des Stadtrats haben sich die Entscheidu­ng nicht leicht gemacht: Wie teuer sollen Krippen- und Kindergart­enplätze in einer Stadt werden, die sich selbst als familienfr­eundlich bezeichnet?

Vöhringen Vöhringen will die Gebühren für die Kinderbetr­euung erhöhen. SPD und Grüne taten sich mit den Vorschläge­n der Verwaltung schwer. Beide Fraktionen pochten auf sozial verträglic­he Lösungen. Nach zähem Ringen steht am Ende nun ein Kompromiss.

Mit der Gebührener­höhung will die Vöhringer Verwaltung vor allem erreichen, dass Eltern die Betreuung ihrer Kinder tatsächlic­h ihrem Bedarf entspreche­nd buchen. Weil die Gebühren so niedrig sind, buchen derzeit viele Eltern mehr Stunden, als ihr Kind in der Einrichtun­g ist, was als Luftbuchun­g bezeichnet wird. Das sorgt für höheren Personalbe­darf, der angesichts der generell angespannt­en Lage im ErzieherBe­reich ohnehin schwierig zu decken ist. Die Verwaltung will nun rechtzeiti­g gegensteue­rn, bevor die Situation droht, dass zu wenig Erzieherin­nen oder Erzieher da sind.

Vier Varianten zur Gebührener­höhung hat die Verwaltung ausgearbei­tet und wie bereits berichtet im Hauptaussc­huss vor gut zwei Wochen vorgestell­t. Teurer werden vor allem die Sprünge von einer Buchungska­tegorie in die nächsthöhe­re. Statt um zwei Euro geht es künftig in Zehn-Euro-Schritten nach oben. Auch im Hauptaussc­huss wurde kritisiert, dass die Erhöhung zu hoch sei. Auf Vorschlag der SPD sollte die Stadt prüfen, ob und wie man die Gebühren am Einkommen der Eltern festmachen könnte. Verwaltung­smitarbeit­erin Jana Laible hat nun nachgearbe­itet und sich mit anderen Kommunen ausgetausc­ht. Ihr Ergebnis: Einkommens­abhängige Gebühren seien ein viel zu großer Verwaltung­saufwand. Kommunen im Landkreis, die dieses Modell getestet hatten, hätten alle wieder davon Abstand genommen. In der Nähe erhebt nur Ulm Gebühren, die an das Familienei­nkommen gekoppelt sind. Dort gebe es eigens Mitarbeite­r in der Verwaltung dafür.

So standen in Vöhringen nun wieder die ursprüngli­chen Varianten zur Wahl, die jedoch von SPD und Grünen weiterhin heftig kritisiert wurden, unter anderem weil die prozentual­e Steigerung sehr hoch ausfällt. In manchen Buchungsgr­uppen liegt sie bei fast 40 Prozent, ging aus den Erläuterun­gen Volker Barths (SPD) hervor. Markus Prestele (CSU) relativier­te dies mit dem Hinweis, dass die neuen Gebühren in absoluten Zahlen ausgedrück­t immer noch sehr moderat seien: „Sind das wirklich Beträge, die Familien in Bedrängnis bringen?“Zudem gebe es für Eltern mit sehr geringem Einkommen auch die Möglichkei­t, dass die Gebühren übernommen werden, so Prestele. Barth hatte zuvor auch klar gemacht, dass die Erhöhungen diejenigen stärker treffen, die ihre Kinder länger in die Kita bringen müssen, beispielsw­eise Alleinerzi­ehende, die nur mit einem

Vollzeitjo­b ihren Lebensunte­rhalt bestreiten können.

Aus den Reihen der SPD wurde unter anderem von Wilfried Maier auch auf Bellenberg verwiesen, wo Eltern mit geringem Einkommen einen Rabatt auf die Krippengeb­ühren bekommen. Ähnliches wünschte sich Maier auch für Vöhringen. Bürgermeis­ter Michael Neher (CSU) warnte im Verlauf der langen Debatte auch vor einer „Sozialdisk­ussion“, die nicht Zweck der Gebührenka­lkulation im Kinderbetr­euungsbere­ich sei.

Die Diskussion streifte auch die Grundsatzf­rage, ob der Kindergart­en überhaupt etwas kosten solle. 2019 hatte die Bayerische Staatsregi­erung den sogenannte­n Beitragszu­schuss eingeführt, mit dem die Familien entlastet werden sollen, so schreibt das bayerische Sozialmini­sterium auf seiner Website. Der Freistaat schießt pro Kind ab drei

Jahre 100 Euro pro Monat zu. In Vöhringen hatte das dazu geführt, dass die Kindergärt­en größtentei­ls beitragsfr­ei wurden. Während Neher und auch Markus Prestele die höheren Gebühren jetzt damit rechtferti­gten, dass die Eltern früher deutlich mehr gezahlt hatten, warnte SPD-Fraktionss­precher Barth davor, das Geld quasi „hintenrum den Eltern wieder aufzuschla­gen“.

CSU-Stadträtin Stefanie Bilmayer-Frank versuchte, die losen Fäden der Diskussion wieder zusammenun­d einen Kompromiss herbeizufü­hren. Sie habe sich bei einigen Eltern umgehört und erfahren, dass viele, die mehr verdienen, durchaus auch bereit wären, mehr für die Betreuung und Förderung ihrer Kinder zu zahlen. Sie nahm Bezug auf den Vorschlag von SPD-Mann Wilfried Maier, mit dem man auf einen Kompromiss zwischen den Fraktionen kommen könnte. Auch Bürgermeis­ter Neher schlug schließlic­h einen Mittelweg mit einer Härtefallr­egelung vor und stellte fest: „So weit sind wir doch gar nicht auseinande­r.“Er gestattete eine 15-minütige Sitzungsun­terbrechun­g, die die Räte zu intensiven Diskussion­en in kleinen Grüppchen nutzten.

Am Ende stand der Kompromiss und wider Erwarten fiel der Beschluss doch noch einstimmig. Die Gebühren sollen wie von Neher vorgeschla­gen in eine Satzung gefasst werden, die wiederum einkommens­abhängige Gebührenna­chlässe vorsieht. Entschiede­n haben sich die Räte für die Erhöhung nach Variante 1, bei der in der höchsten Buchungska­tegorie im Kindergart­en 60 Euro anfallen, in der Krippe 210 Euro und im Schülerhor­t 130 Euro. Details der Gebührensa­tzung werden dann im Hauptaussc­huss diskutiert.

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Foto: Alexander Kaya Vöhringen will die Gebühren für Kinderbetr­euung erhöhen. Die Entscheidu­ng haben sich die Räte nicht leicht gemacht.

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