Neu-Ulmer Zeitung

Post für 200.000 Sparkassen­kunden

- VON MICHAEL KERLER

Banken Die Kreisspark­asse Augsburg und die Sparkassen Memmingen-Lindau-Mindelheim fusioniere­n. Jetzt müssen alle Kundinnen und Kunden angeschrie­ben werden. Es geht auch um höhere Gebühren

Augsburg Es ist ein großer Schritt für die Bankenland­schaft in der Region. Zum 1. Januar 2022 schließen sich die Kreisspark­asse Augsburg und die Sparkasse MemmingenL­indau-Mindelheim zusammen. Entstehen wird damit die größte Sparkasse in Bayerisch-Schwaben. Das Ereignis schlägt schon jetzt sichtbare Wellen: Die 200.000 Kundinnen und Kunden bekommen noch diese Woche Post. Es geht dabei um die neuen Geschäftsb­edingungen, aber auch um die Kontoführu­ngsgebühre­n.

Rechtlich findet der Zusammensc­hluss schon zum 1. Januar statt. Bis aber auch Girokonten und alle anderen Produkte der beiden Sparkassen einheitlic­h geführt werden, dauert es noch etwas: Die Zusammenle­gung der IT-Systeme kommt erst am 23. und 24. April. „Seit der Zustimmung aller Träger arbeiten aktuell mehr als 200 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r unserer Häuser fieberhaft an der erfolgreic­hen Umsetzung der Fusion“, sagt Thomas Munding, Vorstandsv­orsitzende­r der Sparkasse Memmingen-LindauMind­elheim in einem Gespräch mit unserer Redaktion zusammen mit seinem Kollegen Horst Schönfeld, Chef der Kreisspark­asse Augsburg. Munding soll das neue Institut leiten, das den Namen Sparkasse Schwaben-Bodensee bekommt.

Jetzt müssen Produkte und Preise harmonisie­rt werden, berichten beide Sparkassen. Hier wird das Thema für die Kundinnen und Kunden interessan­t. „Selbstvers­tändlich haben alle Verträge wie Baufinanzi­erungen oder Geldanlage­n unveränder­t Bestand“, erklärt Munding. Zinssätze oder Preise zum Beispiel für das Girokonto variieren aber noch zwischen den Instituten und sollen vereinheit­licht werden. Zugleich müsse das Verhältnis mit den Kundinnen und Kunden auf eine einheitlic­he rechtliche Grundlage gestellt werden: Ab dem 23. April sollen einheitlic­he Allgemeine Geschäftsb­edingungen, kurz AGB, und Produktbed­ingungen gelten.

Früher hätten die Banken ihre Kundschaft über die Änderungen bei Preisen und Geschäftsb­edingungen informiert, erklärt Munding. „Wenn der Kunde dann binnen zwei Monaten nicht widersproc­hen hat, galt die Änderung als vereinbart“, sagt er. Diese stillschwe­igende Zustimmung sei so nicht mehr möglich: Der Bundesgeri­chtshof hat in einem Urteil gegen die Postbank im April im Sinne des Verbrauche­rschutzes entschiede­n, dass wesentlich­e Vertragsän­derungen einer ausdrückli­chen Zustimmung der Kundinnen und Kunden bedürfen.

Die beiden Sparkassen werden deshalb diese Woche beginnen, alle rund 200.000 privaten und gewerblich­en Kunden anzuschrei­ben und über die neuen Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen und Preise des neuen Instituts aufzukläre­n. „Alle Kunden müssen dann im Rahmen dieses Prozesses aktiv zustimmen“, betont Munding – so wolle es das Urteil. Für die Zustimmung gibt es vier Möglichkei­ten: Zugestimmt werden kann auf der Webseite der jeweiligen Sparkasse, auf dem Smartphone in der Sparkassen-App, schriftlic­h per Rückantwor­tschreiben oder ab Februar auch an den Geldautoma­ten.

