Corona‐Impfpflicht rückt näher
Pandemie Eingeschränkter Zugang zum Handel, Geisterspiele: Bund und Länder bereiten das Land in der Corona-Krise auf einen „Lockdown light“vor
Berlin/München Nach Tagen der Unsicherheit und des Streits haben sich die alte und die künftige Bundesregierung mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder auf eine gemeinsame Strategie gegen die vierte CoronaWelle verständigt. Die strengen bayerischen Regeln sollen über den 15. Dezember hinaus verlängert werden können und bald bundesweit einheitlich gelten. Zumindest in Bayern sollen Fußballspiele bis Weihnachten ohne Stadionzuschauer stattfinden. Apotheker und Zahnärzte sollen impfen können. Und auch die Impfpflicht scheint beschlossene Sache zu sein.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) war am Dienstagabend voll des Lobes über den designierten neuen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). „Es war ein gutes Gespräch, es war ein produktives Gespräch. Die Richtung stimmt“, sagte Söder. Er begrüßte „die eindeutige Zusage des künftigen Bundeskanzlers“, die von Bayern und Baden-Württemberg geforderte Rechtssicherheit für strenge Corona-Maßnahmen über den 15. Dezember hinaus in der neuen Koalition mehrheitsfähig zu machen. Die Forderung nach einer Notbremse sei damit weitgehend erfüllt. Einig geworden sei er sich mit Scholz auch über das große Ziel, dass bis Jahresende alle geboostert sein sollen. „Bis Weihnachten sollen bis zu 30 Millionen Erst-, Zweit- und Auffrischungsimpfungen möglich gemacht werden“, bekräftigte der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert. „Dafür soll der Kreis derjenigen, die Impfungen durchführen dürfen, deutlich ausgeweitet werden.“
Für Bayern bringen die Beschlüsse zunächst keine großen Änderungen – mit zwei Ausnahmen. Fußballspiele sollen im Freistaat zunächst wieder vor leeren Stadionrängen stattfinden. Söder hatte mit der Ansteckungsgefahr nicht nur in den Stadien, sondern auch bei der Anreise begründet. Außerdem kündigte er an, die 2G-Regel, die bisher nur in der Innengastronomie gilt, auf die Außengastronomie auszudehnen.
Details zur möglichen Impfpflicht stehen noch nicht fest. Der künftige Kanzler Scholz regte an, dies im Bundestag ohne Fraktionszwang zu beschließen. Dies kommt bei ethisch heiklen Fragen in Betracht. Die Impfpflicht könnte ab Anfang Februar greifen, wie aus von der SPD-Seite vorgelegten Vorschlägen hervorgeht.
Da eine Impfpflicht die laufende vierte Welle nicht mehr brechen kann, soll dies mit anderen Mitteln erreicht werden. Zumindest die Vorschläge liegen auf dem Tisch: Dazu gehört die Ausweitung der 2G-Regeln auf den Einzelhandel. Zugang haben dann nur noch Genesene und Geimpfte, Supermärkte und andere Geschäfte des täglichen Bedarfs sind ausgenommen. Entsprechende Beschlüsse sollen am Donnerstag gefasst werden.
Die künftige Ampel-Koalition musste in den Verhandlungen Federn lassen. Sie hatte frühzeitig das Infektionsschutzgesetz entschärft und beschlossen, die bisher vom Bundestag festgestellte „epidemische Lage von nationaler Tragweite“nicht zu verlängern. Nun soll das Gesetz entsprechend nachgebessert werden, damit Länder wie Bayern ihre Maßnahmen wie Abstandsgebote, Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen, die Untersagung von Sporttrainings und Reisen und einiges mehr rechtssicher anordnen können. Damit dürfte es aber auch wieder zu dem Flickenteppich kommen, der schon im vergangenen Winter zu Verunsicherungen bei Bürgerinnen und Bürgern führte.
Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor dem designierten Justizminister Marco Buschmann (FDP) indirekt die erste Schlappe noch vor dem offiziellen Amtseintritt eingebracht. Das Karlsruher Gericht erklärte die 2020 erlassenen Kontaktbeschränkungen und Ausgangssperren 2020 für rechtmäßig. Buschmann und die FDP hatten vor allem die Ausgangssperren immer wieder kritisiert. Lesen Sie hierzu auch den Kommentar, den Leitartikel und die
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