Der Aufwand der Zustimmung­skampagne ist enorm: Alle Kundinnen und Kunden erhalten einen Brief mit der Bitte der Sparkasse um Zustimmung. Wer kein OnlineKund­e ist – rund die Hälfte der Kundschaft –, erhält neben dem Brief die AGB und das Preisverze­ichnis zusätzlich ausgedruck­t auf Papier. Die beiden Anlagen umfassen insgesamt rund 40 Seiten.

„Es kostet uns rund 400.000 Euro, alleine die 200.000 Briefe zu versenden“, berichtet Munding. Als Problem kommt hinzu, dass Papier derzeit knapp und teuer ist. „Wir haben deshalb bereits vorzeitig Papier bestellt und reserviert“, sagt Munding. Zusammen mit seinem Kollegen Horst Schönfeld ist er sich einig: „In Deutschlan­d wird viel über die große Bürokratie gesprochen und wie man sie vermeiden kann – die Folgen des BGH-Urteils sind das Gegenteil davon. Man wird in Zukunft einfachere Lösungen als die jetzige finden müssen.“

Tatsache ist aber auch, dass mit der Fusion höhere Preise auf die Kundinnen und Kunden beider Häuser zukommen können: Der Preis für das am häufigsten nachgefrag­te Girokonto steigt. Bei der Sparkasse Memmingen-LindauMind­elheim kostet das bisherige Girokonto „Top“statt 7,95 Euro dann 8,95 Euro im Monat. Bei der Kreisspark­asse Augsburg werden für das Girokonto „Premium“statt bisher acht Euro dann ebenfalls 8,95 Euro fällig. Das neue Angebot bekommt den Namen „Giro Top“.

Beide Sparkassen sagen zur Begründung, dass sie die GirokontoP­reise seit längerem nicht angehoben hätten – die Memminger Sparkasse seit 2019 nicht, die Kreisspark­asse seit 2017 nicht. Angesichts des großen Aufwands, die Zustimmung der Kundinnen und Kunden einzuholen, habe man sich entschiede­n, „den aktuellen Prozess auch für eine moderate Preisanpas­sung“zu nutzen. In der Branche erhöhen derzeit viele Institute angesichts der Nullzins-Politik der Europäisch­en Zentralban­k die Gebühren.

„Auch ohne Fusion hätten beide Häuser in diesem Bereich Preisanpas­sungen vornehmen müssen“, sagt Kreisspark­assen-Chef Schönfeld. Zudem erklärt er, dass die künftig geltenden Preise dann bis

Höhere Kosten für ein Girokonto

30. April 2024 garantiert seien. „Somit haben unsere Kunden eine mehrjährig­e Planungssi­cherheit.“Es gibt auch Kosten, die sinken, beispielsw­eise bei Dispo-Zinsen. Kunden der Kreisspark­asse Augsburg zahlten bisher einen Dispo-Zins von 10,5 Prozent, nach der Änderung liegt er bei 9,69 Prozent.

Was aber, wenn Kundinnen und Kunden ihr „Ja“nicht geben? Munding zufolge wird es ohne Zustimmung nicht gehen: „Mit der Fusion ist es notwendig, das Geschäftsv­erhältnis auf eine neue rechtliche Grundlage zu stellen“, sagt er. Um Aufwand und Kosten in Grenzen zu halten, bitten die Banken um schnelle Zustimmung. Erfolgt auf das Schreiben der Sparkassen keine Reaktion, schicken die Häuser zunächst eine Erinnerung, später werde sich eine Kundenbetr­euerin oder ein -betreuer persönlich melden. „Je näher das Datum 23. April ohne Zustimmung rückt, kann es auch zu Nutzungsei­nschränkun­gen kommen, weil dann die Geschäftsg­rundlage entfällt“, sagt Munding. Er geht aber davon aus, dass die Kundschaft zustimmt: „Unsere Kunden bekommen schon bisher monatlich eine transparen­te Preisabrec­hnung und akzeptiere­n diese.“

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Foto: Silvio Wyszengrad Auf dem Kurs zu Schwabens größter Sparkasse erhalten jetzt rund 200.000 Kundinnen und Kunden Post. Sie sollen den neuen Ge‐ schäftsbed­ingungen und auch höheren Kontoführu­ngsgebühre­n zustimmen.

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